28 „Eislinger Erklärung“ Leserbrief Binder

Ein rechtsextremes Pamphlet

Autor: Manfred Binder; stellvertretender Kreisvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen | GZ 28.05.2010
Zu: „Wir stehen hinter der Erklärung“, 22.05.2010

Die „Eislinger Erklärung“ des Kreisverbands der Jungen Union ist keineswegs, wie behauptet, ein konservatives, sondern ein rechtsextremes Pamphlet, denn es steht in eklatantem Widerspruch zu den Grund- und Menschenrechten. Laut Grundgesetz, europäischem Recht und UN-Charta darf niemand benachteiligt oder bevorzugt werden wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder seiner sexuellen Ausrichtung. Aber ganz genau hinsichtlich dieser Kriterien identifizieren die Autoren der „Eislinger Erklärung“ eine „deutsche“ beziehungsweise „christliche Leitkultur“, die gegenüber anderen Kulturen von Staats wegen auf allen Ebenen gefördert und bevorzugt werden soll. Dies ist der Kern ihrer Position und steht so in diametralem Gegensatz zum Kern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Dass Frau Razavi das nicht weiß, erschreckt.

Und so fordert die „Eislinger Erklärung“ munter Einreisebeschränkungen für Muslime, einfach deshalb, weil sie Muslime sind („Eine weitere Zuwanderung besonders(!) von Muslimen… muss begrenzt und wenn möglich gestoppt werden.“). Die Religionsfreiheit wird mal eben ausgehebelt durch „eine konsequente Ablehnung muslimischer Elemente in der Öffentlichkeit“: Zur Religionsfreiheit gehört schließlich nicht nur die Freiheit zum versteckten Glauben, sondern auch zum öffentlichen Praktizieren und, wenn gewünscht, selbst zum Missionieren im Namen der jeweiligen Religion – was ja im Übrigen auch schon durch das Gebot der Meinungsfreiheit selbstverständlich sein sollte!

Die „Eislinger Erklärung“ muss man gelesen haben, man glaubt es sonst nicht: Ursula von der Leyen steht da beispielhaft für die marxistische Zerstörung der bürgerlichen Familie, und zwar allein deshalb, weil sie Krippenplätze und Gleichberechtigung von Mann und Frau (auf EU-Englisch „Gender Mainstreaming“) zu fördern versuchte. Bürgermeister werden dafür geschmäht, dass sie Grußworte nicht nur zu jedem Vereinsjubiläum und jedem Schützenfest, sondern auch zu Schwulenparaden abgeben. Und unseren Lehrern wird vorgeworfen, sie hinderten „Mädchen und Jungen daran, sich zu Frauen und Männern entwickeln zu dürfen“, denn wie „Frauen“ im Gegensatz zu „Männern“ zu sein und zu werden haben, dafür haben die JUler sehr genaue Vorstellungen. Andersgläubige, Schwule, arbeitende Mütter und nicht gebärende Frauen sollen zwar nicht verboten oder interniert, aber systematisch benachteiligt werden, und sie sollen brav die Klappe halten und aus dem Stadtbild verschwinden! Es mag durchaus Orte geben, an denen solcherart verkrüppelte „Freiheit“ und „Toleranz“ zur Leitkultur gehören: Deutschland, Europa gehört bis auf Weiteres nicht dazu. Oder wie sehen Sie das, Frau Razavi?

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