Sehr geehrter Herr Verbandsvorsitzender Bopp, Herr Regionaldirektor Dr. Lahl, Herr Kiwitt mit Team, Herr Wurmtaler, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
Klimaneutralität bei der Energieversorgung ist nur zu erreichen mit den berühmten drei „E“- Energie sparen, Effizienz und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien. Heute bringt die Regionalversammlung als eine ihrer letzten Entscheidungen in dieser Periode die Offenlage im Bereich der Freiflächenanlagen für PV auf den Weg und macht einen weiteren wichtigen Schritt beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Wir Grünen freuen uns darüber, nachdem im Herbst bereits die Offenlage für Windkraftanlagen in die öffentliche Diskussion gebracht wurde.
Der Bund hat das klare Ziel eines überragenden öffentlichen Interesses am Ausbau der Erneuerbaren Energien vorgegeben. Dieses Ziel teilen wir. Das Land hat im Klimaschutzgesetz das Seine dazu beigetragen, um die Treibhausgasneutralität bis 2040 zu erreichen: 1,8% der Fläche sind für Wind und 0,2 bzw. 0,5% der Regionsfläche für Freiflächen-PV vorzusehen. Nicht umsonst hat die Landesregierung die konkrete Umsetzung den Regionalverbänden übertragen, weil dort die dazu notwendige Planungskompetenz vorhanden ist und auch die erforderliche Kenntnis der Situationen vor Ort. Auch die Beteiligungswege sind erprobt und gewollt. Der Satzungsbeschluss bis zum 30. September 2025 ist ein ehrgeiziges Ziel. Deshalb gilt bereits an dieser Stelle unser Dank der Planungsabteilung um Herrn Kiwitt, im Blick auf PV heute besonders Frau Claus und Frau Jahnz, die sich frühzeitig und engagiert an die Arbeit gemacht haben.
Umso unverständlicher ist es, dass während der Ausarbeitung immer wieder die Rahmenbedingungen geändert wurden, sei es von Behörden im Blick auf einzelne Kriterien, aber vor allem von Land und Regierungspräsidium im Blick auf den Stellenwert der Grünzüge. Schien im Rahmen der Planungsoffensive des Landes ein Einvernehmen mit den Regionalverbänden erreicht, platzte in den Scoping-Prozess Ende des Jahres die Forderung von RP und Umweltministerium, dass die Grünzüge generell für Erneuerbare Energien zu öffnen seien. Eine Lex Stuttgart?
Zum Hintergrund: Die 12 Regionen im Land unterscheiden sich deutlich bei Flächenstruktur und Bevölkerungsdichte. Konsequenz sind unterschiedliche planerische Zielvorgaben. In der am dichtesten besiedelte Region Stuttgart liegt esauf der Hand dem Schutz des Freiraums einen besonderen Stellenwert im Regionalplan zuzumessen. Grünzüge und Grünzäsuren bilden das „Dach“ und sichern die Freiraumfunktionen für Boden, Wasser, Klima, Arten- und Biotopschutz, genauso wie für die Naherholung. Mit dieser Multifunktionalität unterscheiden wir uns von anderen Regionalverbänden, die einzelnen Belangen jeweils eigene Schutzzonen zugeschrieben haben.
Die Grünzüge sind also das Rückgrat unseres Regionalplans. Und in Zeiten wie jetzt, wo wir die Klimaveränderungen hautnah spüren, sind wir umso mehr auf diese Freiräume angewiesen- als Kaltluftentstehungsgebiete bei Wärmebelastung oder als Schwämme bei Starkregen, dazu muss ich in diesen Tagen nicht viel sagen. Als grüne Regionalfraktion waren und bleiben wir deshalb die Verfechterin der Grünzüge, auch dann, wenn es um die Ausweisung von Vorranggebieten für unspezifische Gewerbeansiedlungen geht.
Selbst ein überragendes öffentliches Interesse an Erneuerbaren Energien begründet keine automatische vollständige Öffnung von Grünzügen. Wir Grünen begrüßen deshalb die Schutzgüterabwägung in der Vorlage, mit der ein Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gleichberechtigt neben das Interesse des Ausbaus der Erneuerbaren Energien gestellt wird. Ausgenommen bei der Öffnung sind deshalb in der Beschlussvorlage die Kernflächen der Biotope, der Wald mit allen klimatischen, ökologischen, aber auch wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Funktionen und nicht zuletzt die hohe und sehr hohe Qualität des Landschaftsbilds in exponierten Lagen. Das wird im Einzelfall zu Diskussionen führen, aber wir brauchen auch unzerschnittene Freiräume für die naturbezogene Erholung. Trotz dieser Ausnahme bleiben 27% der Fläche der Grünzüge als Option für Freiflächen-PV.
Noch ein Wort zur Landwirtschaft: Eine Stärkung und Sicherung der regionalen Landwirtschaft ist für uns Grüne selbstverständlich. Interessanterweise wird bei der Diskussion um Freiflächen PV und eben nur dort! -von anderen Fraktionen, allen voran der CDU, neuerdings gern der Schutz der guten Böden und der Vorrangflur betont. Bei der Diskussion um neue Gewerbegebiete, die unwiederbringlich Ackerböden vernichten, war davon nie die Rede. Gerade bei der Photovoltaik sehen wir Grünen die Möglichkeit der doppelten Nutzung- der Boden bleibt unversiegelt der Landwirtschaft, darüber oder senkrecht dazwischen gibt es Module für Photovoltaik. Wir erinnern an dieser Stelle mit Nachdruck an unseren Antrag die unterschiedlichen Möglichkeiten von Agri-PV vorzustellen und zu diskutieren.
Heute kommen 0,7% der ganzenRegionsfläche in die Offenlage als Vorbehaltsgebiete für Photovoltaik. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass 3,7% der Regionsfläche schon jetzt Möglichkeiten für Freiflächenanlagen bieten. Da sie in den sog. „weißen Krägen“ liegen, sind sie bei den Kommunen nicht wirklich beliebt, obwohl nahe an den Versorgungsnetzen!
Warum Vorbehaltsgebiete? Das Ziel dabei ist, Kommunen möglichst große Gestaltungsspielräume zu belassen. Erneuerbare Energien haben besonderes Gewicht, es gibt aber Abwägungsmöglichkeiten und es besteht keine Verpflichtung zur Ausweisung. Letztlich ist eine Errichtung auch außerhalb der vorgesehenen Vorranggebiete möglich, es sei denn fachrechtliche Belange sprechen dagegen.
Zahlreiche Ausweisungen erscheinen unproblematisch, besonders auf vorbelasteten Flächen oder auch entlang von Infrastrukturwegen, Straßen und Schienen. Diese werden, da per Bundesgesetz privilegiert, hoffentlich zügig umgesetzt. Da ist auch die Autobahngesellschaft gefragt. Andere Bundesländer scheinen zumindest aus der Perspektive von Bahnreisenden in diesem Bereich die Nase vorn zu haben.
Die strategische Umweltprüfung hat dazu geführt, dass hochwertige Umwelt- und Natur-Bereiche ausgespart wurden. Im Einzelfall wird es allerdings Beeinträchtigungen geben im Blick auf landwirtschaftliche Flächen oder als technische Überformung des Landschaftsbilds. Andererseits können PV-Anlagen durchaus die Biodiversität steigern. Weitere Belange wie Fragen von Frischlufterzeugung und Niederschlagswirkungen werden erst auf der Ebene der Bauleitplanung zu diskutieren sein.
Bei der heutigen Offenlage geht es um die Freiflächen-Photovoltaik. Nicht vergessen dürfen wir aber die 90% der unbelegten Dächer in der Region. Hier muss die Wirtschaftsregion stärker tätig werden. Sie muss vermehrt werben, informieren, vernetzen und koordinieren. Nur so kann sie ihre Solardach- und Freiflächenbörse zu einem wirklichen Zukunftsinstrument machen. Ich habe bei meiner Recherche nur eine einzige angebotene Fläche gefunden.
Der Beteiligungszeitraum der Offenlage ist lang und trägt den Wahlen und der Sommerpause Rechnung. Die Verwaltung wird darüber hinaus informieren und beratend zur Seite stehen.
Das weitere Vorgehen übernimmt eine neue Regionalversammlung. Wir Grünen hoffen in der nächsten Periode auf eine starke Allianz für Biodiversität und Klimaschutz. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist dabei zentral- ökologisch, aber auch ökonomisch. Die Betriebe in der Region rechnen damit, Erneuerbare Energien sind zum Standortfaktor geworden.
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien zieht sich, ebenso wie der Freiraumschutz, wie ein roter Faden durch die Arbeit und die Anträge unserer Fraktion – eigentlich seit Gründung des Verbandes. Wir begrüßen es, dass die Region nun ein Flächenangebot für Windkraft und Freiflächen-PV schafft, ohne wichtige Funktionen der Grünzüge preiszugeben und stimmen der Beschlussvorlagezu.
Dorothee Kraus-Prause, Regionalfraktion Bündnis 90/ Die Grünen