Gemeinderat Donzdorf: Haushaltsrede vom 17.02.2020

Ulrich Karl Weber

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Donzdorf, sehr geehrter Herr Bürgermeister,sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung,

Zum ersten Mal sind die Grünen in den Gemeinderat der Stadt Donzdorf gewählt worden. Gleich zu Beginn möchten wir uns für die freundliche Aufnahme und Zusammenarbeit mit Herrn Bürgermeister Stölzle, den Damen und Herren der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderats bedanken.

Das Wahlergebnis für die Grünen zeigt deutlich auf, wie drängend die Themen Klimawandel, Umwelt und Mobilitätswandel auch im ländlichen Raum wahrgenommen werden und neue Schritte von der Bevölkerung erwartet und eingefordert werden. Unsere Zukunft, unser Lebensraum ist in Gefahr. Einschneidende wirtschaftliche Veränderung stehen bevor. Wir müssen das noch als Chance sehen und auf allen Ebenen richtig entscheiden – nicht weniger als unser Überleben hängt davon ab.

Peter Kuhn

Was bedeutet das für Donzdorf konkret:
Nach der Beschlussfassung ist es für uns selbstverständlich, diese demokratische Entscheidung zu akzeptieren. Unser Engagement konzentriert sich nun darauf, die Umsetzung nachhaltig und so weit wie möglich umweltverträglich zu gestalten. Dabei gibt es von den Grünen umfangreiche Vorschläge, Anregungen, die auch den wirtschaftlichen Interessen der Gemeinde gerecht werden, aber auch den Wunsch nach Transparenz und Offenheit im weiteren Vorgehen. Uns dabei eine Verhinderungs- oder Blockadehaltung zu unterstellen, trifft deshalb auch in diesem Fall nicht zu.

In gleicher Weise, wie sich die Natur nicht selber zu Wort melden und Bedenken äußern kann, fehlt oft auch sozial benachteiligten Menschen die Möglichkeit, für ihre Interessen zu werben. Deshalb sind wir in der Pflicht, auch für deren Wohlergehen zu sorgen. Lassen Sie uns gemeinsam an einem solidarischen Miteinander arbeiten. Wir dürfen die Menschen nicht mit Ihrem Schicksal prekärer Arbeitsverhältnisse oder teurem Wohnraum alleine lassen. Als Kommune haben wir die Verpflichtung, für diese Menschen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Hilfreich sind hier Bebauungspläne, die eine mehrgeschossige Bauweise vorsehen, kreative Ansätze von genossenschaftlichen Bauprojekten und die Ausweisung von Mischgebieten, die die Bebauung von Wohnraum über Einzelhandelsgeschäften vorsehen. Ganz wichtig sind auch der Erhalt, die Sanierung und der Bau von Sozialwohnungen; hier sind Fördermittel der Landesregierung ab dem 1. April 2020 mit jährlich 250 Millionen Euro abrufbar.

Für Kinder und Jugendliche müssen räumliche Möglichkeiten für Treffen und Veranstaltungen angeboten werden. Wir haben hierfür einen Antrag für einen Jugendtreff eingebracht, die Gemeinde muss dabei in Vorleistungen gehen, um dies zu realisieren.

Da die Finanzmittel größtenteils für Pflichtaufgaben vergeben sind, sollte jeder frei verfügbare Euro so effektiv wie möglich eingesetzt werden. Dabei sollte nicht nur der direkte Nutzen, sondern auch der Ertrag auf anderen nachgelagerten Ebenen mitberücksichtigt werden.

Als Beispiel dazu unser Antrag für ein sicheres Verkehrswegekonzept:

Unser Mobilitätsverhalten wird sich ändern. Entweder zukunftsweisend sofort oder aus Zwang heraus eben etwas später. Ein Effekt wird sein, dass der individuelle Autoverkehr zurückgeht und unter anderem der Radverkehr zunimmt.

Die direkten Vorteile beim Radfahren sind ein Plus an Lebensfreude, ein Gesundheitsgewinn und die Geldersparnis für den Einzelnen. Nachgelagert bringt es aber auch eine Entlastung der Umwelt durch weniger CO2 und verursacht weniger Lärmbelastung für alle. Es bedeutet gleichzeitig einen wertvollen Raumgewinn – ein Rad braucht sowohl auf der Straße, als auch beim Abstellen viel weniger Platz als ein Auto. Dazu kommt noch ganz entscheidend der zusätzliche Sicherheitsaspekt im Vergleich zu den Gefahren durch den Autoverkehr.

Hans Geiger

Richtig ist auch: Donzdorf hat viel zu bieten, hat eine gute Infrastruktur und ein lebendiges Gemeinwesen. Grund zum Überschwang gibt es jedoch nicht. Dies belegt das vorgestellte Zahlenwerk des Haushaltes. Die finanziellen Spielräume sind gering. Dies lässt sich leicht daran erkennen, dass für die innerörtliche Straßensanierung keine nennenswerten Beträge zur Verfügung stehen, obgleich unsere Straßen dringend saniert werden müssten. Auch für die Stadthallensanierung sind bis 2023 keine Gelder vorgesehen und der notwendige Neubau eines Feuerwehrmagazins scheint nach aktueller Finanzlage mittelfristig nicht finanzierbar zu sein. Die gesetzlich vorgeschriebene Liquiditätsreserve darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass unser Haushalt auf Kante genäht ist. Umso wichtiger wird es sein, die aktuell günstigen Rahmenbedingungen für Förderungen bei Verkehr, Umweltschutz und Baumaßnahmen aus Bund und Land zu nutzen, um Infrastrukturmaßnahmen anzuschieben und umzusetzen.

Kathinka Kaden

Hierfür werden naturgemäß auch finanzielle Mittel benötigt. Wir haben deshalb beantragt, dass Donzdorf sich bis zum 15. Mai 2020 als Modellkommune beim Kompetenznetz Klima Mobil der Klima-Agentur Baden-Württemberg (KEA) bewirbt. Die Vorteile für Donzdorf sind: Fördergelder für die Maßnahmen bis hin zu 75% der Maßnahmen, Beratung zu Klimamobilitätsplänen, Wissensaustausch in Sachen Parkraumbewirtschaftung, Umwidmung von Straßenraum, Bevorrechtigung umweltfreundlicher Verkehre usw..

Beinahe alle Expertinnen und Experten gehen davon aus, auch die Automobilindustrie selbst, dass sich ausgehend von den Städten das Mobilitätsverhalten in den nächsten zehn Jahren radikal ändern wird. Bei Menschen jünger als 25 hat sich der PKW-Besitz z.B. in Stuttgart in den letzten zehn Jahren halbiert. Der Ausbau des ÖPNV muss bei der Mobilitätswende eine zentrale Rolle spielen. „Nutzen statt besitzen“ lautet die Devis.

Wir freuen uns über das kommende Car-Sharing in Donzdorf. Im Landkreis Göppingen wird aktuell auch ein nahezu flächendeckendes Car-Sharing-Konzept geplant, das man miteinander vernetzen kann.

Ulrich Karl Weber

Lassen Sie uns noch einen Blick auf die Einführung von Doppik in der Kommunalen Bilanzierung werfen. Doppik wird unserer Auffassung von nachhaltigem Wirtschaften am ehesten gerecht, zeigt es doch auf, wo der Werteverzehr in der Kommune stattfindet und wo ggfs. auch Zuwächse zu verzeichnen sind. Wichtig hierbei ist, dass wir Auslagerungen von Geschäfts- und Aufgabenbereichen der Gemeinde wieder zurückführen in die Gemeindeverwaltung und den Kernhaushalt. Hier meinen wir insbesondere die private Stadtentwicklungsgesellschaft mbH. Diese Gesellschaft ist außerhalb der Kontrollfunktion des gesamten Gemeinderats tätig, denn nur 7 von 22 Stadträtinnen und Stadträten sind Mitglieder des Aufsichtsrates und sind zum Teil an sehr umfangreiche Geheimhaltungsvereinbarungen gebunden, was Öffentlichkeit und Transparenz nahezu unterbindet.

Die Grüne Fraktion wird sich dafür einsetzen, dass alle Stadträtinnen und Stadträte ihre volle Gestaltungsmöglichkeit und Kontrollpflicht laut Gemeindeordnung wahrnehmen können und hoffen auf die Unterstützung aller Stadträtinnen und Stadträte aus den anderen Fraktionen. Die Vorkommnisse im Zusammenhang mit der verfehlten Sanierung des Michelberg-Gymnasiums in Geislingen müssen auch für den Donzdorfer Gemeinderat eine Warnung sein, auch wenn dies thematisch entfernt anmutet!

Lassen Sie uns gemeinsam neue Wege beschreiten, offen, tolerant, unvoreingenommen, mit mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung ggf. auch in Form von Bürgerentscheiden. Lassen Sie uns auf die Menschen zugehen, auch auf unsere Nachbargemeinden. Gemeinwohl und Wohlergehen ist nur gemeinsam möglich in einer immer stärker vernetzten Welt. Dies gilt auch im erweiterten Lauter- und Filstal.

Wir würden es begrüßen, wenn die Bürgerinnen und Bürger intensiver an Gemeinderatssitzungen teilnehmen, zur Transparenz gehört auch Teilnahme. Deshalb der Appell an alle Bürger: Nutzen Sie die Möglichkeit, Einblick zu gewinnen. Wir freuen uns über ihr Interesse, Ihre konstruktiv kritischen Anregungen, aber auch über ein Lob.

Zukunft wird „Zuhause“ gemacht – das schaffen wir nur gemeinsam!

Wir müssen große Anstrengungen unternehmen, um die Herausforderungen und die nicht zu übersehenden Probleme und Gefahren bestmöglich anzugehen, zu lösen oder abzuwehren.

Zum Abschluss gilt unser Dank auch den vielen Ehrenamtlichen in Feuerwehren, Rettungsdiensten und Vereinen, den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kommune. Ein Dank auch an die Donzdorfer Unternehmerinnen und Unternehmer und an die lokalen Betriebe, die durch ihre Arbeit und ihr Engagement Arbeitsplätze schaffen und durch die Gewerbesteuer die finanzielle Grundlage für unseren Haushalt schaffen.

Vielen Dank Ihre

Gemeinderats-Fraktion

Bündnis 90/Die Grünen

Kathinka Kaden

Hans Geiger

Peter Kuhn

Ulrich Karl Weber