19 Proteste im Kreis gegen Sparpaket der Bundesregierung

Massive Kritik an Regierung

Kirchen, Wohlfahrtsverbände, SPD und Grüne lehnen Sparbeschlüsse ab

Autor: hel | NWZ 19.06.2010




Das von der Bundesrierung verkündete Sparpaket stößt auch im Kreis Göppingen auf massive Kritik. Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Parteien haben diese Woche deutliche Worte gefunden.


Kreis Göppingen. „Mit der Kürzung der Heizkostenpauschale nimmt die soziale Kälte weiter zu.“ Lisa Kappes-Sassano, Regionalleiterin der Caritas Region Fils-Neckar-Alb, bringt auf den Punkt, was Vertreter von Caritas, Diakonie und der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) in Göppingen diskutieren, seit die Bundesregierung ihr geplantes Sparpaket verkündet hat.

Die Vertreter der kirchlichen Verbände sind enttäuscht, dass es nicht gelungen sei, die notwendigen Einsparungen sozial gerecht vorzunehmen. Die Liga der Freien Wohlfahrtsverbände, der im Landkreis das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Paritätische angehören, teilt die Enttäuschung und äußert sich besorgt. „Eine gerechte Verteilung der Lasten auf alle Bevölkerungsgruppen ist entscheidend für die Akzeptanz der Maßnahmen zur Sanierung der Staatsfinanzen“, betont Alexander Sparhuber, Vorsitzender der Liga. Bislang jedoch sei eine deutliche Konzentration der Sparmaßnahmen bei den sozial Schwächeren festzustellen.

„Die Sparbeschlüsse der Bundesregierung werden sich in drastischer Weise auf viele Bürgerinnen und Bürger im Landkreis auswirken.“ Frieder Kauderer, Geschäftsführer des Diakonischen Werks in Göppingen, und Sabine Stövhase, Leiterin des Caritaszentrums, weisen auf die vermehrten Betriebsschließungen vor Ort im vergangenen Jahr hin. Göppingen sei einer der Bezirke in Deutschland mit den meisten Kurzarbeitenden. „Viele werden nach Auslaufen der Kurzarbeit ohne eigenes Zutun arbeitslos“, bekräftigt Akos Csernai-Weimer, Regionalsekretär der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Hohenstaufen (KAB). Ebenso wie der Wegfall des Übergangsgelds zwischen Arbeitslosengeld I und Hartz IV werde sich auch die Kürzung der Elterngeldpauschale dramatisch auswirken. In Göppingen lebten derzeit 3000 Kinder unter 15 von Hartz IV. Kinder, junge Familien und Alleinerziehende seien überproportional von Armut bedroht, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung der Verbände. Über die Einsparung der Rentenversicherungsbeiträge für Hartz IV – Empfänger werde die Altersarmut deutlich anwachsen – die Kosten dafür würden auf die Grundsicherung und somit auf den Landkreis verlagert, so die Kritik.

Die Kürzung der Heizkostenpauschale treffe besonders jene, die in billigen Wohnungen unterkommen müssten, die unzureichend gedämmt seien und übermäßige Heizkosten verursachten. Durch die Senkung der Ausgaben für eingliedernde Maßnahmen wird Arbeitslosigkeit zementiert, würden Menschen und deren Zukunft aufgegeben. Darüber hinaus würden die Kosten der Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit und der sogenannten „Jugendproblematik“ zu Lasten der Kommunen gehen.

„Wenn es für alle nicht mehr reicht, müssen die Armen ran“", zitiert Frieder Kauderer Ernst Bloch. Mitarbeitende aus unterschiedlichen Beratungsstellen und Kirchenvertreter beider Konfessionen berichteten von bedrückenden Notlagen in der Göppinger Bürgerschaft. „Der oft pauschal beschriebene Hartz IV-Empfänger hat ein Gesicht, eine Geschichte, er lebt mitten unter uns.“ Sabine Stövhase weist auch auf einen anderen Trend hin: „Uns erreicht eine große Bereitschaft in der gesamten Bevölkerung, sich an dem Kraftakt der Einsparungen zu beteiligen.“ Viele Besserverdienende seien bereit, mehr Steuern zu bezahlen, von ihrem Wohlhaben abzugeben, auch die Spendenbereitschaft in der Mittelschicht sei groß, hat Sabine Stövhase festgestellt.

„Nach Kräften“ wollen Kirchen und Wohlfahrtsverbände im Kreis weiter daran arbeiten, „dass Armut nicht ungesehen, nicht ungehört bleibt und die schlimmsten Folgen, gerade für Kinder, wenigstens teilweise abgefedert werden“. Das „Montagsgebet“ als Solidaritätsbekundung gehöre ebenso dazu wie Familientreffs, Schulranzenprojekte, die Aktion Rückenwind und vieles mehr. Auch die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD (AfA) der Region hat die Sparbeschlüsse der CDU/FDP-Bundesregierung scharf kritisiert. „Die Beschlüsse sind, wie zu befürchten war, sozial völlig unausgewogen“, heißt es in einer Pressemitteilung. In der Streichung des Elterngelds sieht die Afa einen „skandalösen Klassenkampf von oben“. Bluten müssten jetzt vor allem Arbeitslose und Familien mit Kindern. Bei der Hauptversammlung der Afa in Stuttgart wurden Harald Kraus (Eislingen) als Pressesprecher und Klaus-Peter Grüner (Göppingen) als Kreisverbandsvertreter in den Regionalvorstand der Afa gewählt.

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Kreisgrüne: „Das Sparpaket ist unsolide und mutlos“

Der Vorstand der Grünen im Kreis hat das Sparpaket der schwarz-gelben Koalition als „unsolide und mutlos“ bezeichnet. Vermögende würden nicht adäquat zur Finanzierung der Krise herangezogen und ökologisch schädliche Subventionen nicht ausreichend abgebaut, kritisiert der Kreisvorsitzende der Grünen, Walter Kißling, in einer Pressemitteilung.

Die Vertreter der Grünen Jugend, Tanja Stukelj und Uwe Langenmayr kritisierten „die fehlende Generationengerechtigkeit“. Ohne Heranziehung der Vermögenden werde die junge Generation die heutige Schuldenlast zu tragen haben. Der Spitzensteuersatz müsse nach oben, außerdem sprechen sich die Jungpolitiker für eine Vermögensabgabe aus.

Das Sparpaket der Bundesregierung weise eine gefährliche soziale Schieflage auf, so Manfred Binder, Kreisvorstandsmitglied der Grünen. Gekürzt werde bei Familien und sozial Schwachen. „Sparpolitik muss aber alle mit ins Boot nehmen, wenn sie erfolgreich sein soll“, stellt Binder fest. Auch ökonomisch unnötige Förderprogramme müssten abgebaut werden.

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