06 Göppingen: Einkaufscenter

„Ich hoffe, dass Sonae Sierra nicht abspringt“

Fragen: EBERHARD WEIN | StZ 06.05.2010


Göppingen Das Einkaufszentrum soll zwar am Bahnhof entstehen, für den Fall eines Falles hat Oberbürgermeister Till aber einen Plan B.


Bei der Debatte über den Standort für ein Einkaufscenter in Göppingen ist der Oberbürgermeister Guido Till (parteilos) unterlegen. Trotzdem möchte er sich jetzt mit Elan an die Arbeit machen, auch wenn er an der Umsetzbarkeit des Gemeinderatsbeschlusses weiter zweifelt.

Herr Till, wie es aussieht, werden Sie in Ihrer zweiten Amtszeit ein Einkaufszentrum eröffnen dürfen. Freuen Sie sich darauf?
Sehr, vorausgesetzt, ich schaffe im Jahr 2013 die Wiederwahl. Die Frage ist aber, ob die Einweihung am Anfang oder am Ende der Legislaturperiode sein wird. Es sollte natürlich am Anfang sein. Wir haben aber eine Mehrheitsentscheidung des Gemeinderats zugunsten des Bahnhofs und damit zulasten der Bleichstraße. Der Entwickler MFI hat gesagt, dass er im Herbst 2014 die Eröffnung vorsieht, wie dies ja auch in der Bleichstraße der Fall gewesen wäre. Das heißt, wir müssen uns jetzt hinsetzen, einen Zeitplan aufstellen und von 2014 nach vorne rechnen, um zu sehen, welche Aufgaben nun erledigt werden müssen.

Sie sind mit Ihrem Kampf für die Bleichstraße unterlegen. Sind Sie enttäuscht?
In den fünf Jahren meiner Amtszeit war es meine gründlichste und am ausführlichsten begründete Vorlage. Meine Leute waren top, und trotzdem haben wir das Spiel verloren. Wir haben alles gesagt, was wir sagen mussten, aber wir haben nicht die nötige Resonanz gefunden. Es war auch anstrengend. Es ist so ein Gefühl, erschöpft zu sein, aber wir sind nicht frustriert. Die Verwaltung ist wie eine Eins dagestanden. Ich bin sehr stolz auf meine Leute. Wir werden natürlich auch in dieser Qualität den Standort Bahnhof bearbeiten.

Fehlt es Ihnen jetzt nicht an Motivation?
Die Motivation ist sehr groß. Ich bin ja nicht als Oberbürgermeister für eine Straße oder ein Stadtviertel angetreten, sondern ich sehe das Große und Ganze. Um mit den anderen Großen Kreisstädten in der Kernregion Stuttgart mithalten zu können und unserer Position als Mittelzentrum auf der Achse Stuttgart-Ulm gerecht werden zu können, brauchen wir ein Einkaufszentrum. Wir brauchen Flächen für Filialisten, denen wir im Augenblick nichts anbieten können. Ich sage allerdings ganz deutlich: Ich hoffe wirklich, dass Sonae Sierra nicht abspringt, sondern dass sie den Verlauf der Entwicklung am Bahnhof abwartet.

Also ein Plan B?
Es gibt einiges zu klären, zum Beispiel mit der Region. Die MFI plant am Bahnhof mit 20 000 Quadratmeter Verkaufsfläche. In der Bleichstraße wären es 9000 gewesen. Da hat die Region gesagt, dass es in Ordnung ist. Zum Bahnhof hat sie sich aber noch nicht geäußert, weil keine offizielle Anfrage der MFI vorliegt. Wenn wir kein grünes Licht bekommen, haben wir eine neue Situation. Zweitens müssen wir uns blitzartig mit der MFI hinsetzen und über die Infrastrukturkosten reden.

Also unter anderem über die Kosten für die Verlegung des Busbahnhofs und der Bahnhofstraße . . .
Richtig. MFI rechnet mit vier Millionen Euro und will davon 80 Prozent übernehmen. Wir sind bei zehn Millionen und wollen davon 80 Prozent haben. Da gibt es Differenzen, die ausgeräumt werden müssen.

Muss man nicht befürchten, dass beide Entwickler ihre Vorhaben realisieren?
Nein. Wir reden hier von Investitionen von 150 Millionen Euro. Die müssen Sie erst einmal finanzieren. Die Geldgeber werden da kein Risiko eingehen. Zwei Einkaufszentren hießen zusätzlich 29 000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Mir ist Göppingen ja in den vergangenen fünf Jahren wirklich ans Herz gewachsen, und ich möchte hier noch lange leben und wirken, aber da überschätzen wir Göppingen.

Aber Sonae Sierra könnte Fakten schaffen und auf der Grundlage des geltenden Bebauungsplans in der Bleichstraße bauen.
Nein, ich habe mit Sonae Sierra gesprochen und darum gebeten, die Bauvoranfrage zurückzunehmen. Damit haben wir auch ein wenig Entspannung. Wir müssen da jetzt auch keine Verhinderungsmaßnahmen ergreifen, sondern wir können ganz in Ruhe den Bahnhof entwickeln.

Das macht Sonae Sierra einfach so?
Ich habe Sonae Sierra als sehr vernünftig erlebt. Die Dinge, die sie uns bisher vorgelegt haben, machen einen sehr vernünftigen und professionellen Eindruck.

Wann wissen wir, ob das Center kommt?
Sagen wir so: es wird ein transparentes Verfahren geben, und die Öffentlichkeit wird jeden kleinen Schritt mitbekommen.

Die Fragen stellte Eberhard Wein.

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