14 Göppingen: Einkaufszentrum

Neues Konzept spaltet die Lager

Einkaufszentrum soll näher an Güterbahnhof rücken – für Kritiker eine Lage im Abseits

Autor: TOBIAS FLEGEL | NWZ 14.08.2010




Der Essener Investor „mfi“ spart sich mit seinem jüngsten Vorschlag eine Verlegung des Busbahnhofs. Doch manche Stadtpolitiker fürchten, dass dadurch das neue Einkaufszentrum fern der Kunden liegt.

Göppingen. Die Fraktionen im Göppinger Gemeinderat haben den neuen Vorschlag des Investors „mfi“ unterschiedlich aufgenommen. „Ich finde das Konzept gut und halte es für einen Schritt nach vorn“, sagt der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Felix Gerber. Das Unternehmen habe mit seinem überarbeiteten Entwurf drei Nachteile der alten Pläne beseitigt: „Ein Vorteil ist, dass der Omnibusbahnhof an Ort und Stelle bleibt und nicht verlegt werden muss“, erklärt Gerber. Ein weiterer Pluspunkt sei, dass der Verlauf der Bahnhofstraße nicht geändert werden müsse. Zuletzt glaubt der CDU-Fraktionschef die Gefahr einer Abseitsfalle gebannt: Werde das Zentrum nach den neuen Plänen gebaut, reiche die Front bis zur Rückseite des Allianz-Hochhauses. „Als Fußgänger ist das Portal von weitem zu sehen“, sagt Gerber. Der Stadtrat kann sich zudem vorstellen, dass der Göppinger ZOB von dem Überbau und der Nachbarschaft des Einkaufszentrums profitieren könne. „Der Omnibusbahnhof wird aufgepeppt“, erwartet Gerber.

Die Größe des Gebäudes stört ihn nicht. Die Essener Managementgesellschaft für Immobilien will auch nach den neuen Plänen ein Einkaufszentrum mit rund 20 000 Quadratmetern Verkaufsfläche bauen. Gerber: „Wir haben immer gesagt, dass das Gebäude eine gewisse Größe haben muss, um auch Leute aus dem Umland zum Einkaufen nach Göppingen zu locken.“ Mit der jetzigen Konzeption könne das gelingen.

Auch Emil Frick, Fraktionsvorsitzender der Göppinger SPD im Gemeinderat, kann dem jüngsten „mfi“-Entwurf etwas abgewinnen. „Ich finde, da steckt viel Interessantes drin“, sagt er. Als gut bewertet Frick, dass sich das Unternehmen bewegt habe und die alten Pläne überarbeitet hat. Ein großer Vorteil der neuen Pläne sei, dass der ZOB nicht verlegt werden müsse und sich dadurch die Planung des Einkaufszentrums um bis eineinhalb Jahren verkürze. Welchen der beiden Vorschläge die SPD bevorzuge, lasse sich jetzt aber noch nicht sagen: „Die Sache muss sich noch entwickeln.“ Als wichtige Etappe für eine Entscheidung peilt der Fraktionschef die Sondersitzung des Gemeinderats im Oktober an. „Bei diesem Treffen muss sich der Gemeinderat in Ruhe mit den neuen Plänen beschäftigen und dann Vorentscheidungen treffen“, kündigt Frick an. Eine Antwort, wie es dann weitergehe, sei das Gremium dann sowohl der Öffentlichkeit als auch dem Investor schuldig. Letzterer habe schließlich bereits mindestens drei Millionen in das Vorhaben investiert.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Rolf Daferner, ist ebenfalls von dem „mfi“-Vorstoß angetan. Er begrüßt, dass der Busbahnhof dadurch am angestammten Ort bleibt und nicht in eine Randlage abgedrängt wird. „Gut ist auch, dass die Bahnhofstraße so bleiben kann, wie sie ist“, sagt Daferner.

Diesen Optimismus teilt Joachim Hülscher nicht. „Der Vorschlag ist keine Verbesserung“, sagt der VUB-Stadtrat. Der Investor rücke mit den Plänen den Großteil der neuen Verkaufsflächen an den Güterbahnhof und damit weg vom Zentrum. „Der große Gewinner ist ,mfi’“, sagt Hülscher. Das Unternehmen habe erkannt, dass die alte Planung teuer sei und deshalb eine billigere Variante gewählt. Christine Lipp-Wahl von den Grünen übt ebenfalls Kritik. Sie stört die Dimension des Einkaufszentrums, die Lage und die Einstellung des Investors. „,mfi’ weicht nicht von seinen tödlichen 20 000 Quadratmetern Verkaufsfläche ab“, sagt Lipp-Wahl. Sie hält dagegen bis zu 12 500 Quadratmeter für das richtige Maß – eine Zahl, die ein Gutachterbüro im Auftrag der Stadt ermittelt hat. Ein neues Zentrum, das größer sei, ziehe Kaufkraft aus bestehenden Einkaufsarealen ab und gefährde diese auf lange Sicht. „Wir brauchen aber das Kaufhaus in der Bleichstraße und Läden wie C&A“, mahnt Lipp-Wahl. Nach dem jüngsten Treffen am Montag habe sie den Eindruck gewonnen, dass „mfi“ „mit allen Tricks versuchen will, seine Flächengröße umzusetzen.“ Lipp-Wahl befürchtet ebenfalls, dass der neue Standort ins Abseits führt. Weiterhin stört sie, dass der Investor zu konsequentem Handel bereit ist. Ein Gebäude aus der Gründerzeit mit einem Paternoster wolle „mfi“ notfalls abreißen lassen. „Das finde ich ganz schlimm“, sagt Christine Lipp-Wahl.

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Sondersitzung soll Klarheit schaffen
Eine Sondersitzung des Göppinger Gemeinderats soll mehr Klarheit in die Debatte um das neue Einkaufszentrum am Bahnhof bringen. Das hat die SPD-Fraktion am Donnerstag beantragt. „Diese öffentliche Sitzung soll nicht nur die Bürger informieren, sondern insbesondere Entscheidungsgrundlagen erarbeiten, wie der Gemeinderat und die Verwaltung eine Entwicklung des Areals am ZOB und Bahnhof in ihre Agenda aufnehmen“, schreiben die SPD-Stadträte an Oberbürgermeister Guido Till. Eine Diskussion sei auch notwendig, damit der potenzielle Investor „mfi“ eine Grundlage für seine künftigen Entscheidungen erhalte. Die SPD-Fraktion hat für die Sitzung den 21. Oktober vorgeschlagen. Dieser Termin ist der Besprechung von Sonderthemen vorbehalten.

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