20 Göppingen: EWS-Arena

Bremsspuren im Rathaus

Betreiber der EWS-Arena fühlen sich von Stadtverwaltung im Stich gelassen 

Autor: HELGE THIELE | NWZ 20.05.2010




Auch zehn Monate nach Einweihung der EWS-Arena lässt sich die Stadt alle Zeit der Welt, Mängel in der Halle zu beheben. Schuld daran ist der Zwist zwischen OB Guido Till und Baudezernent Olav Brinker.

Göppingen. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Göppinger Oberbürgermeister Guido Till und Baudezernent Olav Brinker hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Zum ersten Mal lässt sich an einem konkreten Beispiel nachweisen, dass wichtige Entscheidungen im Rathaus wegen des Dauerzwists zwischen Till und Brinker bewusst verzögert werden. Machtpolitik statt Sachpolitik, zum Entsetzen der Betroffenen, die auf Beschlüsse warten und sich darüber wundern, warum der Gemeinderat nicht handelt. Allein: Die Stadträte können nicht ohne weiteres handeln, wenn die Verwaltung ein Thema nicht auf die Tagesordnung setzt. Im vorliegenden Fall geht es um die Verbesserung der nach wie vor lausigen Akustik in der für rund 18 Millionen Euro ausgebauten EWS-Arena. Die Betriebsgesellschaft mit Geschäftsführer Andreas Schweickert an ihrer Spitze wartet seit Monaten darauf, dass die Stadt als Eigentümerin zur Tat schreitet. Denn um neue Veranstalter zu gewinnen, muss der Raumklang stimmen. Tut er aber nicht.

Im August 2009, wenige Wochen nach der feierlichen Einweihung der Arena, ließ die Stadt die Öffentlichkeit per Pressemitteilung wissen: „Die akustischen Probleme in der neuen EWS-Arena sind von der Stadtverwaltung erkannt und sollen schnellstmöglich abgestellt werden.“ Die Experten im Technischen Rathaus waren schon während des Hallenausbaus über die Schwierigkeiten mit der Akustik im Bilde. Doch weil die Kosten des Arena-Projekts immer mehr aus dem Ruder liefen, verzichtete die Verwaltung auf eine technische Nachrüstung.

Inzwischen ist man im Göppinger Rathaus schlauer, nicht zuletzt, weil auch zwei Gutachter, die von der Stadt eingeschaltet wurden, dazu raten, das Versäumte nachzuholen. Die Hochbauverwaltung erstellte eine Beschlussvorlage für den Gemeinderat – doch dort ist sie nie angekommen. Stattdessen wanderte das Papier vom zuständigen Baubürgermeister zum Oberbürgermeister und von dessen Büro zurück zum Baubürgermeister.

Das an sich ist noch nichts Außergewöhnliches, im konkreten Fall allerdings schon. Denn Baudezernent Brinker hatte sich geweigert, die Vorlage abzuzeichnen. Im Gegensatz zu seinen Mitarbeitern vertritt Brinker die Meinung, dass die Maßnahmen zur Verbesserung der Akustik nicht erforderlich sind und die ohnehin klamme Stadt sich die Kosten von 150 000 Euro gut sparen könne – genauso wie die 100 000 Euro für Warmluftschleier im zugigen Eingangsbereich der Arena.

OB Till ist genau entgegengesetzter Ansicht, verweist auf die Gutachten und sagt: „Die Vorlage aus dem Hochbauamt ist inhaltlich voll akzeptabel. Wir müssen da etwas tun.“ Doch Till tut eins nicht: die Vorlage unterschreiben, damit der Gemeinderat über sie abstimmen kann. Stattdessen schickt Till das Papier wieder zurück ins Baudezernat. Begründung: Wenn Brinker die Beschlussvorlage nicht abzeichne, könne auch er als OB sie nicht unterzeichnen. „Mitzeichnungsverfahren“, heißt das im Göppinger Rathaus auf Bürokratendeutsch.

Während Andreas Schweickert, Chef der EWS Arena Betriebsgesellschaft, immer unruhiger wird und sich Besucher in der Halle fragen, wie lange es wohl noch dauern wird, bis die Akustik stimmt, ist im Rathaus guter Rat teuer. Vor allem für die Fachleute im Hochbauamt lautet die knifflige Frage: Wie hievt man eine längst fertige Vorlage ins Stadtparlament, ohne dass Till und Brinker diese abwechselnd blockieren? Indem man eine neue schreibt? Eine mit anderem Tenor? Während Baudezernent Brinker mit seinem inhaltlich begründeten Nein auch ein Exempel im Endlos-Clinch mit Till statuieren will und diesem nun vorwirft, die Sache „absichtlich kompliziert zu machen“, fordert Till Brinker auf, mehr Verantwortung zu übernehmen. Der OB lässt aber zugleich indirekt – auf Wunsch auch direkter – durchblicken, dass er Brinker für überfordert hält. Das sind inzwischen auch viele Mitarbeiter im Rathaus – zumindest, wenn es darum geht, beim Till-Brinker-Ping-Pong den Überblick zu behalten.

Den gordischen Knoten zerschlagen könnte heute Nachmittag der Ältestenrat des Gemeinderats. Das Gremium ist kein Rat der Druiden, doch die Spitzenvertreter der Fraktionen sollen nun entscheiden, wie es mit der „Wandervorlage“ weitergeht. Die Vernunft seiner Mitglieder spricht dafür, dass der Ältestenrat zumindest dafür plädieren wird, die Vorlage endlich in den Gemeinderat einzubringen. Nur so könnte unter die leidigen Akustikprobleme in der EWS-Arena knapp ein Jahr nach deren Einweihung ein Schlussstrich gezogen werden. Die Alternative wäre, auf eine Nachrüstung zu verzichten – mit allen unwägbaren Folgen für die Vermarktung der Arena.

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