Erfolgsgeschichte mit grünem Strom
Ein Jahr Bürgerenergiegenossenschaft
Autor: JÜRGEN SCHÄFER | NWZ 16.07.2010
Vor einem Jahr ging die Bürgerenergiegenossenschaft Voralb an den Start. Die Erwartungen des Vorstands sind übertroffen worden.
Eschenbach. Als der Heininger Bürgermeister Norbert Aufrecht am Abend des 16. Juli 2009 die Gründung der Bürgerenergiegenossenschaft Voralb verkündete, betraten Genossen nebst Vorstand und Aufsichtsrat Neuland. Keiner wusste, wie schnell die Genossenschaft in die Gänge kommen und sich entwickeln würde. Allerdings gab es den Erfahrungswert von anderen Energiegenossenschaften: „Alle wachsen“, prophezeite der Eschenbacher Bürgermeister Thomas Schubert und Initiator der Genossenschaft Voralb.
Er sollte recht behalten. Aus den 124 Gründungsgenossen wurden bis heute 212, aus dem Gründungskapital von 108 000 Euro bis heute 226 000. Damit ließen sich drei Anlagen finanzieren: die Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Eschenbacher Schule, die die EnBW installiert und der Genossenschaft weiterverkauft hat, eine auf gemeindeeigenen Häusern in Heiningen und eine dritte auf der Schlierbacher Schule, die demnächst ans Netz geht. Zusammen liefern sie Strom für etwa 19 Haushalte.
Für Dieter Nemec, den technischen Vorstand der Genossenschaft, läuft es ganz nach Wunsch. Er hat die Genossenschaft mit einem Tanker verglichen, den nichts umwirft, der aber die nötige Masse braucht. Und die ist mit drei Anlagen im ersten Jahr gut im Werden. Das eigentliche Ziel ist aber weit höher gesteckt, betont Nemec unermüdlich: „Mindestens zehn Anlagen, in jeder beteiligten Gemeinde mindestens eine.“ Das ist die Philosophie der Genossenschaft. Nemec hält darüber hinaus die Augen offen und sieht, dass das Voralbbad-Dach demnächst neu gemacht wird. Vielleicht ist das ja auch ein Fall für die Energiegenossenschaft?
„Sehr gut gelaufen“ sei das erste Jahr, strahlt der kaufmännische Vorstand Peter Rösler. „Das Ziel ist mehr als erreicht.“ Keiner habe mit so einem Erfolg gerechnet. Für das zweite Jahr rechnet er mit zwei Anlagen. Jetzt ist das Kapital der Genossenschaft erstmal erschöpft. Aber der Vorstand sieht kein Problem darin, neues zu beschaffen. Zum gegebenen Zeitpunkt will man die Genossen aufrufen, weiteres Geld anzulegen. Zudem könnte man Kredite aufnehmen, sagt er, „das ist durchaus möglich.“
Schultes Schubert kann nur staunen, was sich aus seiner Initiative entwickelt hat. Er hat die Idee einer Energiegenossenschaft vom Bodensee-Raum mitgebracht und hier mühsam eingepflanzt. „Noch im März letzten Jahres hätte ich jeden für verrückt erklärt, der mir gesagt hätte: Wir können starten und werden in einem Jahr drei Anlagen haben.“ Er sei „sehr, sehr zufrieden“, auch über den Bekanntheitsgrad der noch jungen Genossenschaft. „Sie ist in den Köpfen präsent.“
Und sie hat Schule gemacht. Ende vergangenen Jahres gründete sich in Bad Boll eine ökumenische Energiegenossenschaft, deren erste Solaranlage auf der Akademie Bad Boll steht. Mit ihr ist die Bürgerenergiegenossenschaft Voralb freundschaftlich verbunden. „Wir waren neulich beim Nachhaltigkeitskongress des Landes in Esslingen mit einem gemeinsamen Stand vertreten“, sagt Rösler. Schubert konnte die Genossenschaft in der Zeitschrift „Die Gemeinde“ ausführlich vorstellen – mit ihrem Gewicht von zehn Gemeinden ist sie so ein eindrucksvolles Beispiel für eine noch neue Entwicklung. Und die rollt durch: Im Land gibt es mittlerweile 28 Energiegenossenschaften, weiß Nemec, „alle vier Wochen wird eine neue gegründet.“