Grüne Haushaltsrede 2021

(Armin Kuhn für die grüne Fraktion im Süßener Gemeinderat am 22.02.2021)

Herr Bürgermeister Kersting, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

wer sich erinnert – letztes Jahr hatte ich in meiner Haushaltsrede von Träumen gesprochen. Februar 2020 – damals hat noch niemand im Traum daran gedacht, was wir für ein Jahr vor uns haben. Das Jahr wurde zum Alptraum – nicht für alle – aber für viele, auch in Süßen. Unverschuldet. Ängste vor Krankheit, insbesondere bei Älteren, Ängste um den Arbeitsplatz und Kurzarbeit. Und eine Katastrophe für Restaurants, Friseurinnen und viele Geschäfte des Einzelhandels. Und immens viele Schwierigkeiten für Kinder und Familien.

Als Stadt und Gemeinderat sind wir vergleichsweise gut durchgekommen. Das lag an Hilfsgeldern und v.a. an viel Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dafür allen herzlichen Dank!

In einer solchen Krise würden wir eigentlich keine Steuern erhöhen. Jetzt sagt aber die Verwaltung: Wir riskieren aufgrund der im Vergleich niedrigen Steuersätze in Süßen die Bauzuschüsse aus dem Ausgleichsstock. Wenn das stimmt, dann haben wir keine Wahl. Unser Antrag aber ist, dass bei der Gewerbesteuer auf einen Teil der Erhöhung verzichtet wird. Nur 370 statt 380 Punkte (Unser Antrag war erfolgreich!). Gewerbesteuersätze sollten eigentlich gar nicht erhöht werden, denn die Gewerbesteuer bezieht sich auf eine im Normalfall wachsende Basis, nämlich den Gewinn der Firmen. Deshalb brauchen wir gute Standortfaktoren und profitable und innovative Firmen! Höhere Steuersätze und herkömmliche Gewerbegebiete auf wertvollen Naturflächen nützen uns da gar nichts.

Wir haben uns deshalb sehr gefreut, dass in Süßen eine Bürgerinitiative die Chance genutzt hat, das Thema Gewerbegebiet auf den Auen breit in die Öffentlichkeit zu tragen. Es ist toll, wie die Bürgerschaft fast darauf gewartet hat, dass ein paar junge Leute hier mit viel Einsatz die Öffentlichkeit in wenigen Tagen so elektrisiert haben. Nehmen wir diese Jugend ernst. Passen wir auf, dass wir wegen unserer scheinbar langen Erfahrung und der scheinbaren Sachzwänge nicht kurzfristig die falschen Wege einschlagen. Wir danken Herrn Kersting, dass er hier konstruktiv und mit Verständnis reagiert hat. Wir hoffen jetzt auf gute Informationen und sinnvolle Diskussionen. Aber eines ist auch klar: Der Grundkonflikt bleibt. Es wird auch nach dem runden Tisch keine einvernehmliche Lösung geben. Man kann zwischen Gewerbegebiet und Naturflächen keinen Kompromiss finden: Man kann das nicht halb machen oder unter Erde oder unsichtbar. Und wir sind auch nicht in Tübingen oder Freiburg, wo vielleicht wegweisende Öko- und Hightech-Gewerbegebiete funktionieren könnten.

Und um auf die Vorwürfe von Herrn Weißenfels zu antworten: Wir Grünen wollen nicht zurück in die Höhlen. Ganz im Gegenteil: Grüne Politik ist innovativ, modern und zukunftsfähig!

Was mich beim Gewerbegebiet umtreibt ist, dass wenn wir mal nur unser Gewissen befragen, ohne die Sachzwänge, ohne den Druck der Nachbargemeinde: Dann haben wir hier in Süßen im Gemeinderat eine Mehrheit, die auf den Auen derzeit kein Gewerbebiet möchte. Und ich wage zu behaupten, dass dies in der Süßener Bürgerschaft auch so ist. Und beides sollten wir ernst nehmen, der Gemeinderat will derzeit dort kein Gewerbegebiet und die Bevölkerung auch nicht. Es geht um Klimaschutz und Flächenverbrauch und um unsere Zukunft. Und ich bin ziemlich sicher, dass diejenigen Probleme bekommen, die diese Wirklichkeit ignorieren und hier keine klare Position beziehen.

Nun zu unseren Anträgen: Wir möchten die Naturschutzstelle auf 50 % erweitern (Unser Antrag war erfolgreich!): Die 25%-Stelle ist sehr gut angelaufen und es zeigt sich, dass wesentlich mehr Arbeit anfällt. Die Themen Artenvielfalt, Insektensterben und Verlust von Naturflächen bedrohen unsere Zukunft. Eine 50%-Stelle wird auch für etwas Entlastung im Bauamt sorgen. Ausdrücklich möchten wir uns für die email vom Herrn Weiss und den Landwirten bedanken. Ein gemeinsames Gespräch und eine Besichtigung ist eine gute Idee, da sind wir gerne dabei!

Wir möchten einen weiteren PIA Ausbildungsplatz im Kindergarten schaffen (Unser Antrag war erfolgreich!). Es geht um frühkindliche Betreuung und Bildung, um Zukunft für Kinder. Wir müssen hier in die Ausbildung des Personals investieren.

Auch um Bildung und die Zukunft unserer Kinder geht es beim Thema Sprachförderung im Kindergarten. Wir verstehen es nicht, warum die FDP/AFW-Fraktion bei der Sprachförderung in den Kindergärten 50% einsparen möchte. Kürzungsanträge bei der Sprachförderung machen uns „sprachlos“. Alle Betroffenen und alle Fachleute sprechen sich nachdrücklich gegen Kürzungen aus. Es geht um Bildungsgerechtigkeit und dass Kinder gleiche Startchancen in der Schule bekommen. Gerade durch den Lockdown sind dieses Jahr viele Kinder stark benachteiligt. Wir sagen gerne nachher bei der Diskussion des Antrages noch mehr dazu.

Zu den IT-Stellen: Das Problem und die Notwendigkeiten sind uns bewusst. Eine volle IT-Stelle für die Schulen ist zwingend nötig. Und auch eine weitere zusätzliche Stelle im Rathaus tragen wir mit Unser (Antrag war erfolgreich!). Für die Herausforderungen der Digitalisierung werden Profis gebraucht, nur dann kann das funktionieren. Ich möchte noch die Anregung aus der Schulbeiratssitzung von Herrn Seng aufnehmen: bevorzugen sie wo immer möglich offene und freie Software. Und es ist uns auch wichtig, dass alle Ämter, insbesondere auch das massiv belastete Bauamt von diesem Stellenzuwachs der IT profitieren.

Vollzugsdienst-Stelle: Wir haben diverse Krisen: Corona, Klima, Wohnungsnot, Altersarmut u.v.m. – aber bei der öffentlichen Ordnung in Süßen haben wir wirklich keine Krise. Eine zusätzliche Stelle für den Vollzugsdienst um noch mehr Parkscheiben zu kontrollieren, halten wir deshalb angesichts der Haushaltslage für wirklich nicht zwingend nötig (Unser Antrag wurde abgelehnt).

Und Mitten in diesem Krisenjahr bringen wir die größte Investition für die Süßener Schulen an den Start: Der Neubau für die Gemeinschafts- und Realschule. Es hat lange gedauert, aber dafür bekommen wir jetzt die richtige und umfassende Schulerweiterung. Schule verändert sich und mit diesem Neubau können wir optimal auf die Schulentwicklung reagieren. Als grüne Fraktion sind wir begeistert von dem Projekt.

Natürlich kostet das viel Geld, die liquiden Mittel sinken und Kredite erhöhen sich. Aber Investieren in Bildung und Zukunft ist das beste was wir tun können! Das Prinzip der schwäbischen Hausfrau, nämlich in Krisenzeiten alles zu kürzen und zu sparen ist für die öffentliche Hand falsch. Mutig investieren zahlt sich aus. Eine Stadt muss gerade in Krisenzeiten in die Zukunft investieren. Und die L-Bank vergibt inzwischen Investitionskredite an Kommunen mit negativem Zinssatz! Dazu steigen die Baupreise weiter. Deshalb sparen wir Geld, wenn wir Maßnahmen vorziehen und Bauabschnitte beim Schulneubau zusammenfassen.

Wir danken allen, die zum Gelingen des Schulprojektes beitragen. Dazu gehören auch die Lehrerinnen und Lehrer, die gerade im Lockdown in Süßen mit immensem Aufwand eine hervorragende Arbeit machen.

Lockdown – wann wird es besser und gibt es Perspektiven? Dazu haben wir am Schluss noch einen konkreten Vorschlag, um die Situation des Einzelhandels in Süßen zu verbessern. Die Initiative Süßen punktet und auch die Werbemaßnahmen zum Einkaufserlebnis sind gut und sinnvoll. Sinnvoll sind auch die verschiedenen Online-Angebote in Süßen. Aber das ist noch kein richtiger Mehrwert, dass die Leute mehr in Süßen einzukaufen und wir dem Onlinehandel Paroli bieten können. Dazu bräuchte es ein zentrales und gemeinsames Onlineportal für alle Süßener Geschäfte und Dienstleistungen. Der örtliche Einzelhandel hat ja auch Online diverse Vorteile, z.B. kann man innerhalb von wenigen Minuten liefern. Aber: das müsste professionell, unter einer Internetadresse und für alle zum Mitmachen offen sein. Das ganz für die Kunden attraktiv gestaltet und leicht zu bedienen. Die Stadt müsste das in die Hand nehmen, aber das wäre eine sinnvolle Wirtschaftsförderung.

Ich möchte meine Rede nicht unnötig verlängern. Vieles Richtige wurde bereits gesagt. Insbesondere bei den Themen Wohnbau und dem großen Thema Verbesserung des Radverkehrs in Süßen hat Herr Rössler bereits alles Wichtige gesagt. Wir unterstützen diese Forderungen.

Abschließend möchten wir uns als grüne Fraktion bei Frau Kämmerin Schömbucher und ihrem Team bedanken. Ein weiteres herzliches Dankeschön geht an unseren Bürgermeister Herrn Kersting, an Frau Just und Herrn Janositz und alle MitarbeiterInnen der Stadt. Den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat danken wir für die gute Zusammenarbeit.

Und vielen Dank an alle, die sich in Süßen engagieren, sei es in Geschäften, bei der Altenpflege, im Kindergarten, in Schulen oder in den Kirchen und Vereinen!