Redebeitrag von Martina Zeller-Mühleis zum Zukunftskonzept der ALB FILS KLINIKEN

Kreistagssitzung vom 20.04.2021

Sehr geehrter Herr Landrat, Herren GF, Kollegen und Kolleginnen sowie Zuhörende und Zuschauende

Ich gebe meine Stellungnahme als Aufsichtsrätin und langjährige Kreisrätin ab. Zunächst zu meinen Vorrednern: Herr Maichle, ich verwahre mich gegen den Begriff der Abschussliste, ebenso bin ich erstaunt, wie unterschiedlich Bewertungen von Mitgliedern des Aufsichtsrates sein können. Jeder von uns ist sich seiner Verantwortung bewusst, wir sind auch keine Marionetten der Verwaltung.

Nun zu meinem Manuskript:

Erneut beschäftigt uns die Helfensteinklinik und wie deren Zukunft aussehen kann. Nach dem Erstellen von 3 ! Gutachten durch namhafte Krankenhausexperten und vielen internen Diskussionsrunden liegen uns heute mehrere Stellungnahmen vor.

Fazit aller, wenn auch in Nuancen (auch der Betriebsrat erkennt Veränderungsbedarf) ist, dass es ein „Weiter so“ nicht geben kann. Trotz Medizinstrategie, zahlreicher Anläufe, den Geislinger Standort zu halten, ist das Ergebnis ernüchternd. Dass in Geislingen eine sehr gute medizinische Versorgung geleistet wird und wurde, bezweifelt niemand. Doch wie sieht die Realität aus. Bereits jetzt gestaltet es sich personell äußerst schwierig, die stationäre Versorgung aufrechtzuerhalten. Dies wird in Zukunft noch viel schwieriger werden, dazu wird in den Stellungnahmen umfangreich und dezidiert eingegangen.   Über weitere Gründe wie die zunehmende Ambulantisierung, veränderte Arbeitszeitregelungen, die gewollte Zentralisierung von medizinischen Leistungen, gesteuert über Mindestmengen oder Zertifizierungskriterien, um nur wenige Beispiele zu nennen, ist viel informiert worden. Hinzu kommt, dass weder die eigene Bevölkerung den Standort in ausreichendem Maße annimmt noch kommen von außerhalb genügend Patienten.

Nun sind erneut rückwärtsgewandte Argumente zu hören: man habe zu wenig für den Standort getan, zu wenig investiert, systematisch den Standort geschwächt, das Medizinkonzept sei nur halbherzig angegangen worden oder der Zusammenhang für den Neubau usw.

Einige sind doch bestens informiert: ob Herr OB Dehmer als Mitglied des AR, ob die Abgeordneten, die über ihre Parteien die Bundespolitik mitgestalten. Ich kann nachvollziehen und habe größtes Verständnis, dass es für die Raumschaft im Oberen Filstal emotional schwierig ist, neutral sich in die Problematik reinzuversetzen. Wenn aber, wie im Brief der BM erwähnt, eine Kehrtwende der geforderten Schwarzen Null zu einem angemessenen Defizit stattfinden soll, dann haben in der Bürgermeisterversammlung nicht alle aufgepasst. Das Defizit haben wir bereits! Und ich höre jedes Jahr zum Thema Kreisumlage die Klagen der Geislinger Raumschaft, hier bitte Rücksicht zu nehmen. Die CDU versäumt in keiner Haushaltsrede, die Schwarze Null einzufordern. Und dies soll nun keine Rolle mehr spielen? Deswegen die Frage: wer will welche Probleme nicht angehen, wie sehen Alternativen aus? Wie sehen Vorschläge aus, personelle Probleme zu lösen? Gesetzliche Vorgaben zu erfüllen? Rahmenbedingungen, wie von Dr. Hüttner aufgezählt zu lösen?

Die wirtschaftlichen Gründe stehen für die meisten von uns nicht im Vordergrund, sondern die Personalsituation quer durch die Republik im med. pflegerischen Bereich. Wissen Sie was es bedeutet, mit nicht vorhandenem Personal den Betrieb am Laufen zu halten? Die Belastung einzelner noch weiter zu steigern, um Ausfälle zu kompensieren. Oder Personal aus dem Frei zu holen, um Bettenschließungen zu reduzieren?  Dies hat nichts mit der Attraktivität eines Standortes zu tun, sondern ist pure Realität. Seit Jahren weisen Fachleute auf den bevorstehenden Fachkräftemangel hin, und Sie tun so, als ob das alles lösbar wäre.

Über Jahre hinweg hat uns die Realität eingeholt und überholt, und alle Verantwortlichen haben viel unternommen, um eine Klinik an 2 Standorten halten zu können. Aber nun gilt es, den Fakten ins Auge zu sehen und verantwortungsvoll zu handeln. Auch die These, mehrere Millionen zu investieren, um den Standort zu retten oder den Abmangel zu übernehmen, trägt nicht!

Beim gemeinsamen Vorschlag, spätestens mit dem Einzug in die neue Klinik die Praxisklinik Geislingen zur Umsetzung zu bringen, bleibt die med. Versorgung gesichert!  Und der Notarztstandort im Oberen Filstal bleibt, damit ist eine rasche Versorgung der Bevölkerung im Notfall gewährleistet. Über die Dauer der Notfallversorgung in der Ambulanz oder der Nachnutzung des Gebäudes lässt sich noch beraten.

Heute geht es um Information und nicht um eine Entscheidung! Eines ist hoffentlich allen klar, ein weiteres Hinauszögern darf es nicht geben. Zeit haben wir keine mehr. Dies sind wir der Belegschaft beider Kliniken schuldig und dafür sind wir verantwortlich. Mir geht es um die Sicherung der bestmöglichen med.  Versorgung in einer kommunalen Trägerschaft. Diese dürfen wir nicht aufs Spiel setzen, auch für den Standort am Eichert. Die mahnenden Worte der Verantwortlichen der Alb-Fils-Kliniken sollten uns alle aufrütteln. Wir müssen bei allem Wissen um die Schmerzhaftigkeit der anstehenden Schließung der stat. Versorgung in der Helfensteinklinik den Ausbau der ambulanten Versorgung als Chance sehen und dafür auch werben. Halbherzige Versprechungen nützen weder den Mitarbeitenden noch den Patienten noch der Raumschaft. 

Auch sollten wir unserer Verantwortung dem gesamten Landkreis gegenüber gerecht werden. Und dazu sind wir gewählt. Wir sind keine Marionetten der Verwaltung. Im Mai muss eine Entscheidung getroffen werden und die Zeit bis dahin genutzt werden, die Chancen aufzuzeigen. Für eine sachliche Entscheidung stehen wir alle zur Verfügung.

Vielen Dank fürs Zuhören

Martina Zeller-Mühleis und mehrheitlich die Kreistagsfraktion