23 Eislinger Erklärung

CDU zeigt sich kämpferisch

Kreisparteitag in Heiningen: Christdemokraten suchen neues Wir-Gefühl

Autor: HELGE THIELE | NWZ 23.07.2010

Die Stimmung an der Parteibasis könnte besser sein, doch die Christdemokraten im Kreis zeigten sich beim Parteitag n Heiningen kämpferisch.

Kreis Göppingen. Voll besetzt war sie am Mittwochabend, die aufgeheizte TSV-Halle in Heiningen. Norbert Barthle, haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Gastredner zum Thema „Sparen in schwierigen Zeiten“, fasste den eigentlichen Sinn des CDU-Kreisparteitags so zusammen: „Wenn der Abend dazu beiträgt, dass sie mit dem Gefühl nach Hause gehen, dass Sie in der richtigen Partei sind, dann ist er gelungen.“ Tatsächlich ist es um die Stimmung an der Basis mit Blick auf den Dauerzoff in der Berliner Koalition nicht gut bestellt. Kreisrat Kurt Moll berichtete, es falle ihm in Gesprächen zunehmend schwer, auf die Frage zu antworten, wofür die CDU nun stehe. Andere kritisierten den „Linksruck“ der Union und forderten, man müsse bei konservativen Themen wieder „Flagge zeigen“ und dürfe die „schleichende Islamisierung der Gesellschaft“ nicht einfach hinnehmen.

Deutlich mehr Lob als Kritik gab es für die Junge Union im Kreis, die mit ihrer inzwischen zurückgezogenen „Eislinger Erklärung“ bundesweit für Aufregung gesorgt hatte, weil das Papier an mehreren Stellen stark rechtslastig daherkommt – sowohl, was die Inhalte betrifft, als auch beim Vokabular. Die CDU-Kreisvorsitzende stellte sich erneut hinter den Parteinachwuchs: „Die Junge Union hat etwas Wichtiges getan und ihr Ziel erreicht: Sie hat die Diskussion in der Partei über Profil und Werte angestoßen. Dafür darf ich der Jungen Union danken.“ Zwar seien „einige Punkte nicht tragbar und missverständlich“ gewesen, doch in der einzigen Volkspartei, die es in Deutschland noch gebe, sei es richtig, dass diskutiert und gestritten werde. „Wir haben die Junge Union nicht im Regen stehen lassen und das werden wir auch heute nicht tun“, sagte Razavi.

Dass die „Eislinger Erklärung“ Mitte Juni trotzdem zurückgenommen worden war, stieß bei Robert von Stieglitz, dem stellvertretenden CDU-Chef in Uhingen, auf Kritik: Man dürfe die jungen Leute nicht zu sehr einengen, meinte er – auch an die Adresse der Landes-CDU gewandt. Die habe sich zu wenig mit dem Papier auseinander gesetzt. Einige Punkte hätte man sicherlich „umformulieren“ können. Stieglitz empfahl der Landtagsabgeordneten Razavi: „Man sollte aufpassen, dass man an der Basis nicht so ein Desaster hinterlässt.“ Stieglitz meinte damit den Rückzug des Uhinger CDU-Vorsitzenden Jan Viohl. Der 22-Jährige hatte nach der Rücknahme der „Eislinger Erklärung“ sein Amt enttäuscht aufgegeben und war aus der Partei ausgetreten. Razavi berichtete von Gesprächsangeboten an Viohl, die dieser ausgeschlagen habe. Die Landesregierung habe zu keinem Zeitpunkt Druck auf die JU ausgeübt.

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Mitglieder beklagen einen schleichenden Linksruck

Autor: EBERHARD WEIN | StZ 23.07.2010

Heiningen Nach dem Rücktritt des Uhinger CDU-Chefs geht der Streit über die Eislinger Erklärung weiter.

Die mittlerweile zurückgezogene Eislinger Erklärung der Jungen Union führt innerhalb der CDU weiterhin zu Aufregung. Beim Kreisparteitag am Mittwoch in der Heininger TSV-Halle sollte es eigentlich um das Sparpaket der Bundesregierung gehen. Doch nicht der Referent Norbert Barthle, haushaltspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion und Abgeordneter im Nachbarwahlkreis Backnang, musste sich den unangenehmen Fragen der Basis stellen, sondern die Kreisvorsitzende Nicole Razavi.

Dass an diesem schwülen Sommerabend 180 Parteimitglieder in die kleine Turnhalle drängten, hatte selbst Barthle gewundert. Und schon die zuvor einberufene Konferenz der Ortsvorsitzenden war so gut besucht wie noch nie, wie ein Teilnehmer feststellte. Anlass für die Mobilisierung von immerhin zehn Prozent aller Mitglieder im Kreis dürfte ein Vorkommnis vom Wochenanfang gewesen sein. Da hatte der gerade erst ins Amt gewählte Vorsitzende der Uhinger CDU, Jan Viohl, seinen Austritt aus der Partei und ihrer Jugendorganisation erklärt. Die vor kurzem beschlossene Rücknahme der als rechtslastig kritisierten Eislinger Erklärung durch den Vorstand der Kreis-JU sei undemokratisch. Er könne sie deshalb nicht mittragen.

„Der Rücktritt ist für uns ein Riesenschlag", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Uhinger Stadtverbandes, Robert von Stieglitz. „Alles fällt auseinander." Die Spitze der Kreis-CDU habe sich gegenüber der jungen Garde nicht richtig verhalten. Zusammen mit dem 22-jährigen Viohl hatten auch zwei weitere Vorstandsmitglieder der JU Unteres Filstal ihren Austritt erklärt. Die drei jungen Männer sind ehemalige Klassenkameraden.

Razavi bestätigte noch einen vierten Austritt, wies aber jede Verantwortung zurück. Man habe Viohl „viele Gespräche angeboten". Erneut betonte sie, dass die Kreis-JU mit der Formulierung der Eislinger Erklärung einen wichtigen Denkanstoß gegeben habe. Gleichwohl sei es richtig gewesen, das Papier jetzt zurückzuziehen: „In der öffentlichen Diskussion ging es nur noch um ein paar Punkte, die nicht tragbar waren." Die Entscheidung zur Rücknahme habe die JU-Spitze um den Kreisvorsitzenden Kai Steffen Maier aber selbst getroffen. „Wir haben keinen Druck ausgeübt."

In der Eislinger Erklärung, die ursprünglich vom JU-Vorstand einstimmig verabschiedet und im Frühjahr vorgestellt worden war, werden unter anderem Homoehen abgelehnt und Beschränkungen bei Moscheen und Kinderkrippen gefordert. Beim Kreisparteitag wurde deutlich, dass diese Positionen bei weiten Teilen der Basis auf Sympathie stoßen. So beklagte Klaus Straub aus Bad Überkingen einen „schleichenden Linksruck der Partei". Wenn die CDU bei konservativen Themen Flagge zeige, habe dies nichts mit einer Rechtslastigkeit zu tun. Die CDU-internen Kritiker des Papiers hielten sich zurück. Der Göppinger CDU-Stadtrat Stefan Horn, der auf der Internetseite www.schaugenauerhin.de Unterschriften gegen die Erklärung sammelt, war gar nicht erst gekommen. „So etwas tue ich mir nicht an", sagte er.

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