08 Eislingen: 100 Tage neuer OB

Der Gemeinderat ist reserviert, schmollt aber nicht

Eislingen In seinen ersten 100 Tagen hat der neue Bürgermeister Klaus Heininger Überzeugungsarbeit geleistet.

Autor: EBERHARD WEIN | StZ 08.09.2010

Der Bürgermeister ist weg vom Fenster. 32 Jahre lang war Günther Frank (SPD) der unumstrittene Chef im Eislinger Rathaus. Sein Nachfolger hat den Schreibtisch nun vom Stammplatz an der Fensterfront auf die gegenüber liegende Seite des Zimmers geschoben. „Sonst hätte sich die Sonne andauernd in meinem Bildschirm gespiegelt", sagt Klaus Heininger. Frank hatte dieses Problem nicht. Er lenkte die Geschicke der 20 000-Einwohner-Stadt jovial, aber bis zuletzt ohne Computer.

Es ist fast nicht zu glauben, dass diese Zeit erst 100 Tage her ist. So lange ist Heininger nun im Amt, und man muss dem 48-Jährigen bescheinigen, dass er in dieser Zeit einiges angepackt hat. Die im Wahlkampf versprochene Putzete am Bahnhof hat bereits stattgefunden. Namensschildchen für die Mitarbeiter im Rathaus hat Heininger eingeführt, die Öffnungszeiten im Bürgeramt hat er ausgeweitet. Jetzt ist er dabei, ein innerbetriebliches Vorschlagswesen im Rathaus zu installieren.

Am Freitag geht es auch beim städtebaulichen Großprojekt Rathausneubau vorwärts, wenn ein Preisgericht über den verschiedenen Vorschlägen der Architekten brütet. Und selbst beim Eislinger Kino gelang es Heininger, den gordischen Knoten zu durchschlagen. Die Stadt kann das Gebäude des Schlosstheaters endlich kaufen. Das ist ein gewaltiges Pensum, wenn man bedenkt, dass auch noch die Sommerpause in die ersten 100 Tage fiel. Aber ein Wechsel tue manchmal gut. In 32 Jahren habe sich „vieles eingespielt, aber auch manches eingeschlichen", sagt Heininger.

Im 1900-Einwohner-Örtchen Birenbach, wo er neun Jahre lang Schultes war, hatte er neun Mitarbeiter, jetzt sind es 100. Trotzdem habe er sich „sehr schnell zurechtgefunden", sagt Heininger. „Die Themen sind überall vergleichbar." Die Stadträte tun sich mit einer ersten Bilanz hingegen schwer. Dafür sei es noch ein wenig zu früh, meint der CDU-Fraktionschef Erich Schwendemann. Immerhin räumt er ein, dass es bis jetzt „noch keinen Anlass zur Kritik" am parteilosen Bürgermeiser gebe.

Doch noch sind die Narben aus dem Wahlkampf nicht verheilt. Nachdem sich weite Teile des Gemeinderats für den schärfsten Konkurrenten, den Kuchener Bürgermeister Bernd Rößner, ausgesprochen hatten, hatte Heininger als betont unabhängiger Kandidat zu punkten versucht. Bei den Bürgern kam diese Profilierung auf Kosten des Gemeinderats an. „Ich habe mich eben mehr um die Indianer gekümmert als um die Häuptlinge", sagt Heininger. Jetzt hat er es wieder mit den Häuptlingen zu tun und bemüht sich um ein gutes Miteinander: „Wir wollen alle zusammen Eislingen voranbringen." Das sieht der Vorsitzende der Freien Wähler, Eckehard Wöller, ähnlich: „Wir sitzen nicht schmollend in der Ecke." Andererseits sei er sich sicher, dass es sein damaliger Favorit mindestens genauso gut gemacht hätte: „Eislingen war ja kein stillstehendes Boot."

Angetan vom Start sind die Grünen, und zwar nicht nur, weil Heininger zu Terminen meist mit dem Fahrrad kommt. Dass die Vorberatungen in den Ausschüssen jetzt öffentlich stattfänden, sei eine alte Forderung seiner Partei, sagt Holger Haas. Auch der SPD-Fraktionschef Peter Ritz ist zufrieden. Bei vielen Fragen sei aber noch nicht deutlich, wie es weitergehe. So könne sich mancher schnelle Erfolg ebenso schnell wieder relativieren. „Am Bahnhof sieht es wieder aus wie die Sau", sagt Ritz.

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