Tempolimit ist nicht „irrelevant“; wir widersprechen Kretschmann!

Wir haben deshalb einen Brief an Fraktion und Partei geschrieben:

„Mit Erstaunen und großer Enttäuschung haben wir die Äußerungen unseres
Ministerpräsidenten in dem Artikel in der NWZ vom 04.01. zur Kenntnis
genommen.
Noch im Juni war unser MP anlässlich einer Diskussionsveranstaltung der
„Süddeutschen Zeitung“ der Meinung, ein Tempolimit „… hätte unmittelbare Wirkung,
das ist sofort einsparend“. Jetzt steht er zwar noch persönlich zum Tempolimit, meint
aber, das sei „…für den internationalen Kampf gegen den Klimawandel völlig
irrelevant“. Mit dem Hinweis, dass Deutschland nur für zwei Prozent der weltweiten
klimaschädlichen Emissionen verantwortlich sei, nimmt er den nationalen
Anstrengungen, für die wir seit langer Zeit kämpfen und um deren Umsetzung unsere
Bundesminister*innen gerade ringen, die Legitimation. Diese Argumentation
verwendet auch die AFD, um die Maßnahmen gegen die Klimakrise zu diskreditieren,
nach dem Motto: „Wir können sowieso nichts tun“.
Natürlich ist jede nationale Maßnahme zum Schutz des Klimas im Vergleich zur
globalen Belastung nur ein kleiner Beitrag, und dennoch sollte man sich hüten, dies
zum Argument zu machen. Es ist auf nationaler und internationaler Ebene Gift für
weitere Klimaschutz-Verhandlungen und tritt mit Füßen, was einzelnen Bürgern über
die Jahre vorgetragen wurde: private Entscheidungen auch dem Schutz des Klimas
zu unterwerfen.
Die CO2- Einsparung ist unbestritten, hier ist es nicht nötig Quellen zu zitieren. Und
wenn man das Tempolimit mit anderen Maßnahmen – wie zum Beispiel der
Wiederherstellung von Mooren und Wäldern – vergleicht, ungleich viel einfacher,
sozial gerechter und billiger zu erreichen. Es geht hier um die Frage des richtigen
Vergleichens! Dies ist Basiswissen für Debating, das man bereits im Schulalter
lernen kann.
Und womöglich wichtiger als die CO2 – Einsparung ist die symbolische Bedeutung
des Beschlusses: die Einschränkung persönlicher Freiheiten zugunsten der
Klimarettung: hier beim Tempolimit muss allmählich jedem Bürger klar werden, dass
es ohne Einschränkungen und Verzichte nicht weitergeht. Und der Verzicht auf
Tempi jenseits der 130 ist verschmerzbar.
Kann man es sich leisten die Gunst der Stunde, wo selbst die CDU von einer
Geschwindigkeitsbeschränkung spricht, nicht zu nutzen und nicht auch noch das
letzte Körnchen Argument in die Waagschale zu werfen, um nicht verwässerte
Gesetze durchzuwinken zu müssen? Stattdessen stellt ein grüner Ministerpräsident
das Projekt mangels Effektivität infrage.
Nicht zuletzt ist ein Umdenken auch eine Signalwirkung für andere Staaten. Von
allen Industrienationen muss Anstrengung erwartet werden! – Wie will man dies
erreichen, wenn man die Vorlage für die einfachste Ausrede selbst mitliefert?
Wir bitten daher, Landespartei und Landtagsfraktion zu einer öffentlichen
Stellungnahme aufzufordern, die die Linie der Partei zu dem Thema wiedergibt: 24/7
Tempolimit sofort, konsequentes Weiterverfolgen der nationalen Klimaziele.“

Und natürlich wäre Tempo 100 oder 110 auf Autobahnen/Schnellstrassen noch deutlich schonender fürs Klima. Sagt auch das Umweltbundesamt.

Diese europäischen Nachbarn haben es kapiert und (teils nur auf Schnellstrassen) auf 100/110 beschränkt: Dänemark, Frankreich, Grossbritannien, Italien, Irland, Kroatien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweiz, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn.

Wir machen immer noch Flickenteppiche aus unterschiedlichen Abschnittsbeschränkungen und „Richtgeschwindigkeit“, für einige heisst das dann: freies Rasen.