Gemeinderat Rechberghausen: Haushaltsrede

Gemeinderätin Simone Göser für die GRÜNEN

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Dörner, werte Anwesende der Verwaltung, Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, interessierte Bürgerinnen und Bürger

Eigentlich wollten wir uns in der Haushaltsrede auf die lokalen Entwicklungen konzentrieren. Die aktuellen Vorgänge der letzten Woche im Bundestag erfordern jedoch auch zur „großen Politik“ ein paar Worte. Der Ton in Berlin und das bewusste Hofieren der Rechtsradikalen ist mehr als besorgniserregend. Herr Merz hat so der Demokratie in unserem Land einen wahren Bärendienst erwiesen. Es geht nicht mehr um inhaltliche Auseinandersetzungen. Einziger Lichtblick sind die vielen Menschen auf Demonstrationen und Kundgebungen im ganzen Land, die zeigen, dass Rechtsextremismus, Populismus und Unmenschlichkeit nicht normal sein dürfen. Auf das Wahlergebnis am 23. Februar sind wir gespannt – mit Sorge.

Dabei braucht es doch eine mutige und kompromissbereite Regierung, die auch auf internationaler Bühne Europa und Deutschland weiter voranbringen kann. Denn die Krisenherde in der Welt sind nicht kleiner geworden – im Gegenteil: der Ukrainekrieg hält weiter an, der Nahe Osten ist noch immer von einer dauerhaften Waffenruhe entfernt – von Frieden ganz zu schweigen. Unwetter verwüsten ganze Landstriche mit samt der Infrastruktur. Überall steckt menschliches Leid. Durch Präsident Trump in Amerika wird ein menschenunwürdiger Kommunikationsstil scheinbar zur Normalität. So manche Äußerung von ihm und seinen Unterstützern lässt einen schier sprachlos werden. Respekt gegenüber dem Besitz anderer oder gar Ländergrenzen werden von ihm ignoriert. Da steht er anderen Autokraten in nichts nach.

Sollen wir angesichts dieser Herausforderungen den Kopf in den Sand stecken? Nein – es muss mutig gehandelt werden, um unsere Wirtschaft zu transformieren, die Energie- und Verkehrswende endlich sichtbar voranzubringen und so den Wohlstand zu sichern. Das geht nur mit Erhalt von Naturräumen. Denn Schäden durch Unwetter oder langfristige Auswirkungen durch Artensterben kosten die Gemeinschaft deutlich mehr. Daher müssen Belange des Umweltschutzes ein natürlicher Bestandteil von unseren Planungen sein. Welche Auswirkungen unser Handeln auf Lebensräume hat, muss mitgedacht werden. Eine Korrektur im Nachgang ist immer kostenintensiver.

Doch nun zurück nach Rechberghausen:

In Ihrer Haushaltsrede haben Sie Frau Dörner eindrücklich gezeigt, mit welchen Herausforderungen wir konfrontiert sind. Trotz allem schafft es Rechberghausen als eine Kommune von gerade mal 13% in Baden-Württemberg einen positiven Haushalt aufzustellen. In den kommenden Jahren müssen wir in zentralen Infrastrukturen investieren. Diese sind für die Bürgerinnen und Bürger nicht immer direkt sichtbar, trotzdem wichtig für die Daseinsvorsorge: So sind funktionierende Regenüberlaufbecken ein wesentlicher Bestandteil des Schutzes vor Überschwemmungen bei Starkregen. Der Ausbau der Glasfasernetze und vor allem die Investitionen in Wasserleitungen und Abwasserkanäle werden nur mit Krediten zu finanzieren sein. Daher gilt es immer im Blick zu haben, welche Ausgaben sind machbar und was ist verzichtbar. Rechberghausen wird von den Bürgern, aber auch von vielen Besuchern als lebens- und liebenswert wahrgenommen. Das ist gut so. Das gelingt uns jedoch nur, wenn wir genügend finanziellen Spielraum haben, um neben den Pflichtaufgaben der Kommune auch freiwillige Aufgaben angehen zu können.

Ein starkes Signal an unsere Bürger und Unternehmen ist es, dass wir die Steuern in Rechberghausen nicht erhöht haben.

Ein Teil der positiven Ergebnisse der vergangenen Jahre beruhte auf Investitionen/Projekten, die aus zeitlichen Gründen nicht umgesetzt werden konnten und so in die Folgejahre verschoben werden mussten. Ja, das verschafft kurzfristig „Luft im Haushalt“. In aller Regel werden (gerade beim Bauen) die Kosten mit den Jahren jedoch eher üppiger, so dass es wünschenswert ist, Projekte im Zeitplan anzugehen. Um hier auch bei aller notwendigen Qualität im Bau die Kosten vertretbar zu halten, sollte die Ausführung zweckoptimiert und langlebig sein. Manchmal muss vielleicht ein Standard gesenkt werden. Beispielhaft sei hier die notwendige Sanierung des Parkettbodens im Kinderhaus Töbele genannt. Die kurze Nutzungsdauer ist mehr als ärgerlich. Ist Parkett an dieser Stelle notwendig?

Eins der sichtbarsten Probleme in Rechberghausen ist die Verkehrsbelastung. Die große Verkehrsuntersuchung im Schurwald ist mehr als ernüchternd. Wenig überraschend ist die Aussage der Verkehrsexperten, dass neue Straßen auch deutlich mehr Verkehr anziehen. Daher ist es gut, wenn weder Krettenhofstraße noch die geänderte Kreisstraße zwischen Faurndau und Rechberghausen ausgeführt werden. Für uns Grüne ebenfalls wenig überraschend ist, dass ein Großteil des Verkehrs lokal ist und kaum auf Abkürzungen zwischen der A7 und A8 beruht. Das schränkt jedoch ganz klar auch unsere Möglichkeiten ein. Wir können nur weiterhin Ansätze suchen, im Kleinen Verbesserungen für weniger Individualverkehr zu finden.

Gestatten Sie mir auch noch ein Wort zur Windenergie: Im Rahmen des Energiebeirates konnten wir im Besucherzentrum der ENBW sehr eindrücklich sehen, wo in Deutschland der Ausbau der Windenergie voran geht und wo es deutlich hinkt. Natürlich sind regionale Gegebenheiten zu berücksichtigen. Die deutliche Diskrepanz zwischen Energieerzeugung im Norden und Energieverbrauch im Süden Deutschlands ist jedoch sehr alarmierend. Dass es im östlichen Schurwald immer noch Widerstand gegen die notwendige dezentrale Energiewende gibt, verwundet allerdings nicht mehr. Wenn sich die Bürgermeisterin einer benachbarten Gemeinde ausschließlich von einer ausgewiesenen Windkraftgegnerin fachlich beraten lässt, die mit irreführenden Behauptungen und Verallgemeinerungen argumentiert, wird die Verunsicherung der Bevölkerung bewusst in Kauf genommen. Dass es möglich ist, in einem öffentlichen Mitteilungsblatt, einseitigen Meinungsmachern gegen den Ausbau der Windenergie so breiten Raum einzuräumen, ist in unseren Augen ein Skandal. Die Informationen außerhalb der Rubrik „Verein“ sollten doch sachlicher Art sein.

Doch nun erneut zurück nach Rechberghausen:  Auf die Zahlen des Haushaltes wurde in Ihren Beiträgen sehr umfangreich eingegangen. Wir werden diese bewusst nicht in unserer Haushaltrede wiederholen. Stattdessen möchten wir den positiven Gestaltungswillen von Ihnen und dem Team der Verwaltung nochmal besonders hervorheben.

Wir bedanken uns an dieser Stelle bei der Verwaltung, stellvertretend Frau Dörner und Herrn Grimaldi und bitten darum, dies ausdrücklich auch weiterzugeben. Nur gemeinsam lässt sich Arbeit bewältigen. Ein weiterer Dank gilt der Zusammenarbeit hier im Gremium und der gute Umgang miteinander. So soll es bleiben.

Unseren Ehrenamtlichen sei ebenfalls unser Dank ausgesprochen, nur mit dem Engagement vieler lassen sich die umfangreichen Angebote in der Gemeinde umsetzen.

Nun zu unseren Anträgen:

Umwelt-, Natur- und Klimaschutz

Beginnen wir mit einem Antrag aus dem letzten Jahr: Die Clean up-Gruppe in Rechberghausen verdient großes Lob. Schade, dass es dafür eine Notwendigkeit gibt. Wir möchten gern einen kurzen Bericht der Verwaltung über die Entwicklung, Hot Spots und welche Maßnahmen zur Abfallvermeidung bereits getroffen wurden (Wirksamkeit der Maßnahmen). Wir sehen immer noch großen Handlungsbedarf und Schwerpunkte, wie z. B. am Turm oder rund um den Haug-Erkinger-Festsaal/Feuerwehrmagazin.

Die Beete entlang der Straßen wurden vor Jahren liebevoll mit bienenfreundlicher Bepflanzung aufgewertet. Aktuell scheint davon nicht mehr viel übrig zu sein (nicht nur der Jahreszeit geschuldet). Wir wünschen uns, dass durch die personelle Ergänzung im Bauhof die Straßenbeete wieder mehr als nur Ablagefläche für Müllsäcke werden. Die notwendige Ergänzung des Fuhrparks ist nachvollziehbar, öffnet jedoch auch die Möglichkeit, auf moderne Antriebstechnik hinzuwirken. Daher stellen wir den Antrag, bewusst ein Fahrzeug mit E-Antrieb anzufragen.

Die Hochzeits-/Geburtsbäume wurden zwar in den vergangenen Jahren wenig genutzt, trotzdem würden wir dieses Programm gern weiter beibehalten. Vielleicht kann es auch nochmal mehr beworben werden.

Mehrfach wurde an uns der Wunsch herangetragen, dass individuelle Feuerwerke in Rechberghausen nicht mehr stattfinden sollen. Bundesweit gibt es ja auch eine Initiative der Polizei zum „Böllerverbot“ mit großer Zustimmung. Da wir um die rechtliche Schwierigkeit bei dem Thema wissen, möchten wir einen Prüfauftrag an die Verwaltung daraus formulieren. Welche Möglichkeiten haben wir, den Stress für Natur und Tiere, die Abfallflut sowie den Feinstaub-Ausstoß an dieser Stelle einzudämmen?

Energie und Mobilität

Im letzten Jahr brachten Sie Frau Dörner die unterschiedlichsten Bürgerinnen und Bürger zum Fußgängercheck zusammen. Hieraus haben sich viele Maßnahmenvorschläge ergeben. Gleiches gilt für den „Runden Tisch Verkehr“ aus dem Jahr 2023.  Wir beantragen einen Haushaltsansatz einzustellen, um einige Maßnahmen zur Verbesserung des Fußgänger- und Radverkehrs in Rechberghausen zeitnah umsetzen zu können. 

Die „Mitfahrbänkle“ sind im Laufe des letzten Jahres aufgestellt worden. Das ist natürlich nicht die große Lösung unserer Verkehrsprobleme. Auch in anderen Kommunen ist es nur ein „kleiner Baustein“ zur Reduzierung des Individualverkehrs. Umso mehr muss auch bei uns dieses Angebot mit Leben gefüllt werden. Daher beantragen wir die aktive Bewerbung, gern auch mit kreativen Aktionen.

Nun nochmal ein Antrag aus dem letzten Jahr: Positiv und absolut notwendig ist die angedachte Fortschreibung des Lärmaktionsplanes. Wir erwarten hier Umsetzung von konkreten Maßnahmen. Wo ein Wille ist, wäre auch ein Weg gewesen. Dies gilt gerade auch für die Einführung von Tempo 30 auf den Hauptverkehrsachsen. Manche Kommune außerhalb unseres Landkreises hat es so geschafft.

Die Energiewende kann nur im großen Gelingen: weiterer Ausbau von erneuerbaren Energien, wie die Windenergie und vor allem der Stromnetze. Trotzdem müssen auch bei uns im Ort die erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. Den Ausbau der Fotovoltaikanlagen begrüßen wir daher ausdrücklich. Um auch die Bürgerinnen und Bürger zu ermutigen, beantragen wir, das Förderprogramm für Balkonkraftwerke nicht zu streichen, sondern vielmehr auf 5.000 € zu erhöhen. Für die Überarbeitung der Förderrichtlinien gibt es aus dem Gremium heraus ja bereits konkrete Verbesserungsvorschläge.

Soziales/ Jugend/Ehrenamt

Zurzeit plant die Gemeinde ein Jugendforum. Das begrüßen wir ausdrücklich und werden uns aktiv in den Prozess einbringen. Erfahrungsgemäß werden von Jugendlichen ernstzunehmende Wünsche geäußert, die es dann auch zeitnah zu erfüllen gilt. Dafür sollte bereits jetzt im Haushalt ein „Jugendbudget“ eingeplant werden, um in der Umsetzung keine Zeit zu verlieren. Über dessen Höhe freuen wir uns auf einen sinnvollen Vorschlag der Verwaltung.

Darüber hinaus begrüßen wir die erneute Berücksichtigung der aufsuchenden Jugendarbeit. Uns erscheint dieser präventive Ansatz als vordringlich. Daher beantragen wir, dass die Umsetzung konkret geplant wird.

Unsere Gesellschaft fußt in vielen Bereichen auf ehrenamtliches Engagement. In Baden-Württemberg sieht es damit noch gut aus. Noch! Doch jeder Verein und sonstige Organisation weiß, dass die Bereitschaft zunehmend schwieriger wird. Umso erfreulicher finden wir das ehrenamtliche Engagement gerade von jungen Menschen. Eine Ehrenamtsbescheinigung ist eine kleine Anerkennung für die eingebrachte Zeit. Aktuell gibt es das für die Clean up-Gruppe. Wir beantragen die Ausweitung für alle Vereine/Organisationen im Ort. Vorbild kann hier die Vorgehensweise aus Göppingen sein.

Den Großteil der Zeit verbringen die Kinder in der Schule. Der Pausenhof der Grundschule ist in den letzten Jahren aufgewertet worden. Welche Maßnahmen sind für den Pausenhof an der Schurwaldschule geplant? Auch wenn es ein Verbandsthema ist, befindet sich die Schule in unserem Ort und letztlich zahlen wir ja auch über der Verbandsumlage für Maßnahmen aller Art. Gibt es einen Austausch mit der Schulleitung über Maßnahmen zur Steigerung der Aufenthaltsqualität, Eigeninitiativen etc.?

Für die Bürgerinnen und Bürger aller Altersklassen ist der Landschaftspark zurecht die „Grüne Mitte“ und beliebter Treffpunkt. Regelmäßig werden von Bürgerinnen und Bürgern gefragt, ob eine öffentliche Toilette in unseren Landschaftspark geschaffen werden kann. Wir beantragen, dass die Verwaltung sich dem Thema nochmals annimmt.

Im März 2023 hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, sich auf den Weg der „Fairtrade Gemeinde“ zu begeben. Was ist daraus geworden? Wir beantragen einen Zwischenstandbericht und die Weiterverfolgung.

Integration kann nur vor Ort klappen. Ob diese gelingt, hängt auch davon ab, welche konkrete Unterstützung Geflüchtete vor Ort bekommen. Welche Maßnahmen zur Kontaktpflege zu Geflüchteten werden seitens der Gemeinde gefördert. Niedrigschwellige Angebote können vielleicht mit der Unterstützung von Vereinen oder Organisationen erfolgen. Was gibt es schon im Ort und wo können wir als Kommune noch weiteres Engagement fördern (z. B. zielgruppenorientiert: Jugendliche, ältere Personen)? Hier wäre ein Bericht für das Gremium hilfreich.

Nun noch ein Aspekt, den die Unabhängigen Bürger bereits mehrfach angesprochen haben. Für Organisationen und Vereine ohne eigenes Vereinsheim ist es mitunter sehr schwierig einen Raum für (öffentliche) Treffen zu haben. Räume gibt es eigentlich viele, diese dann aber tatsächlich zu buchen wird immer schwerer. Welche Möglichkeiten können wir seitens der Gemeinde schaffen?

Wirtschaft und Tourismus

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden auf EU- und Bundesebene hauptsächlich bestimmt. Trotzdem halten wir einen Austausch zwischen dem Gremium und unseren Gewerbetreibenden für sehr wichtig und bitten daher die Verwaltung, einen Rahmen hierfür zu schaffen („Wirtschaftsabend“ und Firmenbesuche etc.).

Die Feste und Veranstaltungen in Rechberghausen sind deutlich über die Grenzen der Kommune beliebt. Daher sehen wir aktuell keine Notwendigkeit für ein Maskottchen und beantragen die Streichung der Mittel.

Herzlichen Dank fürs Zuhören, wir sind gespannt auf die kommenden Diskussionen und wir Grüne werden unseren Beitrag leisten, damit auch unsere Kinder und Enkelkinder trotz aller Herausforderungen zuversichtlich in die Zukunft blicken können. 

Die Gemeinderätinnen von Bündnis 90/Die Grünen

Sieglinde May und Simone Göser