11 Eislinger Erklärung

Landtags-SPD greift CDU an

Streit um Eislinger Erklärung in Stuttgart – Kritiker fordern Distanzierung

Autor: JOA SCHMID, TOBIAS FLEGEL | NWZ 11.06.2010



Die Eislinger Erklärung sorgt nun auch im Stuttgarter Landtag für Wirbel. Die SPD hat gestern von der CDU-Spitze gefordert, dem rechtslastigen Papier der Jungen Union in Göppingen entgegenzutreten.

Kreis Göppingen/Stuttgart. Auch am Beispiel der umstrittenen Eislinger Erklärung hat die SPD im Landtag der CDU eine zu laxe Haltung zum Extremismus vorgeworfen. Der SPD-Abgeordnete Stefan Braun forderte gestern in der Plenardebatte von der CDU-Spitze, endlich dem rechtslastigen Papier der Jungen Union in Göppingen entgegenzutreten. „Weder der Ministerpräsident noch die örtliche CDU findet die Kraft, sich davon zu distanzieren“, kritisierte Braun laut einem Bericht der Deutschen Presse Agentur (dpa). In dem Strategiepapier wird unter anderem vor Überfremdung gewarnt und gegen homosexuelle Partnerschaften gewettert. Die Redner der CDU gingen auf die Kritik am JU-Papier jedoch mit keinem Wort ein. Lediglich der FDP-Abgeordnete Hagen Kluck nahm den CDU-Nachwuchs in Schutz und stufte deren Äußerungen als „Jugendsünde“ ein: „Wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz. Wer es mit 30 noch immer ist, hat keinen Verstand. Das Gleiche wollen wir auch auf die Buben von der JU angewendet wissen. Damit muss sich Frau Bube nicht beschäftigen.“ Beate Bube ist die Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg.

Nach heftiger Kritik an dem Strategiepapier der Göppinger Jungen Union (JU) hatte sich Ministerpräsident und CDU-Chef Stefan Mappus, wie im überregionalen Teil unserer Zeitung berichtet, bereits am vergangenen Dienstag in die Debatte eingeschaltet. Zu der Aufforderung des Filderstädter CDU-Stadtrats Ralf Berti, Mappus müsse sich positionieren, sagte der Regierungschef: „Ich werde nicht über jedes Stöckchen hüpfen, das mir jemand hinhält.“ Berti hält die Sache allerdings für zu wichtig, um sie zu bagatellisieren: „Aus dem Stöckchen kann leicht eine Deutsche Eiche werden“, warnt er.

Die Landtagsabgeordnete Nicole Razavi betrachtet die Diskussion als „Theaterdonner“ der Opposition. „Ich halte es für bedenklich, die Junge Union in die rechte Ecke zu stellen“, sagte sie der Deutschen Presse Agentur. Eine Arbeitsgruppe der Jungen Union des Kreisverbands Göppingen habe lediglich ein „Diskussionspapier“ eingebracht. „Wir sind eine Volkspartei. Wir lassen eine Diskussion über konträre Themen nicht nur zu. Wir brauchen sie auch.“

Diesen Zweck habe die Eislinger Erklärung erfüllt. Wichtig sei, dass die jungen Leute Zukunftsfragen stellen. Eine weitere Diskussion über das Papier findet die Landtagsabgeordnete unnötig: „Es ist alles gesagt worden – die Sache ist erledigt“. Die CDU im Kreis Göppingen habe der Jungen Union signalisiert, welche Forderungen falsch sind.

Für den CDU-Stadtrat Berti ist der Parteinachwuchs jedoch über sein Ziel hinausgeschossen. „Die Junge Union hat auch die Aufgabe, die Botschaften der Mutterpartei zu transportieren“, sagte er. Es sei nicht konservativ, was die JU fordere, sondern rechtslastiges Gedankengut. Damit könne er sich in keiner Weise anfreunden: „Wenn man das Papier von vorne bis hinten durchliest, wird einem schlecht.“ Deshalb wolle er von Mappus wisssen, wie die CDU im Südwesten zu dem Papier stehe. „Als Mitglied habe ich ein Recht darauf, das vor der Landtagswahl zu erfahren,“ sagte er. Falls sich Ministerpräsident Stefan Mappus nicht von dem Papier distanziert, will Berti aus der Partei austreten.

Die Göppinger Junge Union hatte das „Analyse- und Strategiepapier zur konservativen Erneuerung der CDU/CSU“ schon vor einigen Wochen veröffentlicht. Seitdem wird über die so genannte Eislinger Erklärung kontrovers diskutiert. Darin heißt es unter anderem: „Die Folgen der Überfremdung sind inzwischen stark spürbar. Sie kosten die Gesellschaft nicht nur Milliarden, sondern sie gefährden auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt, das Miteinander, die Sicherheit und letztendlich auch den Wohlstand sowie unsere Werteordnung.“

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