03 Porträt: Jürgen Hamann

„Anwalt der Schwächeren sein“

Jürgen Hamann wird Geschäftsführer bei der Arbeiterwohlfahrt

Autor: ARND WOLETZ | NWZ 03.12.2010

Mit Jürgen Hamann übernimmt bei der Arbeiterwohlfahrt ein Mann das Ruder, der den Sozialverband von Innen kennt. Als Kreisgeschäftsführer sieht er die Awo einem wachsenden Konkurrenzdruck ausgesetzt.

Kreis Göppingen. Zum Jahreswechsel setzt sich Jürgen Hamann auf den Chefsessel bei der Arbeiterwohlfahrt in der Göppinger Rosenstraße. Damit wechselt beim Kreisverband nach außen hin die Ampel von rot auf grün. Statt des Sozialdemokraten Hansjörg Wohlrab übernimmt Grünen-Mitglied und Kreisrat Jürgen Hamann das Ruder. Der 56-Jährige lässt aber keinen Zweifel daran, dass er sich eher als waschechten Awo-Mann versteht. Seit der studierte Sozialpädagoge und Sozialarbeiter berufstätig ist, arbeitet er für die Arbeiterwohlfahrt. Zuerst in Schwäbisch Hall, dann in Esslingen und Böblingen und nun schon immerhin seit 21 Jahren beim Kreisverband Göppingen.

Klar ist: Einen radikalen Wandel wird es unter Jürgen Hamann nicht geben. Die Awo mit ihren gut 50 Mitarbeitern muss wie eh und je die Nischen finden, um bestehen zu können. Sie müsse flexibel bleiben, für den Fall, dass in einem Bereich mal wieder der Geldhahn zugedreht wird, erklärt Hamann, so wie das 2005 mit der sozialpädagogischen Familienhilfe passierte. „Wir wollen Anwalt der Schwächeren sein, sind aber abhängig von externen Geldgebern“. Und das bei wachsendem Konkurrenzdruck. Die Awo sei im Reigen der Sozialunternehmen einer von mehreren Anbietern, berichtet Jürgen Hamann. Beispiel internationaler Pflegedienst: Da tummeln sich mittlerweile viele private Anbieter, die der Awo mit ihren türkisch-sprachigen Fachkräften Konkurrenz machen. Weil auch noch überraschend viele Migranten im Alter in die Heimat zurückkehren, sei die Sparte defizitär, sagt Hamann. Deshalb werde er auf die Altenhilfe ein Auge werfen. „Der Pflegedienst muss sich stabilisieren.“

An den Aufgabenfeldern, die sich die Awo in den vergangenen Jahren erschlossen hat, werde er jedoch insgesamt nichts ändern, stellt der angehende Geschäftsführer klar. Das liegt schon daran, dass ihm ebenso wie seinem Vorgänger die Arbeit mit Migranten und deren soziale Eingliederung am Herzen liege. Im Kreisverband ist diese Strategie nicht immer ohne Widerspruch geblieben, wie Vorgänger Hansjörg Wohlrab einräumt. Bei Jürgen Hamann stößt sie auf offene Ohren. Auch wenn er Geschäftsteilleiter für die Kinder- und Jugendarbeit war, gab es kaum ein Aufgabenfeld in den „Interkulturellen Diensten“, in das er nicht eingebunden war.

Etwas mehr Gewicht werde er in die Arbeit auf Bezirksebene legen, kündigt Hamann an. Und auch das unter Wohlrab oft bis hin zum Eklat angespannte Verhältnis zwischen Awo und dem Landratsamt wünscht sich Hamann etwas „geglättet“ und fügt an. „Es ist ja schon ruhiger geworden.“

Berufsbetreuer für hilflose Menschen werde er in reduziertem Umfang weiterhin bleiben, denn diese Kärrnerarbeit in vorderster Linie liege ihm am Herzen, genauso wie alle Tätigkeitsfelder der Awo. „Es ist die Vielfältigkeit, die am meisten Spaß macht“, sagt Hamann. Bei der Awo mit ihren 28 Aufgabenfeldern wird es ihm an Vielfalt nicht fehlen.

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