Sehr geehrter Herr Landrat, werte Anwesende
2021 wird als Jahr in Erinnerung bleiben mit politischen Umbrüchen. Von Bundeskanzlerin Merkel zu Bundeskanzler Scholz und einer neuen Koalition auf Bundesebene, mit einer Frau als Außenministerin und einem fast komplett umgebauten Kabinett.
Klimaschutz findet sich in fast allen Parteiprogrammen wieder, wenn auch mit verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten. Es besteht ein weitgehender Konsens: Ein „Weiter-so“ kann und darf es nicht geben. Im Blick auf die notwendige Verkehrswende haben wir uns mehr im Koalitionsvertrag erhofft. Umso wichtiger ist es im Landkreis die Mobilitätswende zu unterstützen und sie mit energischen Schritten voranzutreiben. Die Klausur des UVA hat eindrücklich aufgezeigt, wie groß die Aufgaben sind, die gemeistert werden müssen. Der ÖPNV muss deutlich gestärkt werden. Auch das zweite Jahr nach dem VVS- Beitritt muss verbunden sein mit dem Bemühen, den Corona bedingten Rückgang an Fahrgastzahlen mit flexiblen Angeboten und stringenten Hygienekonzepten wieder aufzuholen. Wir müssen verstärkt über ergänzende Angebote, wie on-demand-Verkehre, nachdenken. Der Ausbau der E-Mobilität braucht den Aufbau einer ausreichenden Ladeinfrastruktur, die Frage grüner Wasserstoff und Brennstoffzelle wird uns die nächsten Jahre beschäftigen. Im Blick auf den Mobilitätspass sind wir neugierig, was die Modellrechnungen ergeben. Sie werden aufzeigen, welche Probleme bewältigt werden müssen und wie die Einführung gelingen kann. Voraussetzung ist die Klärung der Finanzierung.
Immer begleitet uns unweigerlich das Stichwort Coronapandemie. Mitten in der vierten Welle mit Fallzahlen, die weit über denen sind, die wir seither in Deutschland kannten. Allerdings gibt es mittlerweile Impfstoffe, die geimpfte Menschen weitgehend vor schweren Verläufen schützen. Die Kehrseite ist die hohe Zahl ungeimpfter Patienten auf den Intensivstationen. Trotz vorhandenem Impfstoff, der allen kostenlos zur Verfügung steht, gibt es zu viele Uneinsichtige, die dieses Angebot nicht annehmen wollen. In den Ländern des Südens warten Menschen vergeblich auf Vaccine. Entsetzt sind wir über die von der AFD initiierten Initiativen, die bundesweit und auch in Göppingen mit sogenannten Spaziergängen zum Protest aufrufen und für entsprechende Radikalisierungen verantwortlich sind. Dass Argumente nicht mehr zählen und wissenschaftlichen Fakten kein Gehör geschenkt wird, sondern eher Verschwörungsmythen verbreitet werden, gibt Anlass zu größter Sorge. Es ist für uns ein unglaublicher Affront denjenigen gegenüber, die weiterhin unter schwersten Bedingungen ihrer Arbeit im Gesundheitswesen nachkommen und die Folgen einer Pandemie der Ungeimpften tragen müssen.
Passend dazu heute das Bild der AFD-Kreistagsmitglieder, die erst nach Aufforderung und unter Androhung des Gebrauchs des Hausrechtes durch den Landrat bereit waren, Masken zu tragen. Sie ignorieren damit komplett Regeln, die uns alle schützen sollen und haben keinen Respekt denen gegenüber, die die Folgen der Ungeimpften bewältigen müssen.
Ob der vierten Welle oder möglicherweise einer fünften angesichts einer neuen besorgniserregenden Variante ohne einen neuen „Lockdown“ begegnet werden kann, wissen wir nicht. Wir können nachvollziehen, dass das Landratsamt oder auch viele Bürgermeisterämter nur mit Terminabsprache erreichbar sind. Wichtig ist uns aber, dass Hilfesuchende ohne andere Möglichkeiten Ämter, die sie unterstützen – wir denken an das Jugendamt oder die Sozialhilfe- gut direkt erreichen können und dass Beratungsstellen geöffnet bleiben. Unser aller Beitrag ist Kontaktreduzierung, da wo es nicht unbedingt sein muss und der Aufruf an alle, sich impfen zu lassen.
An dieser Stelle erneut unser aufrichtiger Dank allen, die schnell im gesamten Landkreis neue Impfstrukturen aufgebaut haben und im Gesundheitswesen, sei es in den Alb-Fils-Kliniken oder an anderen systemrelevanten Stellen arbeiten.
Die ersten Haushaltsberatungen sind eher unspektakulär verlaufen, vielleicht lag es am digitalen Format oder daran, dass es wenig haushaltsrelevante Anträge gab. Allerdings sprengt die Dauer der Sitzungen mittlerweile das Zeitbudget von ehrenamtlich Engagierten. Zu gegebener Zeit sollten wir uns darüber Gedanken machen.
Erfreulich ist das verabschiedete Abfallwirtschaftskonzept. Es stellt einen Einstieg in eine Reduktion des Hausmüllaufkommens dar. Müllsparen wird belohnt und Mülltrennung im Sinne von Recycling von Wertstoffen wird verbessert. Wir hätten uns an manchen Stellen mehr gewünscht, Sie kennen unsere jahrelange Forderung nach einer Biotonne. Wir werden zeitnah evaluieren. Wir hoffen auf eine gute Umsetzung und Akzeptanz. Voraussetzung sind allerdings weiterhin Informationskampagnen, sowohl in den herkömmlichen Medien als auch barrierefrei mit social media. Hier erwarten wir noch einfache motivierende Werbespots.
Auch andere Aufgaben für das nächste Jahr sind groß, so die Umsetzung des Beschlusses zur Umgestaltung des Geislinger Krankenhauses zu einem ambulanten Zentrum, der weitere Ausbau am Eichert, die Aktualisierung des Nahverkehrsplans, und bei allem natürlich die Bewältigung der Corona-Pandemie.
Zur Höhe der Kreisumlage gibt es in unserer Fraktion keine einheitliche Position. Mehrheitlich folgen wir jedoch der Linie der Verwaltung. Wenn man eine verlässliche Planung für die nächsten Jahre, bezogen auf die Höhe der Kreisumlage fordert, dann kann eine Absenkung keine nachhaltige Lösung für unsere Kommunen sein. Nicht nur der Landkreis, sondern auch die Kommunen hatten Verbesserungen in ihren Haushaltsergebnissen zu verzeichnen. Wenn man an klamme Kommunen wie Geislingen oder Birenbach denkt, hilft diesen eine sehr überschaubare Absenkung nicht wirklich weiter und der zu erwartende Sprung in den nächsten Jahren wird sie noch mehr belasten. Die sachlichen Gründe sind von der Verwaltung ausführlich dargelegt.
Wir wünschen uns gute Beratungen in den Fachausschüssen, verbunden mit möglichen Klausuren, wir sehen keine Notwendigkeit für zusätzliche Kommissionen oder sonstige Gremien. Mehr „Kreisbewusstsein“ kann nur erreicht werden durch gute Kommunikation, das Bemühen um gegenseitiges Verständnis bei schwierigen Entscheidungen und die Bereitschaft gefasste Beschlüsse auch umzusetzen. Hoffen wir, dass 2022 uns eine entspanntere Situation im Gesundheitswesen ermöglicht. Wichtig erscheint uns vor allem, dass es gelingt die zunehmende Spaltung und Radikalisierung der Gesellschaft zu stoppen und Wege zu mehr Gemeinsamkeit und Verständnis zu finden. Dazu sind wir alle in unseren jeweiligen Bezügen aufgerufen. Wir sind überzeugt, dass wir nur so den Krisen und Herausforderungen der kommenden Jahre begegnen können. Uns allen wünsche ich erfreuliche coronafreie Begegnungen mit den uns wichtigen Menschen über Weihnachten und ein gesundes und – da bin ich mir sicher – an Arbeit nicht mangelndes Jahr 2022. Dank nochmals an dieser Stelle allen Mitarbeitenden in Verwaltung und Kliniken und meiner Fraktion für die Zusammenarbeit.
Wie sagt Ingo Zamparoni nach den Tagesthemen: „Bleiben Sie zuversichtlich!“
Für die Kreistagsfraktion
Martina Zeller-Mühleis