23 Landtagswahl: Wahlchancen Geislingen

Die SPD will die schwarze Vormacht brechen

Autor: CORINNA MEINKE | StZ 23.03.2011

Geislingen Neue Spielregeln bei der Wahl könnten neben Nicole Razavi auch Sascha Binder nach Stuttgart bringen.

Die heiße Phase des Wahlkampfs ist im Wahlkreis Geislingen längst eingeläutet, seitdem die Bewerber auch noch ihre Prominenten ins Getümmel schicken. Während sich die Bundesprominenz der Minister und Parteivorsitzenden mit Vorliebe im Nachbarwahlkreis Göppingen die Klinke in die Hand gibt, fällt die Promidichte im Geislinger Landtagswahlkampf ein wenig geringer aus.

Die beiden Hauptkombattanten haben aber auch im Wahlkreis elf ihre Duftmarke hinterlassen. Stefan Mappus hat bei seinem Auftritt in der Bad Überkinger Autalhalle seine Anhänger mobilisiert, und sein Herausforderer Nils Schmid war ebenfalls im Wahlkreis Geislingen auf Wahlkampftour. Bei den vergangenen Landtagswahlen hatten in Geislingen stets nur die Kandidaten der CDU eine realistische Chance, ins Stuttgarter Parlament einzuziehen. Seit 1980 war dies der Pädagoge Hermann Seimetz gewesen, der 2006 nicht mehr antrat.

Seine Nachfolgerin wurde Nicole Razavi, die auf Anhieb 45,9 Prozent holte und damit das Ergebnis ihres Vorgängers um 2,9 Prozent steigern konnte. Die SPD kam damals auf 28,2 Prozent der Stimmen. Das war für den damaligen Bewerber Hans-Jürgen Gölz zwar das achtbeste SPD-Wahlergebnis landesweit, reichte aber nicht für einen Sitz im Landtag, weil der Wahlkreis Geislingen zu den kleinen Wahlkreisen im Land gehört und die Stimmen damals nur absolut bewertet wurden. Mit rund 20 Prozent weniger Wählern im Wahlkreis Geislingen im Vergleich zum baden-württembergischen Durchschnittswahlkreis bedeutete dies einen echten Nachteil für die Geislinger Bewerber.

Bewegung verspricht nun die Wahlkreisreform. Zum ersten Mal werden durch den Zuschlag der Gemeinden Albershausen, Ottenbach und Schlat zum Wahlkreis Geislingen rund 6000 Wähler mehr ihre Stimme in die Waagschale werfen. Eine neue Situation versprechen sich die Geislinger Kandidaten aber vor allem auch bei der Zweitauszählung. Sind nämlich erst mal die Direkt- oder Erstmandate vergeben, werden weitere Sitze erstmals nach dem Stimmenanteil verteilt, den die Parteien prozentual erreicht haben. Sascha Binder, der junge Hoffnungsträger der Geislinger Sozialdemokraten, gibt sich jedenfalls optimistisch und hat den Willen zum Regierungswechsel in Stuttgart bei seinen Wahlkampfauftritten bereits festgestellt.

Für die Grünen im Wahlkreis elf macht sich Bernhard Lehle Hoffnungen auf eine Fahrkarte nach Stuttgart. Der Gemeinde- und Kreisrat ist zum ersten Mal bei der Bundestagswahl 2009 überregional ins Rennen gegangen. Damals fuhr er elf Prozent ein, und mit der Zweitstimme erreichten die Grünen kreisweit immerhin 13,3 Prozent. Bei der Landtagswahl 2006 lag das Kreisergebnis im Landesvergleich aber an drittletzter Stelle. Weniger Stimmen für die Grünen gab es damals nur im Main-Tauber-Kreis und in Heidenheim. Für Lehle wird entscheidend sein, ob er im Vergleich zu Grünen-Bewerbern in anderen Wahlkreisen Boden gutmachen kann.

Eine Frage, die wohl auch den Liberalen Winfried Hüttl beschäftigt. Der FDP-Kandidat glaubt aber nicht, dass ihm die Führungsdebatte innerhalb der Kreis-FPD geschadet hat. Diese hatte sich im vergangenen Dezember an Hüttls Rücktrittsforderung gegenüber Guido Westerwelle entzündet, in deren Verlauf Hüttl seinen Stuhl als Kreisvorsitzender angeboten hatte. In der aktuellen Debatte um die bis Ende März ausgesetzte Schließung der Geislinger Geburtshilfe setzt sich Hüttl für eine Verlängerung des Memorandums ein.

DIE KANDIDATEN DES WAHLKREISES GEISLINGEN IM ÜBERBLICK

„Der Wille zum Wechsel ist nicht erst seit Japan da”

Der Sozialdemokrat Sascha Binder aus Geislingen sieht Chancen für ein Mandat im Landtag: „Wer einen zweiten Geislinger Vertreter in Stuttgart haben will, muss SPD wählen.” Diesen Schluss zieht der Jurist aus dem Wahlergebnis der SPD bei der Landtagswahl 2006. Im Kreis will er Umwelttechnik und Existenzneugründungen fördern.

„Ich trete nicht gegen Frau Razavi an.”

Für den Lautersteiner Liberalen Winfried Hüttl ist es die erste Kandidatur um ein Landtagsmandat. Der 56-jährige Unternehmer sieht sich nicht in erster Linie in Konkurrenz zur Bewerberin der CDU im Wahlkreis, Nicole Razavi, sondern zu den Bewerbern der FDP im Regierungsbezirk, denn nur über die Zweitauszählung habe er Chancen.

„Wir werden einen kräftigen Schwung kriegen.”

Bernhard Lehle von Bündnis 90/Die Grünen will in den letzten Tagen vor der Wahl noch möglichst viele potenzielle Nichtwähler an die Urnen bringen. „Die Chancen für einen Regierungswechsel waren in Baden-Württemberg noch nie so groß wie heute”, sagt er und hofft, dass die Menschen auch den Mut haben, entsprechend zu wählen.

„Die Menschen wollen sich einmischen.”

Nicole Razavi ist begeistert vom großen Zulauf der CDU-Wahlveranstaltungen. Zudem seien die Menschen besser informiert als in den vergangenen Jahren, hat die CDU-Landtagsabgeordnete beobachtet. Razavi bezeichnet die Unterschiede in den Parteiprogrammen von Bildungspolitik bis Infrastruktur als diesmal besonders deutlich.

„Ich bin nicht angefeindet worden.”

Sabine Rösch-Dammenmiller aus Weißenstein hofft auf den Einzug ins Parlament. Aber auch wenn es nicht klappt, will sich die Heimerzieherin weiter politisch für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Bei der Bundestagswahl 2009 errang sie 6,4 Prozent der Stimmen und lag nach ihren Angaben in einigen Geislinger Stadtteilen bei 20 Prozent.

DIE KLEINEN PARTEIEN

Sonstige Die Kandidaten von insgesamt neun Parteien gehen bei der Landtagswahl am kommenden Sonntag für den Wahlkreis Geislingen ins Rennen. Neben den vier Parteien, die bereits im Landtag vertreten sind, und der Linken stellen sich noch weitere Bewerber zur Wahl.

Piraten Im Wahlkreis Geislingen tritt Timo Czerwonka an. Der 19-Jährige ist Zivildienstleistender und lebt in Lauterstein. Sein Ersatzkandidat ist Samuel Kengeter.

NPD Hier steht der Schlosser Michael Beier aus Gerabronn auf dem Wahlzettel. Beier tritt auch in Göppingen an. Die Ersatzkandidatin heißt Karin Feindt.

Republikaner Auch bei den Republikanern tritt kein Bewohner aus dem Kreis an. Der Kandidat Andreas Bühler kommt aus Kirchheim im Kreis Esslingen. Bühler ist 35 Jahre alt und arbeitet als Konstruktionsmechaniker. Die Zweitkandidatin ist Anna-Maria d‘ Acierno-Bachmann.

ÖDP Der Bewerber Daniel Stöckel lebt ebenfalls in Kirchheim. Der 30-Jährige arbeitet als Gärtner. Der Ersatzmann ist Gerd Bongs.

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