Haushaltsrede 2020

(A. Kuhn für die grüne Fraktion)

„I have a dream“ – jeder kennt die berühmte Rede von Martin Luther King. Da geht es um Träume und Utopien. Ich will mich jetzt nicht mit ihm vergleichen, aber auch als Kommunalpolitiker habe ich politische Träume und Utopien für Süßen. Wenn ich „I have a dream“ sage, gilt das natürlich immer für unsere ganze Fraktion. Wobei ich natürlich nicht weiß, was meine Fraktionskolleg*innen so träumen …

Gewerbegebiet Lautertal
Am Donnerstag war Verwaltungsratssitzung zum Gewerbepark Lautertal. Es wurde diskutiert welche Firmen man dort ansiedeln will. Drei Stunden lang. „I have a dream“, da träume ich dann, dass die Vertreter von Donzdorf, Gingen und Lauterstein eine Erleuchtung bekommen, dass wir das große interkommunale Gewerbegebiet zwischen Süßen und Donzdorf behutsam und nachhaltig entwickeln müssen. Und zwar zu einem Standort für kreative und innovative Firmen, ohne Logistikhallen und andere Blechkisten. Wenn wir schon neue wertvolle Flächen verbrauchen, dann muss dort die Zukunft entstehen und keine 40 ha mit den üblichen „Branchen-Mix“-Konzepten aus der Vergangenheit.

Gewerbegebiet Auen
„I have a dream“ – Beim Gewerbegebiet Auen zwischen Süßen und Gingen träume ich davon, dass wir 2050 mit den Gingener Gemeinderät*innen gemeinsam in den Auen auf den Streuobstwiesen stehen und vom Land einen Biotop-Preis für die hochwertigen FFH-Wiesen bekommen, weil diese
Wiesen zu einer unverhofften Vermehrung von Insekten und Vögeln geführt haben. Im Traum wird der Preis dann 2050 von einem Ministerpräsident Kretschmann überreicht (der dann 102 Jahre alt ist …)

Klimaschutz
„I have a dream“ – Unser Traum, wäre, dass Süßen eine klimaneutrale Stadt wird. Den Menschen ging es noch nie so gut wie heute und der Erde noch nie so schlecht. Das beschreibt im Grunde genommen unser Problem.
Klimanotstand, Klimapaket, es ist egal wie wir das nennen, wir müssen handeln. Bloße Absichtserklärungen und Versprechungen halten den Klimawandel nicht auf. In unserem Antrag für ein Klimaschutz-Paket haben wir dazu verschiedene konkrete Maßnahmen aufgeführt.

Radverkehr
„I have a dream“ – Ich träume von kreuzungsfreien Radschnellwegen nach Göppingen und Geislingen und auch innerhalb von Süßen. Zum Beispiel sicher und schnell mit dem Rad von den Rabenwiesen bis zum Bahnhof, am besten mit einem Overfly über die alte B10. Die Studien zur Mobilität sagen, dass der Anteil des Autos an den zurückgelegten Fahrten sinken wird und v.a. das Fahrrad und der Anteil des Fußverkehrs deutlich steigen werden. Investitionen für den Radverkehr sind günstige und erfolgversprechende Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrsbereich. Aus diesen Gründen haben wir unseren Antrag zum Radverkehr gestellt. Und bei fast 40 Mio. geplante Investitionen kann es wegen 1% mehr für Radwege nicht am Personal oder am Geld scheitern.

Gleichstellung
„I have a dream“ – wir träumen davon, dass die Süßener Verwaltung ein Vorbild bei Gleichstellung und Förderung von Vielfalt wird. Dazu gehört auch das Thema Gleichstellungsbeauftragte. Es geht um Frauen, es geht um Männer, es geht darum, dass Menschen mit Beeinträchtigungen gleichbehandelt werden und Möglichkeiten geboten werden, die Inklusion dieser bestmöglich sicher zu stellen. Es geht um Hilfestellungen für Beschäftigte, die pflegebedürftige Angehörige betreuen, es geht um Schutz vor sexueller Belästigung und um Schutz vor Diskriminierung. Eine Gleichstellungsbeauftragte berät und unterstützt zu Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Stichwort Homeoffice) und hat das Ziel eine Amtskultur zu schaffen, in der Familie als Bereicherung empfunden wird und die von Gleichberechtigung und Wertschätzung geprägt ist.

Schulen, Investitionen und Sparpolitik
„I have a dream“ – Ich träume von einer gymnasialen Oberstufe an der Süßener Gemeinschaftsschule. Dazu sind wir mit den geplanten großen Investitionen in Mensa, Fach- und Klassenräume an der Verbundschule genau auf dem richtigen Weg. Es hat gedauert, aber das kann jetzt ein tolles Projekt werden und unsere Schulen sehr attraktiv machen.
Natürlich kostet das viel Geld. Manche träumen dann vom Sparen und der schwäbischen Hausfrau. Aber in Zeiten des Wandels ist die schwäbische Hausfrau ein fragwürdiges Konzept. Infrastruktur und Schulen müssen saniert und erweitert werden. Wir sind bei der Digitalisierung im Ländervergleich auf hinteren Plätzen. Natürlich ist Digitalisierung allein kein reines Glück – und Digitalisierung in der Schule ersetzt auch keine Pädagogik – aber ohne digitale Infrastruktur und digitale Bildung können wir gleich einpacken.
In Deutschland wird zu viel gespart und zu wenig investiert! Wer heute das Sparen als Hauptaufgabe der Politik sieht, der übersieht, dass eine veraltete Infrastruktur oder Kinder, die ohne Abschluss von der Schule gehen, eine viel schwerere Hypothek für kommende Generationen sind als z.B. ein Kredit für den Schulbau, der übrigens nicht einmal Zinsen kostet.

Ordnungsbeamte
„They have a dream“ – CDU und SPD träumen von Ordnungsbeamten! Das ist an sich nicht schlimm, aber diese Träume haben wir nicht. Mehr Ordnungsbeamte erhöhen die Personalkosten. Es werden mehr Parksünder aufgeschrieben, aber die Probleme mit nächtlichem Vandalismus und Vermüllung werden wir damit nicht verbessern. Das Geld wäre in Streetworker/innen oder nächtlichen Sicherheitsdiensten besser investiert.

Soziales und Wohnen
„We have a dream“ – Wir träumen von einem sozialen Miteinander in Süßen, ein Süßen, in dem niemand obdachlos ist, in dem alle Kinder ohne Armut aufwachsen können und in dem alle Kinder dieselben Bildungschancen haben. Und ein Süßen in dem es genügend bezahlbare Wohnungen gibt. In unserem Traum geht Herr Kersting voran und gründet eine Wohnbaugenossenschaft und kümmert sich um ein Konzept zum Leerstandsmanagement.
Mit unseren Anträgen „Jung kauft Alt“ und dieses Jahr mit dem Antrag zum Wohnentwicklungskonzept fordern wir seit Jahren, ernsthaft in diese Themen einzusteigen. Hier muss jetzt etwas geschehen und Prioritäten entsprechend gesetzt werden. Die IBA bietet Chancen und die Nachbargemeinden ergreifen diese. Wir müssen aktiv voran gehen, ein auf Süßen passendes Konzept machen, Anreize schaffen, Eigentümer einladen und Veranstaltungen organisieren um Leerstände beim Wohnen (und im Gewerbebereich) zu verringern. Nur neue Bau- und Gewerbegebiete ausweisen, ist die falsche Antwort!

Schluss und Dank
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Träume, Visionen und langfristige Ziele sind auch in der Kommunalpolitik wichtig. Es reicht nicht, nur immer die alltäglichen Tagesordnungspunkte pragmatisch abzuarbeiten. Man muss
auch wissen wo man morgen, übermorgen und in 20 Jahren sein will. Auch deswegen stellen wir Anträge und die sind kurz- und langfristig gedacht. Wir freuen uns auf die Zustimmung für unsere Anträge und erwarten, dass
Bürgermeister und Verwaltung die Themen entsprechend ernsthaft aufgreifen und dranbleiben.
Abschließend möchten wir uns als grüne Fraktion bei Frau Kämmerin Schömbucher und ihrem Team bedanken. Ein weiteres herzliches Dankeschön geht an unseren Bürgermeister, Herrn Janositz und Frau Just mit ihren Mitarbeiterinnen und an die gesamte Verwaltung. Den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat danken wir für den freundlichen Umgang und die gute Zusammenarbeit. Und einen herzlichen Dank allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich im vergangenen Jahr für die Stadt engagiert haben!