03 Göppinger Tafelrunde Grüne Gentechnik

„Nicht in die Schöpfung Gottes eingreifen“

Autor: RÜDIGER GRAMSCH | NWZ 03.05.2010

Göppingen.  "Der Mensch darf nicht in die Schöpfung Gottes eingreifen." Der Appell von Brauer Ulrich Kumpf bestimmte die 1. Göppinger Tafelrunde, die über den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft diskutierte.

Wer einen fein gedeckten Tisch zur 1. Göppinger Tafelrunde im Alten E-Werk erwartet hatte, der sah sich getäuscht. Die Gemeinschaftsveranstaltung von Volkshochschule und NWZ in Kooperation mit dem Kreislandfrauenverband entpuppte sich als Diskussionsrunde im herkömmlichen Sinne. Dafür war das von Ulrike Schleicher (SÜDWEST PRESSE) moderierte Podium hochkarätig besetzt. Allerdings zeigte sich schnell, dass alle Diskutanten den Einsatz der Gentechnik ablehnen. Nur Kreisbauernchef Hermann Färber wollte diese neue Technik nicht von vornherein verteufeln, könnte sie doch für seine Berufskollegen die Chance auf mehr Geld in der Kasse bieten.

Dieses Argument wollten die übrigen Teilnehmer aber nicht gelten lassen. Vor allem der frühere Grünen-Politiker und bekennende Feinschmecker Rezzo Schlauch warf Färber vor, seinen Berufsstand den Konzernen auszuliefern, die später nicht nur die Preise diktieren, sondern auch bestimmen würden, was der einzelne Bauer auf seinem Feld anzupflanzen habe. Färber hielt dagegen, dass ohne technischen Fortschritt und Entwicklung in der Pflanzenzucht die Bauern die heute erwartete Qualität nicht liefern könnten. "Das, was wir in den 50er oder 70er Jahren produziert haben, würde uns heute keiner mehr abkaufen", so Färber und beklagte zugleich die geringen Verkaufserlöse fürs Korn.

Der Gentechnik-Kritiker, Tierarzt und frühere Greenpeace-Aktivist Dr. Christoph Then, zeichnete ein wüstes Bild von der gendurchzogenen amerikanischen Landwirtschaft. Durch die intensive Nutzung der Felder mit dem Anbau von genverändertem Mais oder Soja sei inzwischen der Einsatz von Spritzmitteln um ein Vielfaches höher und die Böden kaputt. Die Hoffnung, durch die Gentechnik die Erträge langfristig zu erhöhen, habe sich nicht erfüllt. Dafür seien die Bauern beim Kauf des Saatgutes heute abhängig von einem Konzern, der das Geschäft in den USA kontrolliere.

Dr. Jürgen Hampel von der Universität Stuttgart verwies darauf, dass es in keinem europäischen Land derzeit eine Mehrheit für Agro-Gentechnik gebe. Dies vor allem deshalb, weil das Risiko nicht abzuschätzen sein. Das klare Nein der Verbraucher mache es auch früh Handelsketten unmöglich, genveränderte Produkte in die Regale zu bringen. Die Politik forderte Hampel dazu auf, eine klare Kennzeichnungspflicht für gentechnisch-veränderte Lebensmittel einzuführen.

Dass man keine genveränderten Pflanzen in der Landwirtschaft benötige, machte Klaus Freidler deutlich. Der Inhaber und Geschäftsführer des Nudelproduzenten "Alb-Gold" aus Trochtelfingen, zeigte am Beispiel seines Familienbetriebes auf, wie Landwirtschaft auch ohne den Einsatz von Gentechnik auskomme. In seinem Unternehmen würden zum großen Teil Produkte aus konventionellem Anbau verwendet, erklärte Klaus Freidler, ebenso aus biologischem Anbau. Das Unternehmen verwende Produkte aus der Region, deren Herstellung auch zurückverfolgt werden könne.

Ein klares Bekenntnis zur Regionalität hatte vor der Diskussionsrunde schon der Geislinger Bierbrauer Ulrich Kumpf abgelegt und auf die schon vor 24 Jahren gegründete Erzeugergemeinschaft Braugerste hingewiesen. Er warnte vor dem Einsatz der Gentechnik: "Der Mensch darf nicht in die Schöpfung Gottes eingreifen". Karin Stolz von der Boller Saftkelterei wies auf die Chancen hin, die sich durch die Produktion von Säften aus Früchten von den Streuobstwiesen ergeben. Für solche Produkte sei der Verbraucher auch bereit mehr zu zahlen. Davon würden auch die Obstbauern profitieren, denen man dann höhere Preise bezahlen könne.

Im Anschluss an die Diskussion wurde dann doch noch getafelt. Die Kreislandfrauen tischten den gut 60 Besuchern leckere Versucherle auf, zubereitet mit Zutaten aus dem Hause "Alb-Gold".

Für Volkshochschul-Chef Wolfgang Merkle war die 1. Göppinger Tafelrunde eine konsequente Fortsetzung seiner Bemühungen, die Menschen für den Wert der Ernährung zu sensibilisieren und regionale Produkte zu fördern. In diesem Zusammenhang erinnerte Merkle auch an den von der VHS angebotenen Kurs "Obstler" zur Ausbildung als Streuobstwiesen-Experte.

Die nächste Göppinger Tafelrunde soll es im kommenden Jahr in Verbindung mit dem ersten "Göppinger Herbst" im Stauferpark geben.

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