05 Göppingen Biomassekessel im Stauferpark

Fernöstliche Gräser wärmen den Stauferpark

Autor: Eberhard Wein | StZ 05.05.2010

Göppingen Die Stadtwerke nehmen einen Biomassekessel in Betrieb. Landwirte aus Lerchenberg liefern den Brennstoff.
  
Im Göppinger Stauferpark gewinnt das Wort Fernwärme eine ganz neue Bedeutung. Dort ist gestern ein neuartiger Biomassekessel in Betrieb gegangen, der mit einem Brennstoff befeuert wird, der aus dem fernen Osten stammt. Chinaschilf heißt das Gras, das zusammen mit Holzhackschnitzeln in den Ofen geht. Es muss allerdings nicht aus China, Japan oder Korea eingeführt werden, sondern wächst ganz in der Nähe: auf den Feldern nordöstlich von Bartenbach.
  
Nun ja, ein wenig komisch sähen die Äcker schon aus, räumt Markus Bidlingmaier ein. Vor drei Jahren hat der Landwirt aus dem Göppinger Weiler Lerchenberg damit begonnen, das Chinaschilf anzubauen. Bis dahin standen auf seinen Feldern Weizen, Gerste und Mais. Jetzt ragen mehr als zwei Meter hohe Halme in die Höhe. Einigen Spott hat er wegen seiner Wedelplantage über sich ergehen lassen müssen. Doch zum einen hat er seinen Kollegen Jürgen Minkmar als Mitstreiter. Zum anderen ist den beiden Landwirten der geringe Arbeitsaufwand wichtig. Beide bestellen ihre Felder im Nebenerwerb. Minkmar ist Biobauer und Schlosser, Bidlingmaier verdient sein Geld als Metzger. „Ich stand mit unserem Milchviehbetrieb vor großen Investitionen, das hätte sich nicht mehr gelohnt", sagt Bidlingmaier. Stattdessen wandte er sich zusammen mit Minkmar an die Göppinger Stadtwerke. Ob es nicht möglich wäre, im Bereich regenerativer Energien miteinander ins Geschäft zu kommen, fragten die beiden Landwirte und fungierten damit als Ideengeber.
  
Auch beim Chinaschilf mussten Bidlingmaier und Minkmar in Vorleistung gehen. „Das Anpflanzen war viel Arbeit", sagt Bidlingmaier. Um die Knollen der fernöstlichen Pflanze in die Erde zu treiben, mussten die Bauern eigens ein Kartoffellegegerät umbauen. Jetzt aber haben sie weitgehend Ruhe. Einmal im Jahr wird abgeerntet. Ansonsten können sie die Pflanzen 15 bis 20 Jahre lang sich selbst überlassen.
  
Die Abnahme ist durch einen Vertrag mit den Stadtwerken Göppingen geregelt. 800 Tonnen können in dem neuen Kessel jährlich verfeuert werden, 400 Tonnen liefern die beiden Landwirte, die mittlerweile 15 Hektar – das sind etwa 25 Fußballfelder – mit Chinaschilf bepflanzt haben. „Wir hoffen, dass sich weitere Partner in der Umgebung finden", sagt der Werkleiter der Stadtwerke, Martin Bernhart. Kunden gibt es im Stauferpark genug. Vor 18 Jahren war das Wohn- und Gewerbegebiet auf dem ehemaligen US-Militärgelände Cooke Barracks entstanden. Allein 130 Gewerbeeinheiten, dazu zahlreiche Wohnblocks, sind an die zentrale Fernwärmeversorgung angeschlossen, die auch durch ein Gas-Blockheizkraftwerk gewährleistet wird.
  
Mehr als 500 000 Euro haben die Stadtwerke in den neuen Biomassekessel investiert. 100 000 Euro steuerte das baden-württembergische Wirtschaftsministerium bei. Die Göppinger Stadtwerke seien ein Vorbild im Bereich der Nutzung regenerativer Energie, sagt der Ministerialdirigent Karl Greißing. Der neue Biomassekessel spart jährlich 800 Tonnen klimaschädliches CO2. Durch den Einbau einer aufwendigen Rauchgasreinigung werden auch die Staubemissionen gering gehalten.
  

  

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