„Wirklich extrem ist nur noch links“
Göppingen Der Streit über die zurückgezogene Eislinger Erklärung hat den CDU-Stadtverband erreicht.
Der Göppinger CDU-Stadtrat Stefan Horn sieht sich massiver Kritik des Stadtverbands ausgesetzt. Dessen Aufforderung, genauer hinzusehen, sei zwar richtig, erklärte die CDU-Stadtverbandsvorsitzende Gabriele Keppeler nach einer gemeinsamen Sitzung mit der Spitze der Jungen Union im Kreis. „Die Frage ist nur: in welche Richtung?" Wie berichtet, sammelt Horn auf der Internetseite www.schaugenauerhin.de Unterschriften gegen die in seinen Augen rechtslastige Eislinger Erklärung der JU.
Der JU-Kreisverband hatte darin den „Linksruck der Merkel-CDU" kritisiert und gegen Homoehen, den Moscheebau und die Schaffung von Krippenplätzen polemisiert. Zwar wurde das Papier mittlerweile zurückgezogen, weil einzelne Aussagen möglicherweise Menschen verletzt und ausgegrenzt hätten, wie es hieß. Doch die Eislinger Erklärung hat weiterhin viele Freunde. Ein großer Teil der Positionen spiegle das Meinungsbild vieler Bürger, schreibt die Göppinger Stadtverbandsvorsitzende in einer Presseerklärung zu der Sitzung. Man sei sich daher einig gewesen, dass eine Volkspartei wie die CDU auch solchen Bürgern eine politische Heimat bieten müsse, so Keppeler.
Der Stempel „rechtsextrem", den auch Horn der Eislinger Erklärung aufgedrückt hat, sei „ein Totschlagargument der linken Szene". Nach Keppelers Ansicht gibt es gar keinen rechten Extremismus mehr. „Wirklich extrem ist inzwischen nur noch links", erklärte sie und verwies auf den Linken-Stadtrat im Göppinger Gemeinderat.
Derweil hat der mittlerweile ausgetretene ehemalige Vorsitzende der Uhinger CDU, Jan Viohl, die CDU-Kreisvorsitzende Nicole Razavi beschuldigt, vor der Rücknahme des Papiers Druck auf die JU ausgeübt zu haben. Razavi habe auf eine bevorstehende Pressekonferenz des Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) hingewiesen. Durch die Rücknahme des Papiers könne man es ihm ersparen, Stellung beziehen zu müssen. Razavi, die früher Büroleiterin bei Mappus gewesen ist, wies diese Darstellung zurück. Der Ministerpräsident habe gewiss keine Angst vor unangenehmen Fragen gehabt. Schließlich sei er schon in der vorangegangenen Pressekonferenz mit der Eislinger Erklärung konfrontiert worden: „Das ist alles Quatsch."
CDU fordert Debatte
Treffen mit JU wegen „Eislinger Erklärung“
Autor: | NWZ 27.07.2010
Göppingen. Die Göppinger CDU hat mit Mitgliedern des Kreisvorstands der Jungen Union (JU) über die „Eislinger Erklärung“ diskutiert. Anlass der gemeinsamen Sitzung war die Rücknahme des Papiers der JU, das bundesweit wegen seines zum Teil stark rechtslastigen Inhalts auf scharfe Kritik gestoßen war.
In einer Pressemitteilung kommentiert die Göppinger CDU-Vorsitzende Gabriele Keppeler die Rücknahme der Erklärung mit den Worten: „Wenn auch aufgrund einiger Formulierungen dieser Weg nicht zu vermeiden war, bleibt doch die Notwendigkeit, die angesprochenen Themen zur gesellschaftlichen Zukunftsentwicklung zu hinterfragen und auf breiter Ebene zu diskutieren.“ Zweifellos sei es richtig, betont Keppeler, dass viele der Positionen das Meinungsbild vieler Bürger widerspiegelten. Das sei auch die Meinung der Sitzungsteilnehmer gewesen. „Gerade deshalb muss eine Volkspartei wie die CDU in der Lage sein, auch diesen Bürgern Perspektiven zu bieten und eine politische Heimat zu geben“, meint die Parteichefin. Allerdings brauche man heute „eine gehörige Portion Mut und vor allem Rückgrat, um sich dieser Herausforderung zu stellen und vor allem sie durchzustehen“.
Keppeler – „Wirklich extrem ist inzwischen nur noch links“ – findet: „Es ist an der Zeit, allen, die sich in dem Vorstoß der Jungen Union wiederfinden und sich damit identifizieren, das Gefühl zu geben, politisch nicht chancenlos am Rand zu stehen.“ Keppelers Vorschlag: „Vielleicht sollten wir mal auf den Grundrechten der Demokratie, wie z. B. der Meinungsfreiheit, beharren und uns diese zu Nutze machen. Schließlich lebt Demokratie von Vielfalt.“
Rechter als nur rechtskonservativ
Leserbrief zur „Eislinger Erklärung“ der Jungen Union und die Folgediskussion
Teile der Kreis CDU Göppingen wollen sich nicht in die geistigen Tiefen ihres politischen Denkens blicken lassen. Es ist aber dennoch zu erahnen. Man kann dort einen Nährboden für ein geistiges Biotop an rechtsradikalen Gedankengut im bürgerlichen Gewand vermuten. Unbestritten aber handelt es sich dabei um einen Rechtskonservatismus mit großer Schnittmenge mit Rechtsextremisten, von denen man sich gleichzeitig abgrenzen will, um die ebenfalls vorhandene Schnittmenge mit den Konservativen zu betonen.
Beim Kreisverband der Jungen Union scheint es sich um eine Gruppe von Epigonen mit einem gefährlichen jugendlichen und naiven Enthusiasmus zu handeln. Die „Eislinger Erklärung“ ist ein Sammelsurium von reaktionärem Gedankengut, welches aus verschiedenen politischen Erklärungen zusammengetragen wurde. Die Junge Union Bremen (Landesvorsitzender Denis Ugurcu) hat schon im Februar 2009 einen solchen geistigen Appetitanreger mit einer Rückwärtsrolle publiziert.
Zur CDU-Kreisvorsitzenden Nicole Razavi, einst Büroleiterin des nun amtierenden Ministerpräsidenten Mappus und Mentorin der Jungen Union, fällt mir spontan das Volkslied „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ ein. Dieses Lied haben laut Frankfurter Rundschau vom 3. April 2009 der ehemalige Landeschef Oettinger (CDU) mit seinem damaligen Generalsekretär Thomas Strobl auch spätnachts fehlerfrei im Repertoire.