Bad Boll hat Zukunft – Haushaltsrede 2024 der Gemeinderatsfraktion der Grünen Liste Bad Boll Februar 28, 2024 Zum Jahreswechsel und auch sonst wünschen wir einander Gesundheit. Ein guterWunsch. Aber wie entsteht sie?„Gesundheit beginnt nicht mit einer Tablette. Gesundheit beginnt mit der Luft, die wiratmen, mit dem Wasser, das wir trinken, den Pflanzen zum Essen, erträglichenTemperaturen und einem friedlichen Miteinander.”Bad Boll steht für Gesundheit und Kultur – und dies gilt es zu erhalten, selbst wenndie Haushaltslage alles andere als gut ist.Normalerweise würden wir alle Lebensbereiche unserer Gemeinde in unsererHaushaltsrede in guter Tradition berücksichtigen und entsprechende Anträge stellen.Sehr bewusst tun wir dies nicht, und Sie finden keine Anträge zu den ThemenTempo 30 im ganzen Ort, einem Förderprogramm für Tiny-Häuser undBalkonkraftwerken. Auch lassen wir die Themen Tourismus, Kindergärten und denso wichtigen Dorfladen unberührt. Bei den letztgenannten sind wir für das Jahr 2024solide aufgestellt und wir geben anderen, sehr drängenden Themen Vorrang,nämlich …… unserer, und der Zukunft unserer Nachfahren:Wie sieht die Zukunft aus? Wir handeln, als Bad Boller Bürgerinnen und Bürger, alsKommune, als Bad Boll, als deutsche Staatsbürger:innen, als Europäer:innen und alsWeltgemeinschaft. Zukunft ist jetzt, wir haben keine Zeit mehr, uns auf derVergangenheit auszuruhen, wir müssen Entscheidungen treffen, die Weichen stellenund eine resiliente sowie nachhaltige Zukunft ermöglichen − wir haben es in derHand, wenn wir mutig gemeinsam anfangen zu gestalten, indem wir ein Zukunftsbildfür Bad Boll entstehen lassen, in dem wir uns als lebenswerten Ort der Vielfalt, derOffenheit und Naturverbundenheit zeigen. Im vergangenen Jahr haben wir kleine Schritte gemacht, auch wenn dieHaushaltslage mehr als angespannt war und immer noch ist. Auf unseren Antrag ist Bad Boll der Initiative “Lebenswerte Städte undGemeinden“ beigetreten. Berichtet haben im Gemeinderat die Schule mit der Schülerbetreuung, dieKindergärten, die Aktiven in der Flüchtlingshilfe. Auf unseren Antrag sind zwei unserer gemeindlichen Kindergärten als FaireKitas ausgezeichnet worden. Zwei weitere werden 2024 nachziehen. Auch in diesem Jahr wird die „Bad Boller Nachhaltigkeitsreihe“ mit dreiVeranstaltungen fortgeführt werden. Die Bücherei kooperiert unter anderemmit der Evangelischen Akademie Bad Boll, um Boller Bürger*innen Workshopsund Vorträge zu Themen der Nachhaltigkeit anbieten zu können. DieBücherei ist ein Dreh- und Angelpunkt für soziales Miteinander und kulturelleVeranstaltungen und steht, ebenso wie das Freibad und die Jugendbetreuung,für die hohe Lebensqualität in Bad Boll, die es zu erhalten gilt.Selbstverständlich wissen auch wir um das schwierige Haushaltsjahr 2024 undbeantragen daher keine kostenintensiven Vorhaben. Vielmehr schlagen wir vor, dasanstehende kommunale Jahr für den aktiven Austausch und für die Beratung zuZukunftsthemen zu nutzen. Denn wer einen Plan hat, kann nach diesem handeln. Sowerden wir gemeinsam ein Zielbild zeichnen können, welches dann Schritt für Schrittzum Wohle aller in die Tat umgesetzt werden kann.Ideenwettbewerb zur QuartiersentwicklungWie sieht die Bürgerschaft unseren Ort in Zukunft? Wie ist das Bild eines zukünftigenBad Boll? Um das herauszufinden, beantragen wir die Durchführung eines Ideenwettbewerbs, einerZukunftswerkstatt mit der Beteiligungsmöglichkeit aller Bürgerinnen und Bürger,der Kinder und Jugendlichen, der Vereine, der Gewerbetreibenden undHandwerksbetriebe, der Landwirte, der Hotellerie und Gastronomie − so könnenwir in Erfahrung bringen, wie ein Bad Boll mit Eckwälden in der Zukunftaussehen könnte und was unserer Sorgendengemeinschaft vor Ort wichtig ist.Aus den Ideen kann dann eine Quartiersagenda inklusive Investitionsplan fürunseren Ort entwickelt werden mit dem Ziel, die Attraktivität und Lebensqualitätzu erhalten oder gar zu steigern.Gemeinwohlökonomie …… ist ein Begriff, der immer häufiger auftaucht. Aber was ist das eigentlich? Diewenigsten können sich darunter etwas vorstellen. Wir beantragen hierzu, den GWÖ-Berater Herrn Tobias Daur1für die zweiteJahreshälfte einzuladen, um in einer öffentlichen Sitzung dem Thema näher zukommen und Fragen zu erörtern, wie diese: Welche Chancen bietet die GWÖ-Bilanzierung für Gemeinden wie Bad Boll? Wie können wir zukünftigen Herausforderungen und Krisen begegnen? Und, um auf den Eingangssatz zurückzukommen:o Wie können wir als Gemeinde „gesund” und resilient bleiben undwerden, kann da die GWÖ helfen?Ein Klimaaktionsplan für Bad Boll… oder noch besser: für den GVV Raum Bad Boll. Auf dem Weg zur Klimaneutralitätbis 2040 beantragen wir, für Bad Boll − oder im Sinne der InterkommunalenZusammenarbeit für den GVV Raum Bad Boll − einen Klimaaktionsplan 2040 zuerarbeiten und bis zur nächsten Haushaltsaufstellung für das Jahr 2025 denbetreffenden Gremien zum Beschluss vorzulegen. Wir sehen das alskonsequente Fortführung des ersten Nachhaltigkeitsbericht der Gemeinde BadBoll im Jahr 2015 und dem Beitritt zur N-Region GVV Raum Bad Boll 2018 undden hier ausformulierten und gefassten Grundsätzen und 12 priorisiertenHandlungsfeldern an. Als besonders wichtigen Aspekt der Entwicklung eines Klimaaktionsplans sehen wir die aktive und kontinuierliche Beteiligung von allen Interessengruppen undbesonders der Bürgerschaft in Bad Boll / Im Raum Bad Boll an. Nur wenn wirgemeinsam unsere Zukunft gestalten und gemeinsam Anstrengungen für einenaktiven Klimaschutz und eine bürgerschaftliche Beteiligung an der Wertschöpfungaller Maßnahmen erreichen, wird diese Entwicklung eine breite und tragfähige Basishaben.In naher Zukunft erwarten uns steigende Niederschläge und Starkregenereignissesowie trockenere Sommer. Ein verantwortungsvoller und kontrollierter Umgang mitder Ressource Wasser ist von entscheidender Bedeutung. Die Verwaltung hatbereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, darunter die Anpassung des Bachlaufs imFreibad und die Ausstattung von Regenüberlaufbecken mit Messeinrichtungen. Einweiterer wichtiger Schritt ist die Entfernung von Versiegelungen auf Flächen, umWasser besser versickern zu lassen. Wir fordern daher verstärkteEntsiegelungsmaßnahmen, wo immer möglich. Zusätzlich setzen wir uns dafür ein,dass neue Flächen oder Bauvorhaben in Hochwassergebieten besser an die neuenklimatischen Bedingungen angepasst werden und Regenrückhaltebecken in diePlanung integriert werden. Ein beliebtes Ausflugsziel in Bad Boll ist das Boller Tempele mit seiner mächtigen Eiche. Doch nicht nur dort, sondern auch als Teil des von Familien geschätztenSinneswandels, sind alte Huteeichen im Gebiet des Badwasens zu finden. DieseNaturdenkmäler gilt es zu schützen und für kommende Generationen zu bewahren.Daher beantragen wir die Anpflanzung von 15 neuen Traubeneichen als Solitäre aufdem Badwasen oberhalb des Schützenhauses. Außerdem setzen wir uns dafürein, dass die bereits vorhandenen Bäume durch das Entfernen von Unterholzwieder genügend Raum erhalten. Die Bollwerk-Energieversorgung Bad Boll GmbH: Wir beantragen eine Sitzung des Verwaltungsausschusses zum Thema der zukünftigen Ausrichtung der Energieversorgung Bad Boll GmbH mit dem Ziel, mehr am wirtschaftlichen Erfolg der GmbH teilhaben zu können und gleichzeitig weitere Tätigkeitsfelder für die Zukunft zu erarbeiten. Mit dem Nahwärmenetzund einem möglichen Windpark auf der Gemarkung Bad Boll steht hier auch dieFrage im Raum, wie wir als Kommune und Bürgergemeinschaft von derEnergiewende für den Gemeindehaushalt profitieren können. Auch die hier vomGremium kürzlich beauftragte Begutachtung der kommunalen Wärmeplanungkann hier eine Grundlage bilden. Es ist Zeit, dass wir das volle Potenzial derEnergieversorgung Bad Boll GmbH für unsere Kommune nutzen und uns nichtlänger nur als „kleiner“ Partner des Albwerks begreifen. Vielmehr ist es eineChance, gemeinsam mit unserem Partner Albwerk aktiv in die Ausgestaltung derPartnerschaft zu gehen.Biodiversität und Gesundheit hängen zusammenDer Klimawandel entscheidet darüber, wie wir in Zukunft leben. Der Verlust derBiodiversität entscheidet darüber, ob wir überleben.Inzwischen wird in der Wissenschaft der Rückgang der Biodiversität als extremdringliches Problem angesprochen. Dringlicher als der Klimawandel! Pro Stundeverschwinden ein bis zwei Tier- oder Pflanzenarten von unserem Planeten. Wirbemerken zunächst nicht viel, aber die Auswirkungen auf uns, die Menschheit,können wir vermutlich kaum erahnen.Kürzlich hat Herr Bürgermeister Bührle im Blättle zur Unterschriftenliste des NABUStellung genommen und auf die Bemühungen der Gemeinde verwiesen. Wir freuenuns, dass in Bad Boll schon einiges zur Erhaltung der Artenvielfalt geschieht. Füreinen Überblick über die Vielzahl der Maßnahmen beantragen wir einen Bericht zu den Maßnahmen zum Schutz der Biodiversitätin Bad Boll.Entsprechende Maßnahmen in der Landwirtschaft erfordern einen Mehraufwand, undbringen manchmal einen Minderertrag. Die Stadt Eislingen/Fils unterstützt etlicheMaßnahmen zur Artenvielfalt mit der „Richtlinie über die Förderung von Maßnahmen des Natur- und Umweltschutzes“. Dies ist nicht nur ein Anreiz für die Landwirtschaft,oder einzelne Betriebe, welche über ihre ökologische Ausrichtung schon viel tun,sondern für alle, die entsprechende Maßnahmen umsetzen wollen, wie etwa diePflege der Kulturlandschaft und privaten Streuobstwiesen. Wir beantragen die Prüfung und Diskussion, in welchem Maß und wannfrühestens das „Eislinger Modell“ in Bad Boll umgesetzt werden könnte, hierzubitten wir um Einladung einer sachkundigen Person der Stadt Eislingen (Hinweisfür die Verwaltung: zum Beispiel Herr Lissak).Wir tragen auch Verantwortung für unsere Landwirte. Wenn diese durchArtenschwund und Klimawandel Schwierigkeiten bekommen, haben wir unsereVerantwortung nicht gut wahrgenommen.Um zu diesem Punkt umfassend informiert zu sein, beantragen wir, die Bad Boller Landwirtinnen und Landwirte in eine öffentlicheGemeinderatssitzung einzuladen, um von ihnen direkt zu hören, wie es ihrenBetrieben geht und wie wir sie unterstützen können in den Bemühungen umBiodiversität durch entsprechende Förderung oder andere Anreize.BildungNachdem Bad Boll im letzten Jahr als Faire Gemeinde rezertifiziert, zwei dergemeindlichen Kindergärten als Faire Kitas ausgezeichnet wurden sowie zweiweitere 2024 nachziehen werden, beantragen wir für dieses Jahr den Antrag auf Aufnahme der HeinrichSchickhardt-Schule in das BNE-Schulnetzwerk (Bildung für NachhaltigeEntwicklung) Baden-Württemberg und die Überprüfung beziehungsweiseSchaffung der dazu nötigen Rahmenbedingungen. 2019 ins Leben gerufeneBNE-Schulnetzwerk wurde anhand des Orientierungsrahmens für denLernbereich „Globale Entwicklung“ unter der Federführung des Ministeriums fürKultus, Jugend und Sport ins Leben gerufen, unterstützt Schulen bei derVerankerung von BNE in ihrem Schulprofil und fördert den Austausch unter denSchulen des Netzwerks. Etwa 60 Schulen sind (Stand 2023) Teil des Netzwerks;u.a. das Göppinger Freihof Gymnasium und das Schlossgymnasium Kirchheim −weitere Schulen sind im Aufnahmeprozess. Hier wünschen wir uns, dass BadBoll mit der Heinrich Schickhardt-Schule für unsere Region eine Vorreiterrolleeinnimmt und, im Sinne eines Whole Institution Approachs, Nachhaltigkeit durchBildung für nachhaltige Entwicklung auch mit Blick auf unsere Jugend vorlebtund lebt.Die Identität von Bad Boll bewahrenDie Gemeinde Bad Boll hat als Klein-Zentrum ein breites Angebot anDienstleistungen und freiwilligen Leistungen. Dieses übersteigt die Angebote ähnlichgroßer Gemeinden. Unser Freibad, das Jugendhaus mit guten Öffnungszeiten, dieBücherei, aber auch die erweiterten Bildungsangebote innerhalb derGemeinschaftsschule, sowie die von der Gemeinde unterstützten inklusiven Settingsin Kindergärten und Schule sind attraktive und gern genutzte Angebote, die unsereGemeinde so lebendig und das Wohnen und Leben hier so beliebt machen.Für uns ist es oberste Priorität und dafür möchten wir werben, dass eventuell nötigwerdende Einsparungen im Vorfeld gut durchdacht und gründlich geplant werden.Hier sollte stets genau analysiert werden, welche Vorteile voraussichtlich entstehenund mit welchem Schaden im Gegenzug zu rechnen ist und ob im jeweiligen Fall derrein wirtschaftliche Nutzen wirklich überwiegt.Auch in einem Jahr ohne größere Investitionen werden wir vor Herausforderungenstehen, die es mit Mut und Zuversicht zu meistern gilt. Wir sind sicher, dass wirgemeinsam ein interessantes, gelingendes und richtungsweisendes Jahr für unsereGemeinde gestalten werden und danken an dieser Stelle allen Mitarbeitenden, denVereinen und den Bürgerinnen und Bürgern für ihr Engagement und ihreUnterstützung.gez.Tim Bönisch, Florian Junge, Sven Koos, Linda Rebmann-Musacchio, RubenSchumacher, Claudia StursbergP.S. Das Zitat am Anfang stammt von Eckart von Hirschhausen