Brief zur MiGy-Petition an die Grüne Fraktion im Landtag November 8, 2023November 8, 2023 Liebe Ayla, lieber Andreas, liebe Freund:innen, voraussichtlich am 9. November 2023 stimmt ihr über die Petition 17/00522 – das Schicksal des Michelberggymnasiums (MiGy) in Geislingen an der Steige betreffend – ab.Der Petitionsausschuss hat sich bereits mit dieser Petition beschäftigt und wird empfehlen, dieser nicht abzuhelfen.Und obwohl wir die Arbeit des Ausschusses vollumfänglich respektieren, ersuchen wir euch dennoch, dessen Empfehlung dieses Mal nicht zu folgen. Diese Petition steht am Ende einer langen Kette nicht verschuldeter katastrophaler Ereignisse und nicht eingehaltener politischer Versprechen zu Lasten unzähliger Schüler:innen einer zunehmend strukturschwachen Raumschaft mit bereits ohnehin deutlich unterdurchschnittlicher Gymnasialquote, die von weiteren harten Schlägen gegen die öffentliche Infrastruktur und Lebensqualität in den vergangenen Jahren heimgesucht wurde. Die Chronologie des elementaren Baupfuschs an einem eigentlichen Vorzeigegymnasium mit Energie-Plus-Bilanz usw. brauchen wir an dieser Stelle nicht zu wiederholen, diese erfährt im Petitionstext ausreichend Würdigung.Ebenso das wiederholte öffentliche, auch in der beschriebenen Landtagsdrucksache dokumentierte Versprechen der damaligen Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann aus den Reihen unseres Landes-Koalitionspartners.Dieses Versprechen hat die Hoffnung auf eine Lösung für die außergewöhnliche Schule bei vielen hundert Familien in den vergangenen Jahren getragen. Auf umso mehr Unverständnis stößt daher die bittere Tatsache, dass niemand aus der jetzigen Regierung sich diesem Versprechen verpflichtet fühlt. Ja, das war ein Versprechen einer CDU-Ministerin. Ja, das war politisch auch diskussionswürdig. Aber wollen wir die Partei sein, mit deren Bildungspolitik Unzuverlässigkeit untrennbar verknüpft werden soll?Wir erleben, wie die AfD hier im Kreis bereits die Listen für die Kommunalwahlen im nächsten Jahr füllt. Ayla, du weißt aus eigener schmerzlicher Erfahrung, wie es um die AfD-Präsenz hier bereits steht. Und mit jeder weiteren schweren Enttäuschung wächst die Politikverdrossenheit, während bei den Feinden unserer Demokratie die Korken knallen. Geislingen und seine Umlandkommunen sind schwer getroffen vom Strukturwandel. Die Kassen sind radikal leergefegt und erlauben keine Spielräume mehr. Das Geislinger Freibad ist nun schon mehrere Jahre geschlossen und kann nächstes Jahr nur durch private Initiativen, viel ehrenamtlicher Arbeit sowie Bundeszuschüssen in deutlich abgespeckter Form gerettet werden.Die Geislinger Klinik wurde jahrelang schrumpfsaniert und dann geschlossen, zugunsten einer größeren Klinik in Göppingen. Entschieden auf Kreisebene, entgegen zahlreicher Proteste und Widerstände.Und nun auch noch eine der wichtigsten Bildungseinrichtungen der gesamten Raumschaft. Ohne eigene Schuld in Not geraten und getragen von einer in vielerlei Hinsicht beeindruckenden Schulgemeinschaft. Ohne Landeshilfe wird die Stadt Geislingen dazu gezwungen sein, die ökologischste Schule weit und breit zu schließen zugunsten eines Gebäudes aus den 50er Jahren, das noch auf seine energetische Sanierung wartet. Was angesichts der Haushaltslage sicherlich noch etwas dauern dürfte. Mangels Sportstättenangeboten am Fusionsstandort werden künftig stündlich unzählige Schüler:innen mit Bussen durchs gesamte Gemeindegebiet gekarrt. Wir brauchen nicht zu erwähnen, dass die derzeitige Busflotte unseren eigenen ökologischen Ansprüchen noch hinterherhinkt.Zudem entsteht weiteres, bislang nicht erforderliches innerkommunales Verkehrsaufkommen sowie die Bündelung des Umlandverkehrs an einem Standort. Es ist bislang völlig unklar, ob die bestehende Infrastruktur diese Explosion an Straßenverkehr bewältigen kann. Konzepte wie Optionen für einen derarten Ausbau existieren nicht. Ein pädagogisch wie konzeptionell auf die Zukunft ausgerichtetes G8-Gymnasium mit hervorragender Ganztagsbetreuung und beliebtem Mensaangebot wird geschlossen, es bleibt nur noch G9 am dann verbleibenden Helfensteingymnasium. Die Gespräche mit vielen Müttern zeigen ganz klar, dass eine große Sorge darin besteht, weiterhin nicht mehr voll berufstätig bleiben zu können. Das Gespenst “Mutti muss wieder zuhause bleiben” spukt durch die Geislinger Schulflure. Und auch die abschließende Entscheidung des Gemeinderats vor wenigen Tagen zeigt ganz klar:Die letzte Rettung kann nur noch aus Stuttgart kommen. Freiwillige Leistungen wie Betreuungsangebote und die Versorgung von dann rund 1.500 Kindern und Jugendlichen mit gesundem Mittagessen werden radikal zusammengekürzt.Auch jüngste Zusagen der ebenfalls klammen Umlandgemeinden konnten das MiGy aus eigener Kraft nicht mehr retten.Wir wissen um die Bedenken hinsichtlich eines Präzedenzfalls oder einer zweiten “Lex Aulendorf”.Dennoch sehen wir Möglichkeiten, eine etwaige Rettung des MiGy zu gewährleisten, die politisch klüger gestaltet sind. Etwa die Schaffung von Förderprogrammen, die prinzipiell dazu geeignet sind, das Geislinger Problem zu lösen, generell aber allen Kommunen offenstehen, die unverschuldet in eine derart ausweglose Situation geraten sind. Gerade wenn der Bildungsbereich betroffen ist und die Auswirkungen elementar sind. Das nächste MiGy kann morgen auch in Offenburg, Kirchheim oder Heilbronn stehen.Niemand erwartet in Geislingen einen bedingungslosen Millionenscheck. Einer fairen Mischung aus Darlehen, Hilfen und weiteren finanziellen Ertüchtigungen wird sich aber sicher niemand verweigern. Bündnis 90/Die Grünen stehen auch für einen anderen Politikstil. Wir stehen für Zuverlässigkeit. Für nachhaltige Entscheidungen. Für eine gute Zukunft aller Nachfolgegenerationen. Und für den Wert von Mensch und Bildung. Und wir möchten, dass das so bleibt 🌻 Helft dieser Petition daher bitte ab und sichert die Bildungsperspektive für tausende Schüler:innen heute und morgen. Für den Ortsverband Helfensteiner Land Der Vorstand Petra Straile, Geislingen Eckhart Klein, GeislingenElke Bühler, Geislingen Silke Emge, BöhmenkirchMargit Wirth-Vogt, Geislingen Albert Appenzeller, KuchenDomenik Gebhardt, Geislingen Jens Tonnier, Bad Ditzenbach-GosbachJulian Beier, Gingen