14 Kreistag: Verkehr

S-Bahn im Stolpertakt

Kreisräte im Verkehrsausschuss ärgern sich über die Bahn AG

Autor: ARND WOLETZ | NWZ 14.10.2010

Die S-Bahn-Pläne für den Landkreis geraten zwischen Schnellbahn-Diskussion und fehlenden Zahlen der Bahn ins Hintertreffen. Im Verkehrsausschuss des Kreistags stand die Debatte im Schatten des S21-Konfliktes.

Kreis Göppingen. Welche Variante einer S-Bahn in den Landkreis Göppingen ist möglich? Und welcher Ansatz rechtfertigt die dafür notwendigen Kosten? Auf diese Frage wollen die Lokalpolitiker im Landkreis so schnell wie möglich eine Antwort. Doch der Zeitplan ist schon jetzt in Verzug geraten. Landrat Edgar Wolff wies im Verkehrsausschuss des Kreistags darauf hin, dass die so genannte Angebotskonzeption 2020 „der nächste Meilenstein“ sei. Die Bahn habe die notwendige Bewertung aber noch nicht geliefert und stellt sie auch nicht vor Frühjahr in Aussicht – und das obwohl die Landkreisverwaltung in Gesprächen im September noch einmal Druck gemacht hat. Mehrere Kreisräte mokierten sich über die Schlafmützigkeit der Bahn, die immer noch keine verlässlichen Zahlen und Bewertungen der möglichen S-Bahn-optionen auf den Tisch gelegt habe.

Im Ausschuss zeigte sich, dass der Schienenverkehr im Filstal eine äußerst komplexe Angelegenheit ist. Nicht nur, weil alles vom Stuttgarter Durchgangsbahnhof und der Schnellbahntrasse abhängt. Es geht um Stolpertakte und Kombimodelle (siehe Kasten). Immer wieder schimmerte die Kontroverse um Stuttgart 21 durch.

Der Nahverkehr in der Region muss ohnehin neu geordnet und auf die neue Fernverkehrssituation nach dem Bau von S21 abgestimmt werden. Die Angebotskonzeption 2020 umfasst die künftige Fahrplanstruktur im Regionalverkehr. Sie beinhaltet die Zuggattungen Interregio Express (IRE), Regionalexpress (RE) und Regionalbahn(RB). Alle sind mit der autobahnnahen Neubaustrecke auch im Filstal möglich, dadurch werde der IRE-Verkehr auf einen Zwei-Stunden-Takt ausgedehnt. Die RE-Züge sollen auch künftig im Stundentakt fahren. Bei den IRE-Verbindungen ergäbe sich für Göppingen und Geislingen eine deutliche Verbesserung, heißt es in der Einschätzung des Landkreises.

Der Regionalverkehr werde mit dem neuen Tiefbahnhof „landesweit durchgebunden“ und vernetzt, erklärte Verkehrsplaner Jörg-Michael Wienecke. So wird beispielsweise eine direkte IRE-Verbindung Karlsruhe-Stuttgart-Ulm-Lindau geschaffen. Im Regionalverkehr verbessern sich die Anschlüsse zum ICE-Knoten Stuttgart und damit die Gesamtreisezeiten, so die Einschätzung Wieneckes. Garantien über Fernverkehrsanschlüsse im Filstal gebe es allerdings nicht. Die Bahn habe zwar angekündigt, auch nach Bau der neuen Schnellbahntrasse schnelle Züge im Filstal fahren zu lassen. Wienecke räumte allerdings ein, dass er daran nicht so recht glaube. Das wiederum wollten einige Mitglieder im Verkehrsausschuss nicht unkommentiert lassen. Die direkte Zusteigemöglichkeit in Fernverkehrszüge sei für die wirtschaftliche Entwicklung von Mittelzentren wie Göppingen und Geislingen unerlässlich, meinte Harald Wagner (Grüne). Wienecke verwies darauf, dass das bestehende System sehr verspätungsanfällig sei und Anschlüsse oft nicht erreicht werden. Mit dem Neubau werde sich das ändern.

Landrat Edgar Wolff fasste zusammen: Beim Fern- und beim Güterverkehr ergeben sich Risiken, demgegenüber seien Verbesserungen bei der Anbindung an die Fernverkehrsknoten und beim Nah- und Regionalverkehr zu erwarten.

Optionen für den künftigen Nahverkehr im Filstal

Neben den „schnellen Systemen“ IRE und RE lassen sich künftig zwei S-Bahn-Züge pro Stunde unterbringen. Entgegen der Annahmen in der Machbarkeitsstudie ergäbe sich jedoch kein minutenreiner Halbstundentakt, sondern ein so genannter Stolpertakt, das heißt eine geringe Abweichung vom 30-Minuten-Rhythmus. Dafür würden sich die Standzeiten in Plochingen reduzieren.

Deutlich günstigere Taktzeiten ließen sich in Form eines Kombi-Modells verwirklichen: Ein Stundentakt der S-Bahn bis Geislingen und eine halbstündlich versetzte „Regional S-Bahn“. Diese S-Bahn-Garnituren halten an allen Stationen im Filstal und fahren in Stuttgart in den Hauptbahnhof (nicht in den S-Bahn-Tunnel) ein.

Die Option für einen Vorlaufbetrieb (S-Bahn-Stundentakt) in den nächsten zehn Jahren bleibt von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke unberührt.

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