03 Geislingen Kriminalstatistik

Gewalttätigkeiten nehmen erheblich zu

Autor: RODERICH SCHMAUZ | GZ 03.05.2010

Geislingen.  Weniger Unfälle und weniger Diebstähle im Raum Geislingen: Mit dieser Entwicklung wäre Polizeichef Manfred Malchow zufrieden – gäbe es nicht eine gravierende Ausnahme: Die Gewalttätigkeit nimmt zu.

Nach drei Jahren unterrichtete Manfred Malchow, Chef des Geislinger Polizeireviers, wieder den Gemeinderat über aktuelle Entwicklungen vor Ort. Er trug die kommunale Kriminalanalyse für 2009 vor. Er machte auf erfreuliche Tendenzen aufmerksam: So ging die Zahl der Unfälle und die der dabei Verletzten deutlich zurück. Es wurden weniger Diebstähle verübt, weniger Sachbeschädigungen begangen und weniger Drogendelikte bekannt. "Bei Drogen kann man aber keine Entwarnung geben", schränkte Malchow ein.

Wegen einer Person, die innerhalb von sechs Jahren übers Internet 1940 Betrügereien mit Plagiaten begangen hat, die 2009 alle aktenkundig wurden, verdoppelte sich die Zahl der Straftaten von 1503 im Jahr 2008 auf 3279. Um diese Einzelperson "bereinigt", sanken dagegen die Straftaten auf 1299 – auf einen Wert, der zuletzt vor zehn Jahren erreicht wurde. Die Aufklärungsquote ist nach den Worten Malchows mit knapp 65 Prozent sehr gut.

Sorgen bereitet ihm die Zunahme bei den sogenannten Rohheitsdelikten: Körperverletzungen, Bedrohungen und Nötigungen sind in Geislingen mit 206 Fällen die dritthäufigsten Vergehen, hinter Betrug und Diebstahl und noch vor Sachbeschädigungen. Im Gegensatz zum Trend auf Landesebene nahmen die Rohheitsdelikte in der Fünftälerstadt im Vergleich zum Jahr davor um 23 Prozent zu, vor zehn Jahren kamen nur halb so viele Fälle zur Anzeige.

Fast alle Tatverdächtigen sind männlich, über die Hälfte ist jünger als 21 Jahre. Aus einer ähnlich gelagerten Fallgruppe ist belegt, wie Malchow erläuterte, dass ein Drittel der Tatverdächtigen Ausländer sind, ein Drittel einheimische Deutsche und ein Drittel Einwohner mit deutschem Pass und Migrationshintergrund. Die meisten Tatverdächtigen sind der Polizei bereits wohl bekannt aus im Durchschnitt sechs Ermittlungsverfahren. Nicht nur sind bei Weitem die meisten Täter jung, sondern ebenso ihre Opfer.

In diesem Zusammenhang machte Malchow auf vier türkische Gruppierungen mit zusammen rund 60 Mitgliedern aufmerksam – die Big Brothers, La Honda, La Fraternidad und die Ghetto Boys; eine Gang hat im Emblem ihres Gruppen-T-Shirts schon Schlagring und Messer abgebildet.

Aus 15 zumeist nicht aus Geislingen stammenden Personen besteht laut Malchow der harte Kern der Punker. Rechtsradikalen komme in Geislingen nur eine geringe Bedeutung zu, Aus- und Spätaussiedler seien überhaupt nicht mehr auffällig.

"Alle Probleme betreffen eine Minderheit. Aber die Mehrheit muss Reaktionen einfordern", sagte Malchow. Die Polizei kontrolliere und schreite ein, "wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen" sei. Als Sanktion werde übrigens auch ein Führerscheinentzug erwogen. "Doch lassen sich mit polizeilichen Mitteln die Ursachen nicht bekämpfen", stellte Malchow klar. Da könnte es sich der Polizeichef durchaus vorstellen, dass die Geislinger Sozialarbeiter an kritischen Tagen und Nächten auch mal die Brennpunkte aufsuchen.

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Unfälle und Kriminalität: Zahlen für den Raum Geislingen

GWZ 03.05.2010

Straßenverkehr

in Geislingen 2009:

  • Im dritten Jahr in Folge sinkt die Zahl der Verkehrsunfälle, von 753 im Jahr 2007 auf zuletzt 676
  • Verletzte: 98 (2008: 120), davon 26 Schwerverletzte: 11 Zweiradfahrer, 5 Radler, 4 Fußgänger; kein tödlicher Unfall
  • 141 Unfallflucht (- 12), 44 aufgeklärt
  • 73 Fehlalarme (64)
  • 222 Familien- und Nachbarschaftstreit (278)
  • 322 Ruhestörung (351)

Kriminalität
  • Sprunghafte statistische Zunahme um 1776 auf 3279 – wegen eines Täters, der 1940 Internetbetrügereien begangen hat
  • Diebstahl 432 (- 55)
  • Rohheitsdelikt 206 (+ 37 = 22 %)
  • Sachbeschädigung 186 (- 31)Drogendelikte 22 (- 24)
  • Aufklärungsquote (bereinigt): 64,8 %
  • Tatverdächtige
  • 651 Tatverdächtige (- 114)
  • Alter: 24 Kinder (- 52); 59 Jugendliche (14 – 17 Jahre) (- 51); 86 Heranwachsende (18 – 20 Jahre ) (- 2); 462 Erwachsene (- 9)Nationalität (Pass): 450 Deutsche (69 %); 201 Ausländer (31 %)

Aggressionsdelikte
  • speziell Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung, Provokation
  • 67 Delikte
  • 116 Tatverdächtige: 36 Ausländer; 78 Deutsche, davon 30 mit Migrationshintergrund
  • 84 % der Tatverdächtigen jünger als 30 Jahre; 59 % jünger als 21 Jahre
  • 75 % der Tatverdächtigen polizeibekannt durch durchschnittlich über sechs Ermittlungsverfahren
  • 85 Opfer, darunter 48 Erwachsene; aber 81 % unter 30 Jahre

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