Haushaltsrede 2022 der grünen Fraktion in Süßen

(Armin Kuhn am 13.12.2021)

Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

bei dem nassen und kalten Wetter der letzten Tage fragt man sich manchmal was mit der Klimaerwärmung los ist. Aber wir dürfen natürlich das kurzfristige Wetter nicht mit dem Klimawandel verwechseln. Der Klimawandel ist bei uns in Deutschland nicht mehr etwas, das in der fernen Zukunft kommt, sondern der ist angekommen – von der teilweise extremen Trockenheit in Ostdeutschland bis zum Extremhochwasser im Ahrtal.

Wir in Süßen sind da in zwei Bereichen gefordert: Zum einen muss der Klimaschutz bei allem Entscheidungen eine hohe Priorität haben. Zum andern müssen wir uns vor Ort auf den Klimawandel vorbereiten.

Die Frage, wie wir mit der Atmosphäre umgehen, ist überlebenswichtig, global gesehen, aber auch ganz hautnah, für jeden Bewohner des Planeten.

Deshalb sollte sich auch Süßen zu einem verbindlichen Ziel beim Thema Klimaschutz bekennen. Es gibt hier Vorbilder, Ebersbach will bis 2040 klimaneutrale Stadt sein. Waiblingen ist Teil der deutschlandweiten Initiative „German Zero“. Dem Bündnis schließen sich immer mehr Gemeinden an, das Klimaziel für Nullemissionen dort ist 2035. Wir möchten, dass auch der Süßener Gemeinderat sich diesem Ziel verpflichtet.

Das muss konkret z.B. bedeuten, dass wir auf allen städtischen Dächern Solaranlagen brauchen. Da könnten wir uns beispielsweise auch eine große Megawatt-Solaranlage auf Teilen des geplanten Gewerbegebietes auf den Auen vorstellen, das geht im Einklang mit Naturschutz und Landwirtschaft.

Beim zweiten Thema, nämlich der Vorsorge betreffen uns die zunehmenden und gefährlichen Starkregenereignisse. Auch Süßen ist hier gefährdet – durch die Tallage, durch die Fils und Lauter und die vielen kleinen unscheinbaren Bäche. Wir unterstützen daher den Antrag der SPD, ein Starkregenmanagement zu entwickeln.

Zu unseren Anträgen:

Bei den Gebühren für die Musikschule stellen wir den Antrag, dass der Auswärtigenzuschlag erst dann entfallen kann, wenn die entsprechende Nachbargemeinde zumindest das anteilige Defizit an den Personalkosten trägt.

Dann möchten wir Finanzmittel zur Umsetzung des Radverkehrskonzeptes beantragen. Vom ADFC wird derzeit ein Radverkehrskonzept für Süßen erstellt. Die Umsetzung wird trotz möglicher Fördergelder in den nächsten Jahren auch finanzielle Mittel der Stadt erfordern. Dass dies dringend nötig ist, hat die bisherige Planung für die alte B10 gezeigt. Da ist von einer fahrradfreundlichen Stadt noch wenig zu sehen.

Wir möchten außerdem die Schulsozialarbeit erweitern. Der Umfang der Stellenerweiterung muss mit der Schule abgestimmt werden. Durch ansteigende Schülerzahlen, gesellschaftliche Veränderungen und die Corona-Folgen hat sich der Bedarf an Schulsozialarbeit massiv gesteigert. Mangelnde soziale Kompetenzen müssen auch in der Schule aufgearbeitet werden. Dies ist eine präventive Arbeit, die spätere Probleme vermeidet. Letztes Jahr wurde eine neue Stelle für Ordnungsbeamte geschaffen. Ordnung, Ruhe und Sauberkeit sind wichtig. Aber ein Ordnungsbeamter kann nicht die Ursachen für die Zustände beheben. Hier braucht es Sozialarbeit und Investitionen in Bildung und Erziehung.

Und wir investieren in Bildung: Der geplante Schulneubau begeistert uns als grüne Fraktion. Die Schulen für unsere Kinder kommen damit auf einen modernen und zukunftsweisenden Stand.

Wenig Verständnis haben wir für die Zwänge, die manche Behörden uns dabei auferlegen: Wenn wir daran denken, wie oft wir in den letzten Jahrzehnten Schulen erweitert haben. Wie schnell könnte Süßen z.B. eine Oberstufe mit Abitur bekommen. Da müsste nur eine Partei in Stuttgart ihre Vorbehalte bei Gemeinschaftsschulen ändern. Deshalb ist es völlig unverständlich, dass ein Kommunalamt uns quasi zwingt, beim Neubau auf eine Aufstockungsmöglichkeit zu verzichten. Das ist alles andere als nachhaltig.

Und die Behörden zwingen uns auch, für die Finanzierung kurzfristig Bauplätze zu verkaufen. Man hat immer noch das Gefühl, dass kommunale Behörden die betriebswirtschaftliche Sichtweise des neuen Haushaltsrechts nicht wirklich verstanden haben. Die hängen immer noch fest in der Kameralistik. Man schaut zu sehr nach der kurzfristigen Liquidität und den Krediten und zu wenig nach dem tatsächlichen Ergebnis und der Vermögensentwicklung. Ich als Unternehmer würde Vermögen, dessen Wertzuwachs höher ist als die derzeitigen Zinsen nicht ohne Not verkaufen! Aber das Kommunalamt zwingt uns, kurzfristig unsere wertvollen letzten Bauplätze zu verkaufen.

Ok – können wir nichts dran ändern. Aber wenn wir schon städtisches Vermögen verkaufen, dann doch zu einem angemessenen Marktpreis!

Das hat bei den Bauplatzpreisen in den Hornwiesen nicht funktioniert: Da hat die Mehrheit im Gemeinderat die Preise deutlich unter dem Marktpreis angesetzt und damit auf mindestens 350.000 Euro verzichtet – ohne Not.  350.000 Euro – mit dem Geld hätte man z.B. das Schullessen viele Jahre komplett bezahlen können. Oder wir hätten weniger Schulden machen müssen. Aber man hat das Geld lieber einem Bauträger und den 4 Erwerbern der privaten Bauplätze quasi geschenkt.  Diese vielleicht 10 (?) Leute freuen sich, aber die anderen 9.990 Einwohner von Süßen müssen die zusätzlichen Schulden zurückzahlen.

Zum Thema Schulden:

Natürlich sind Schulden für eine schwäbische Hausfrau (oder Hausmann) Teufelszeug. Aber Kredite für Investitionen sind in Ordnung. Das ist nachhaltig, das ist Prävention und Vorsorge. Das gilt beim Klimaschutz, bei der Digitalisierung und bei der Bildung.

Bis 2025 investieren wir 46 Mio. Euro und der Schuldenstand wird bis dahin „nur“ um 4 Mio. Euro ansteigen! Damit können wir gut leben. Und wir haben dann Hallenbad, Kindergärten, Schulen, Kultur-/Sporthalle und große Teile der Sanierungsgebiete auf einem aktuellen oder neuen Stand. Es bleibt dann „nur noch“ die Bizethalle, alles andere ist wieder für die nächsten Jahre und Jahrzehnte ok.

IKG Auen und runder Tisch:

„Freie Gewerbeflächen, Zentrale Lage, schnell bezugsfertig, Produktions- und Lagerflächen von 1000 – 20.000 qm“, so beschreibt die NWZ vor drei Wochen die Tatsache, dass Schuler in Göppingen die Produktion auslagert und große Flächen frei werden. Der Strukturwandel der Industrie im Filstal ist in vollem Gange und für traditionelle Produktions-, Lager- und Logistikfirmen werden genügend Hallen und Flächen frei.

Auch beim runden Tisch wurden die vorliegenden Gutachten zur Gewerbeentwicklung in Süßen nochmal überarbeitet. Und zwar so, dass auch Brachflächen und nicht genutzte Flächen im Innenbereich bei den Firmen abgefragt wurden. Das war eine Forderung von uns Kritikern beim runden Tisch und das hatten die Gutachter vorher nicht gemacht!

Und hier das Ergebnis:

  1. Der gewerbliche Bedarf von Süßener Firmen kann die nächsten Jahre quantitativ im Bestand untergebracht werden. Es sind dafür keine Flächen im Außenbereich notwendig.
  2. Für alle neue Startup-Firmen, Coworking-Spaces, Dienstleister und nicht störendes Gewerbe haben wir genügend Flächen im Innenbereich! Zum Teil innerhalb von Bestandsgebieten oder es können Potenzialflächen entwickelt werden (u.a. Innenstadt, Gibbs-Halle, Jahnstraße, …).

Ich finde, viel mehr muss man zum Thema IKG Auen und zum runden Tisch nicht mehr sagen.

Wir sollten das IKG-Auen ruhen lassen und derzeit nicht entwickeln. Wir brauchen die nächsten Jahre keine Flächen im Außenbereich. Und wir wollen auch keine Spaltung und Gräben in der Bevölkerung, die ein Gemeinderatsbeschluss und dann ein Bürgerentscheid zwangsläufig mit sich bringen würde.

Aber wir verzichten nicht auf eine Gewerbeentwicklung. Wir arbeiten für eine zukunftsfähige Gewerbeentwicklung! Und dazu müssen wir mit vollem Einsatz die Chancen ergreifen, die eine Innenentwicklung bietet, z.B. bei der „Gibbs“-Halle mit dem tollen Konzept des Architekturbüros Keller. Für solche Projekte und Chancen werden wir uns als grüne Fraktion einsetzen. Das bringt neue Arbeitsplätze und auch Gewerbesteuer für die Zukunft!

Ich komme zum Schluss: Unsere Kollegin Jana Licht hat einen kommunalpolitischen Workshop besucht. Da brachte sie die Idee für ein „Fachgeschäft für Stadtentwicklung“ mit.  Wir haben als Stadt freie Ladenflächen in der Heidenheimer Straße. Da sollten nicht nur wie bisher die Sanierungspläne im Schaufenster hängen, sondern das könnte man BürgerInnen zur Verfügung stellen und damit unterschiedlichste kreative, nachhaltige und kulturelle Angebote fördern. Dort könnten Veranstaltungen zu den unterschiedlichsten Themen stattfinden. Andernorts gibt es da Beratungen, Cafe-Betrieb, Fahrradwerkstatt, Second-Hand Börsen, Nähkurse usw. . Damit würde Begegnung & Austausch gefördert, vielleicht auch eine Wiederbelebung der lokalen Agenda!

Abschließend möchten wir uns als grüne Fraktion bei Frau Kämmerin Schömbucher und ihrem Team bedanken. Ein weiteres herzliches Dankeschön geht an unseren Bürgermeister Herrn Kersting. Wir danken Frau Just und Herrn Janositz und allen Mitarbeiterinnen der Stadt. Den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat danken wir für den freundlichen Umgang und die gute Zusammenarbeit. Und vielen Dank an alle, die sich in und für Süßen engagieren, sei es in Geschäften, bei der Altenpflege, im Kindergarten, in Schulen oder in den Kirchen und den Vereinen!