19/21 LandtagskandidatInnen zu Studiengebühren

Die „Campus-Maut“ soll weg

Hiesige Oppositionspolitiker wollen die Studiengebühren abschaffen

Autor: MICHAEL RAHNEFELD | GZ 19.08.2010




Das Wintersemester 2010/2011 rückt zunehmend näher und damit für die Studenten wieder die Zahlung von Studiengebühren. Seit Sommersemester 2007 müssen sie auch in Geislingen 500 Euro pro Semester berappen.


Geislingen. Das Leben ist teuer, das wissen nicht nur Studenten. Zur Miete und den Kosten für den Lebensunterhalt kommen nicht nur an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HFWU) seit Sommersemester 2007 auch noch 500 Euro Studiengebühren pro Semester hinzu. Ein stattlicher Betrag, der in das zumeist knappe studentische Budget tiefe Löcher reist. Die Landesregierung in Stuttgart sieht dies anders: „Gemessen an den realen Kosten, die durchschnittlich mit rund 8500 Euro jährlich pro Studienplatz zu Buche schlagen und von den Steuerzahlern aufgebracht werden, ist dies ein maßvoller Beitrag“, heißt es auf der Homepage des Stuttgarter Wissenschaftsministeriums. Die Einnahmen aus den Studiengebühren würden zweckgebunden für Studium und Lehre eingesetzt, denn gerade im Bereich von Lehre und Studium müssten die deutschen Hochschulen ihre Leistungen verbessern, heißt es weiter. Und: „Die Gelder kommen in vollem Umfang den Hochschulen zugute: Für eine bessere Ausstattung der Bibliotheken und Laborarbeitsplätze und generell für eine bessere Betreuung der Studierenden durch mehr Hochschullehrer. Studierende profitieren direkt davon“, so die Argumentation der Landesregierung.

Viele Studenten und die Oppositionsparteien im Lande sehen das anders. Und nach den Landtagswahlen im kommenden März bestehen durchaus Chancen, sofern es der Wähler so will, dass die Studiengebühren abgeschafft werden.

Peter Hofelich, der Göppinger SPD-Landtagsabgeordnete, kündigt im Falle einer künftigen Regierungsbeteiligung seiner Partei nach den Wahlen die Abschaffung der Studiengebühren an. Hofelich: „Wir sind als SPD gegen die Erhebung von Studiengebühren und wollen diese im Falle eines Regierungseintritts wieder abschaffen.“ Studiengebühren wirken unsozial und benachteiligen insbesondere Arbeitnehmerkinder, unterstreicht Hofelich und fügt an: „Wir können es uns in unserem Land nicht leisten, Talente von den Hochschulen abzuschrecken und damit Qualifizierungspotenzial nicht zu fördern.“ Hofelich wirft der regierenden CDU vor, die Einnahmen aus den Studiengebühren dienten nur dem Löcherstopfen für reguläre staatliche Aufgaben. Der Abgeordnete sieht durch den von Studenten aufzubringenden Geldbetrag eine Art Selektion. Der SPD-Mann: „Wir wollen fördern, nicht selektieren.“ Er fordert sozialen Aufstieg durch gute Bildung für alle.

Ähnlich argumentiert Bernhard Lehle, der Landtagskandidat der Grünen aus Geislingen. „Wir wollen die Abschaffung sämtlicher Studiengebühren, denn sie schrecken vom Studium ab und sind sozial selektiv. Die Aufnahme eines Studiums darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, deshalb stehen wir Grüne für einen Hochschulzugang ohne sozial selektive Hürden“, sagt Lehle. Er will zugleich für Nicht-Abiturienten und Berufstätige den Hochschulzugang durch bundesweit einheitliche Zulassungskriterien erleichtern. Bernhard Lehle, der bei Studiengebühren auch von einer „Campus-Maut“ spricht, verweist darauf, dass die Kluft zwischen Studienberechtigten und -anfängern durch die Gebühren immer größer werde. Er belegt mit Zahlen, dass seit 2007 in Bundesländern, in denen Studiengebühren erhoben werden, die Zulassungszahlen rückläufig waren. In Ländern, in denen es keine Gebühren gibt, stiegen sie hingegen.

Vom Büro der Geislinger CDU-Landtagsabgeordneten Nicole Razavi war urlaubsbedingt keine Stellungnahme zum Thema Studiengebühren zu bekommen. Immerhin verweist das Wissenschaftsministerium auf seiner Homepage auf zinsgünstige Darlehen bei der landeseigenen L-Bank, das erst zwei Jahre nach Abschluss des Studiums zurückbezahlt werden müsse und nur dann, wenn ein bestimmtes Einkommen erreicht worden ist. „Ob man Studiengebühren zahlen kann, hängt also nicht vom Elterneinkommen ab. Niemand wird aus finanziellen Gründen davon abgehalten, ein Studium zu beginnen“, informiert das Ministerium.

zur vollständigen Stellungnahme Bernhard Lehles…

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Studiengebühren – ein umstrittenes Thema

Unterschiedliche Position bei den Koalitionären

Autor: MICHAEL RAHNEFELD | GZ 21.08.2010




Im Zusammenhang mit dem Thema Studiengebühren haben sich jetzt auch der FDP-Kreisvorsitzende Winfried Hüttl und die CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Razavi zu Wort gemeldet.


Kreis Göppingen. Bei den Studiengebühren – in Baden-Württemberg müssen Studenten 500 Euro pro Semester berappen – scheint es auch innerhalb der Regierungsparteien CDU und FDP unterschiedliche Positionen zu geben. Die Oppositionspolitiker Peter Hofelich, Göppinger Landtagsabgeordneter der SPD, und Bernhard Lehle, Geislinger Landtagskandidat der Grünen, hatten jüngst angekündigt, im Falle einer Übernahme der Regierungsverantwortung nach den Landtagswahlen im kommenden Frühjahr die Studiengebühren wieder abschaffen zu wollen (wir berichteten).

Der FDP-Kreisvorsitzende und Landtagskandidat für den Wahlkreis Geislingen Professor Winfried Hüttl positioniert sich in seinem persönlichen Wahlprogramm eher bei der Opposition. Er fordert die Aussetzung der Studiengebühren und ist sich sicher, „dass dies auch 2011 in der Landespartei hoffähig wird“. Denn, so argumentiert Hüttl: „Solange Baden-Württemberg beim Länderfinanzausgleich ,Wahlgeschenke’ der SPD, der Grünen und der Linken in anderen Bundesländern durch die Hintertür finanziert, ist es nicht tragbar, dass ,Landeskinder’ zur Kasse gebeten werden.

In der Sache, so meint Hüttl, treten die Kollegen von Rot-Grün eher kurz. Er fragt, ob es gerecht ist, dass ein junger, gerade ausgelernter Facharbeiter mit seinen Steuern anteilig für den Studienplatz eines Sohnes reicher Eltern aufkommen muss. Im Übrigen fordert der FDP-Mann eine grundlegende Reform bei der Finanzierung unserer Hochschulen. Er unterstreicht dabei, dass „über föderale Befindlichkeiten hinweg ein weitgehend kostenfreies Grundstudium für deutsche Studierende eingeführt werden müsse“. Aufbau- und Masterstudien müssten jedoch durch Studiengebühren und Drittmittel kostendeckend finanziert werden, sozial austariert durch Stipendien und zinsgünstige Darlehen, die erst ab einem höheren Einkommen und nach Jahren zurückzuführen sind.

Die bekannten Positionen der Landesregierung verteidigt die Geislinger CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Razavi. Die Einnahmen aus den Studiengebühren – 180 Millionen Euro pro Jahr – flössen zweckgebunden an die Hochschulen und würden zur Verbesserung der Studienbedingungen und für mehr Personal investiert, also nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern, kontert sie gegen Hofelich. Niemand werde aus finanziellen Gründen davon abgehalten zu studieren, es entstehe keine zusätzliche Belastung für die Eltern, betont Razavi und verweist auf zinsgünstige Darlehen. Zudem sei es gerecht, so die Politikerin, dass sich Akademiker mit besseren Berufsaussichten, mit einem geringeren Arbeitsplatzrisiko und einem höheren Lebenseinkommen mit einem relativ geringen Eigenbeitrag an ihrer Ausbildung beteiligen. Auf soziale Härtefälle würde zudem Rücksicht genommen, auch überdurchschnittlich Begabte würden von der Gebühr befreit.

zur vollständigen Stellungnahme Bernhard Lehles…

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