13 Geislingen: Drohende Massenschlägerei

Polizei stoppt den Angriff

In Geislingen drohte in der Nacht zu gestern ein Bandenkrieg

Autor: MANFRED BOMM | GZ 13.08.2010




Die Polizei hat in der Nacht zu gestern das Aufeinandertreffen rivalisierender Gruppen verhindert. 34 Männer, überwiegend mit Migrationshintergrund und meist türkischer Herkunft, wurden vorläufig festgenommen.


Geislingen. Es hätte dramatisch enden können, denn die Molotow-Cocktails waren schon vorbereitet: Ein Kanister mit fünf Litern Benzin und einer Lunte aus Toilettenpapier sowie eine mit Spiritus gefüllte Sektflasche lassen vermuten, was zwei rivalisierende Gruppen am Mittwochabend in Geislingen im Schilde geführt haben.

Doch ein Großeinsatz beim Herrenhaus in Altenstadt hat den „Bandenkrieg“ verhindert: Rund 20 Polizeifahrzeuge waren angerückt, über der nächtlichen Stadt kreiste ein Polizeihubschrauber – und Zivilstreifen observierten Verkehrsknotenpunkte. Feuerwehr und Rotkreuz waren vorsorglich in Bereitschaft.

Hintergrund war das befürchtete Zusammentreffen zweier verfeindeter Gruppierungen aus dem Migranten-Milieu. In der Zeit zwischen 22 und 1.30 Uhr wurde Geislingen in der Nacht zu gestern deshalb von starken Polizeikräften belagert. Insgesamt sollen 50 Beamte im Einsatz gewesen sein. Es war Schlimmes befürchtet worden.

Denn ein anonymer Hinweisgeber hatte die Polizei vor der drohenden Gefahr gewarnt. Dass es in der türkischen Szene und ihrem Umfeld brodelte, war den Ermittlern in den vergangenen Tagen nicht entgangen. Die Gruppierung der sogenannten „Big Brothers“ aus Geislingen hatte sich offenbar auf eine Konfrontation mit einer Göppinger Gruppe vorbereitet, die am Mittwochabend Unterstützung durch die „Black Jackets“ bekam, einer berüchtigten Gang, die ihre Keimzelle in Heidenheim hat und – von der Polizei kritisch beäugt – längst landesweit in Erscheinung tritt.

Auslöser für die geplante „Abrechnung“ dürfte ein Vorfall vom vergangenen Sonntag in Eislingen gewesen sein: Dort hatten zwei junge Männer aus der Geislinger Gruppe in einem Schnellrestaurant die Konfrontation mit Göppinger Rivalen angeheizt und einem davon einen Stockhieb verpasst. Die polizeilichen Ermittlungen dazu sind bislang nicht abgeschlossen, da alle Beteiligten schweigen. Alles deutet darauf hin, dass sie die Angelegenheit untereinander regeln wollten. Am Mittwochabend jedenfalls bereitete sich die Geislinger Gruppe auf den Angriff der „Göppinger“ vor – und zwar in dem von einem türkischen Geschwisterpaar geführten Lokal im Herrenhaus.

Darauf konzentrierten sich unterdessen die Polizeikräfte, die aus weitem Umkreis zusammengezogen worden waren – zusätzlich unterstützt vom Spezialeinsatzkommando (SEK), von Beamten der Bereitschaftspolizei und einigen Hundeführern.

Noch bevor es zum Aufeinandertreffen der verfeindeten Gruppen kommen konnte, erfolgte ein spektakulärer Zugriff: Beim Herrenhaus wurden 22 Personen festgenommen. Sie sollen keinen Widerstand geleistet haben, heißt es.

Dass die auswärtigen Rivalen im Anmarsch waren, stellten Zivilstreifen innerhalb des Stadtgebiets fest. Dort hatten die Beamten auswärtige Fahrzeuge gesichtet, deren Insassen verdächtig erschienen. Unterstützt von der Besatzung eines Polizeihubschraubers, wurden die Autos auch aus der Luft verfolgt. Als im Bahnhofsbereich ein Pkw-Konvoi gestoppt und durchsucht wurde, nahm die Polizei zwölf weitere junge Männer fest. Was die Ermittler im Fahrzeug dieser Gruppierung und bei deren Rivalen rund ums Herrenhaus sicherstellten, wurde gestern aufgelistet: zahlreiche Stöcke, mehrere Äxte, Beile, drei Besenstiele und abgebrochene Tischbeine.

Nachdem die insgesamt 32 Festgenommenen bei den Polizeirevieren Geislingen und Göppingen erkennungsdienstlich behandelt und die Personalien festgestellt worden waren, wurden sie wieder entlassen. Verwertbare Aussagen hätten sie keine gemacht, teilen Staatsanwaltschaft und Polizei mit. Offenbar sollen einige erklärt haben, nur ein Grillfest oder eine Nachtwanderung zum Helfenstein geplant zu haben.

Die Männer im Alter von 17 bis 32 Jahren werden wegen des Straftatbestands der Bildung bewaffneter Gruppen angezeigt.

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Polizei verhindert verabredete Schlägerei

Autor: ANDREAS PFLÜGER | StZ 13.08.2010




Geislingen. Zwei verfeindete Gruppen bekriegen sich regelmäßig. Strafrechtlich ist das nur schwer zu fassen.

Äxte und Beile, Stöcke und Besenstiele, Baseballschläger und Tischbeine sowie ein Fünfliterkanister, gefüllt mit Benzin und versehen mit einer Lunte aus Toilettenpapier – diese Gegenstände hat die Polizei in der Nacht zum Donnerstag in mehreren Fahrzeugen unweit des Geislinger Bahnhofs sowie in Verstecken im Bereich des Herrenhauses in der Staubstraße gefunden. Zudem wurden einige weitere Utensilien entdeckt, die deutlich machten, dass hier 34 junge Männer aus zwei rivalisierenden Gruppen vorhatten, aufeinander loszugehen.

„Es ist äußerst schwer, diese Geschichte strafrechtlich zu fassen", erklärt der Polizeisprecher Rudolf Bauer. Zum einen stießen die ermittelnden Beamten auf eine Mauer des Schweigens. Zum anderen sei es nicht einfach, einen Nachweis zu führen. „Da heißt es dann schon mal, dass die beschlagnahmten Objekte für ein Grillfest bestimmt sind: das Benzin zum Feuermachen und der Rest zum Verbrennen", sagt Bauer und gewährt damit einen Einblick in die schwierigen Vernehmungen.

Fest steht derweil, dass ein Großaufgebot der Polizei, unterstützt von Spezialeinsatzkräften und einem Polizeihubschrauber, durch ihr Handeln eine gewalttätige Auseinandersetzung der verfeindeten Gruppierungen aus dem Kreis Göppingen verhindert hat. Was die beiden Banden, denen jeweils Männer unterschiedlicher ethnischer Herkunft im Alter von 17 bis 32 Jahren angehören, gegeneinander aufgebracht hat, vermag die Polizei nicht zu sagen. Allerdings sind die Mitglieder, die zum Teil auch aus den Nachbarkreisen stammen, in unterschiedlicher Zusammensetzung schon öfter aneinandergeraten. Auslöser für die scheinbar verabredete Schlägerei am Mittwoch war wohl eine Auseinandersetzung, die sich in der Nacht zum Montag in Eislingen zugetragen hatte. Zwei Geislinger waren hier von der anderen Gruppe bedroht und geschlagen worden.

„Davor war eine Zeit lang Ruhe. Doch jetzt haben wir festgestellt, dass sich die Gruppen wieder formieren", betont Bauer, der zu verstehen gibt, dass die Polizei die Szene beobachtet. Nach einem anonymen Hinweis auf ein gewalttätiges Treffen auf dem Parkplatz des Michelberg-Gymnasiums wurden um 21.40 Uhr starke Polizeikräfte im Innenstadtbereich von Geislingen zusammengezogen und das DRK in Bereitschaft versetzt. Gegen 0.45 Uhr konnten insgesamt 34 junge Männer, die wegen Gewaltdelikten größtenteils schon vor Gericht gestanden hatten, vorläufig festgenommen werden. „Dass dabei das Spezialeinsatzkommando im Einsatz war, und dass wir sehr gut informiert gewesen sind, hat schon für überraschte Gesichter gesorgt", sagt der Polizeisprecher, der froh ist, dass das Eingreifen erfolgreich war.

„Solange nichts passiert, haben wir jedoch keine richtige Handhabe", fügt Bauer hinzu. Aber natürlich könne man auch nicht abwarten, bis die Gruppen aufeinander losgingen. So wurden die Festgenommenen, nachdem sie erkennungsdienstlich behandelt und die Personalien festgestellt worden waren, wieder entlassen. Verwertbare Aussagen gab es keine. Dennoch wurden die 34 jungen Männer wegen der Bildung bewaffneter Gruppen angezeigt.

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