17 Göppingen: Linke-Stadtrat Stähle

Steht auf, wenn der Linke redet

Autor: EBERHARD WEIN | StZ 17.05.2010



Göppingen Wie hältst du es mit der Linkspartei? Darum geht es zurzeit in Nordrhein-Westfalen. Im Göppinger Gemeinderat ist diese Frage schon seit einem Jahr ein Dauerbrenner.

Ob sich da eine innige Brieffreundschaft entwickelt hat? Kaum eine Woche vergeht, in der sich der Göppinger Linken-Stadtrat Christian Stähle nicht mit einem Schreiben an den Stuttgarter Regierungspräsidenten Johannes Schmalzl (FDP) wendet. Jetzt hat Stähle – aus seiner Sicht – eine neue Sauerei aufgedeckt und wieder einmal die Stadt bei der Aufsichtsbehörde angeschwärzt.

Wie er beim Studium der Protokolle des Ältestenrats, dem er selbst nicht angehört, habe feststellen müssen, so Stähle, werde dieses kommunalpolitische Gremium dazu missbraucht, die Linke im Gemeinderat durch Absprachen politisch kaltzustellen. So sei der Vorschlag diskutiert worden, dass, sobald Stähle das Wort ergreife, alle anderen Fraktionen demonstrativ den Sitzungssaal verlassen sollten. Alternativ sei angeregt worden, dass niemand mehr auf seine Redebeiträge reagiere. „Diese Form der politischen Ausgrenzung", schreibt Stähle dem Regierungspräsidenten als Chef der Aufsichtsbehörde für die Kommunen, müsse unterbunden werden.

Zunächst könnte der Brief allerdings ein Anlass sein, dass im Ältestenrat erneut über den Umgang mit der Linkspartei diskutiert wird. Denn das Gremium, das den Oberbürgermeister unter anderem bei der Aufstellung der Tagesordnung berät, tagt nichtöffentlich. Es müsse geprüft werden, ob Stähle verbotenerweise Internes berichtet habe, sagt der OB Guido Till, wobei ihm die Veröffentlichung der Protokolle vielleicht ganz gelegen kommt. Bisher hatte es nämlich den Anschein gehabt, dass vor allem der OB ein Problem mit Stähle hat, der im vergangenen Juni als einziger Vertreter der Linkspartei erstmals knapp in den Göppinger Gemeinderat gerutscht war. „Es gibt keinen Konflikt zwischen Stähle und Till, sondern nur einen Konflikt Stähle gegen den Rest der Welt", sagt der parteilose OB.

Allerdings gibt es Abstufungen. So ist es offenbar vor allem der SPD-Fraktionschef Eberhard Frick, der sich ein konzertiertes Vorgehen wünscht. Durchsetzen konnte er sich nicht. „Eine Zusammenarbeit mit Herrn Stähle will ja praktisch niemand", sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Rolf Daferner. Geschlossen den Saal zu verlassen, nur weil der Linken-Stadtrat wieder zu einem polemischen Monolog ansetze, gehe ihm aber zu weit. Der CDU würde vermutlich sogar etwas fehlen. So nutzt ihr Fraktionschef Felix Gerber die Auseinandersetzung mit dem Linken gerne zur Schärfung des eigenen Profils und hat die Lacher auf seiner Seite. Als „Robin Hood des Stauferwaldes" verspottete er Stähle jüngst.

Der Grünen-Fraktionssprecher Christoph Weber ist die Diskussionen über die Linkspartei inzwischen leid. Fast bei jeder Ältestenratsitzung spiele sie eine Rolle. „Wir haben unnötig viel Zeit gebraucht, um zu überlegen, wie wir Herrn Stähle integrieren." So hatten die Grünen zusammen mit der Vereinigung Unabhängiger Bürger (VUB) bei der Verteilung der Ausschusssitze zu Beginn der Legislaturperiode eine Zählgemeinschaft gebildet, in die sie auch den Linken aufnahmen, der dadurch als fraktionsloser Stadtrat in den Sozialausschuss einrückte. „Herr Stähle wird nicht isoliert", sagt Weber.

Als Beispiel dafür, dass die Zusammenarbeit mit der Linkspartei auf kommunaler Ebene längst funktioniere, möchte der VUB-Chef Wolfram Feifel dies aber nicht verstanden wissen. „Wenn alle so arbeiten wie Stähle, dann ist die Linkspartei bestimmt nicht koalitionsfähig", sagt er mit Blick auf die Regierungsbildung in Nordrhein-Westfalen. Übrigens würde Stähle gerne im nächsten Jahr für die Linkspartei selbst in den baden-württembergischen Landtag einziehen. Viele sehen darin den Grund für seine ständigen Scharmützel. „Er muss sich gegenüber seinem Landesverband profilieren", sagt Feifel. Da habe er wohl einen schweren Stand, meint Gerber. Als Theologe sei Stähle bei der Linkspartei nämlich eine ähnliche Minderheit wie die Lesbisch-Schwule Union bei seiner CDU.

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