26 Geislingen: Ökostrom

Ökostrom im Aufwind

Vor der Gesetzesänderung noch ein Boom bei Fotovoltaik

Autor: MANFRED BOMM | GZ 26.05.2010





Sonne, Wind – und geringer Strombedarf. Am Pfingstmontag haben im Netzbereich des Albwerks die regenerativen Energien nahezu ausgereicht, um den Strombedarf zu decken. Ökostrom boomt.


Geislingen. Ein Flug über die Alb macht’s deutlich: Im ländlichen Bereich funkeln immer mehr große Dachflächen bläulich. Fotovoltaik boomt – und überall auf den Anhöhen drehen sich Windkrafträder. Hätte der Wind am Pfingstmontag noch kräftiger geblasen (bei der Wetterwarte Stötten wurden maximal 33 km/h erreicht), wäre der gesamte Strombedarf fürs Albwerk-Netzgebiet aus regenerativen Energien gekommen. Dass südwestlich geneigte Dächer vielerorts bis zum letzten Quadratmeter mit Fotovoltaik verbaut wurden, ist auf den finanziellen Anreiz zurückzuführen. Für jedes Kilowatt, das ins öffentliche Netz eingespeist wird, garantiert der Staat bei Anlagen bis zu einer Spitzenleistung von 30 kW einen Preis von 39,14 Cent – noch. Ein Gesetzentwurf sieht jedoch vor, dass sich dies für Anlagen, die nach dem 1. Juli in Betrieb gehen, drastisch verändert. Vorgesehen ist, die gesetzlich garantierte Vergütung dann auf 32,88 Cent zurückzufahren.

Werden die Fotovoltaik-Module nicht auf Dächern installiert, soll sogar noch weniger Subvention fließen. Galt bei Anlagen auf Freiflächen bisher eine einheitliche Vergütung von 28,43 Cent pro KW, so ist nun geplant, dies aufzuteilen: Bei gewerblichen oder militärischen Brachflächen sollen nur noch 25,3 Cent bezahlt werden, bei „sonstigen Freiflächen“ lediglich 24,16 Cent – und auf Ackerflächen gibts überhaupt nichts mehr.

Damit freilich wäre der große „Fotovoltaik-Park“, wie ihn das Graf Degenfeld’sche Haus auf Ackerland beim Christophshof unweit von Waldhausen geplant hat, bereits gestorben. Denn ob sich die Anlage hingegen bei einer lediglich reduzierten kW-Vergütung noch rechnen würde, müsse zunächst betriebswirtschaftlich geprüft werden, sagt Dietherr Fülle als Vertreter der Degenfelder. Bislang allerdings sei die „größte Hürde die Zustimmung des Regionalverbandes“ gewesen. Dort wolle man dem Vorhaben nur grünes Licht geben, wenn weitere Alternativ-Standorte geprüft seien.

Alle Anlagen, die aus regenerativen Quellen Strom produzieren, speisen ihre Energie ins öffentliche Netz ein. Die örtlichen Versorgungsunternehmen – im Großraum Geislingen das Albwerk – sind zur Aufnahme und Vergütung verpflichtet. Wird nicht die gesamte Energie im eigenen Netzbereich verbraucht, fließt sie – physikalisch gesehen – ins überörtliche Verbundnetz der EnBW.

Dieses Unternehmen, so erläutert Herbert Vöhringer vom Albwerk-Netzvertrieb, muss auch für die gesetzlich garantierten Vergütungen des gesamten Stroms aus regenerativen Energien aufkommen, sodass letztlich die Ökostrom-Aufwendungen nicht am örtlichen Versorgungsunternehmen hängen bleiben. Sicher aber am Endverbraucher: Denn die Kosten für die Subvention des Sonnenstroms – wie im Übrigen auch in ähnlicher Weise für Energie aus Wind und Wasser – werden auf alle Stromkunden deutschlandweit umgelegt: derzeit 2,047 Cent pro Kilowattstunde.

Die Abnahme-Verpflichtung von Öko-Strom führt dazu, dass an sonnigen und windigen Wochenenden, wenn die stromfressenden Maschinen in der Industrie still stehen, gar nicht so viel Energie verbraucht werden kann, wie vorhanden ist. Die Folge: An der Leipziger Strombörse fällt der Preis – bis hin, dass die Energie ins Ausland verschleudert und den dortigen Abnehmern sogar noch Geld dafür mitgegeben wird.

Weil Kohlekraftwerke nur mit erheblichem Kostenaufwand auf die Angebotsschwankungen reagieren können und dies bei der Kernkraft-Technologie noch schwieriger ist, bedarf es nach Angaben von Experten neuer Speichertechnologien.

Eine herkömmliche, aber landschaftsverbrauchende Methode sind Pumpspeicherwerke: Dort wird das Wasser mit überschüssigem Strom in die Stauseen hochgepumpt, um es bei Bedarf wieder talabwärts durch die Kraftwerks-Turbinen schießen zu lassen.

Neue Möglichkeiten eröffnet die Speichergasproduktion: Mit Strom lässt sich Wasser bekanntermaßen in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerlegen – und weil Wasserstoff mit Kohlendioxid zu Methan reagiert, wird synthetisches Erdgas gewonnen. Wie dies funktioniert, wird im Norden Brandenburg bei einem Windpark bereits praktiziert.

Mit dem weiteren Ausbau von Wind- und Solarenergie, wie er auch auf der Albhochfläche voranschreitet, wird nach Meinung von Experten eines immer wichtiger: Eine Technologie zum Speichern von Energie.

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