10 Kreis: Abwassergebühren

„Gerecht, aber auch recht umständlich“

Autor: ANDREAS PFLÜGER | StZ 10.08.2010




Kreis Göppingen. Viele Städte und Gemeinden wollen keine gesplittete Abwassergebühr – müssen sie aber einführen.

Das Ziel, das der Mannheimer Verwaltungsgerichtshof mit einem im vergangenen März gefällten Urteil verfolgt, ist eindeutig. Es geht um mehr Gerechtigkeit: wer viel in die Kanalisation einleitet, der soll auch viel bezahlen. Deshalb sind die Kommunen im Land dazu verdonnert worden, eine gesplittete Abwassergebühr einzuführen, einerseits für all das, was im Haus durch Klospülung, Waschmaschine und Dusche anfällt, und anderseits für Abwasser, das von versiegelten Flächen in die Kanalisation läuft.

Während diese Aufteilung in anderen Bundesländern üblich ist, stellt sie für die Kommunen im Kreis Göppingen absolutes Neuland dar. Bis jetzt wurde die Abwassergebühr zwischen Alb und Schurwald allein nach dem verbrauchten Frischwasser berechnet, was bereits von diesem Jahr an nicht mehr erlaubt ist. „Spätestens zum 1. Januar 2011 sollten wir das neue System umgesetzt haben, weil wir sonst keine rechtsgültigen Gebührenbescheide mehr verschicken können", erklärte der Uhinger Bürgermeister Matthias Wittlinger in der jüngsten Gemeinderatssitzung und warb um Zustimmung für eine, wie er selbst sagte, „ungeliebte Verwaltungsvorlage".

Dass die Zeit jetzt drängt, haben sich die Städte und Gemeinden indes vor allem selbst zuzuschreiben. Einerseits war absehbar, dass die Gesetzesänderung früher oder später kommen würde. Andererseits wurde bereits in vielen Gremien immer wieder einmal über das Splitting diskutiert, ohne dass dies jedoch zu Ergebnissen geführt hätte. So ist in Eislingen in den vergangenen Jahren sicher keine Haushaltsdebatte vergangen, in der die Grünen-Fraktion nicht versucht hätte, das Thema anzustoßen. Jetzt hat man den Beschluss Knall auf Fall gefasst und muss vermutlich weit mehr Geld in die Hand nehmen, um die Daten von mehreren Tausend Grundstücken zu erheben, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen wäre.

Neben dem zeitlichen Druck, der es schwermacht, ad hoc ein Ingenieurbüro für die Erfassung der versiegelten Flächen zu finden, sind genau diese Ausgaben den Kommunen jetzt ein Dorn im Auge. Je nach Verfahren – Liegenschaftskarte plus Bürgerbefragung, Befliegen oder Begehung – wird mit Kosten zwischen zehn und mehr als 20 Euro pro Grundstück gerechnet. „Ohne dass dabei am Ende wirklich was gewonnen wäre", wie der Uhinger Kämmerer Manfred Epping betonte.

Dass die Städte und Gemeinden durch das neue Gebührenmodell höhere Einnahmen generieren, ist indes auch nicht im Sinne des Erfinders. So ändert sich einem Gutachten zufolge für Häuslesbesitzer so gut wie nichts. Günstiger wird es gar für die Bewohner von Mehrfamilienhäusern und Wohnanlagen. Tiefer in die Tasche werden hingegen Firmen und Betriebe greifen müssen, etwa Einkaufszentren mit großen Parkplätzen oder andere Unternehmen, die viele asphaltierte Flächen vorhalten.

Die Fürsprecher des neuen Systems sind in den Ratsgremien dennoch gezählt. Zwischen „enormem Aufwand, der nichts bringt" in Süßen, „dem „Wiehern des Amtsschimmels" in Eislingen, „gerecht, aber auch recht umständlich" in Uhingen, „allgemeinem Zähneknirschen" in Eschenbach, einer „Abzocke der Eigentümer" in Heiningen und „absolutem Quatsch" in Lauterstein schwankte die überwiegende Zahl der Kommentare. Es gab jedoch auch Stimmen, die den umweltpolitischen Sinn der Maßnahme herausstellten, die im Zweifel dazu führen könne, der übermäßigen Flächenversiegelung Einhalt zu gebieten.

Einigkeit herrschte indes darüber, dass durch interkommunale Kooperationen bei der Erfassung der Grundstücke jede Menge Geld gespart werden kann und dass eine umfassende und frühzeitige Information der Öffentlichkeit unerlässlich ist.

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