13 Verkehr

Naturschutzbund: Kein Bedarf für S 21

Vorsitzender favorisiert drittes Gleis im Filstal

Autor: HANS STEINHERR | NWZ 13.10.2010

Hans-Peter Kleemann sieht keinen Bedarf für Stuttgart 21. Der Nabu-Vorsitzende aus Stuttgart sprach in der Stadthalle Göppingen auf einer Veranstaltung des Aktionsbündnisses „Göppinger gegen S 21“.

Göppingen. Welche Alternativen gibt es und welche Auswirkungen hat Stuttgart 21 auf den Landkreis Göppingen? Darauf sollte eine Veranstaltung des Aktionsbündnisses „Göppinger gegen S 21“ Antworten geben. Das machte gleich zu Beginn die Sprecherin der Initiative, Annerose Fischer-Bucher, deutlich. Am Montagabend hatte das Bündnis nach Göppingen eingeladen. Es sprach und referierte der Stuttgarter Vorsitzende des Naturschutzbundes, Hans-Peter Kleemann. Rund 20 Bürger waren in den Schuler-Saal der Stadthalle gekommen während nahezu zeitgleich in Uhingen ein Termin der Stuttgart 21-Befürworter stattfand.

Die Zahlen können eine deutliche Sprache sprechen. 600 Züge kommen täglich in Stuttgart an oder fahren im Hauptbahnhof wieder ab. „Es sind auch schon mal 800 gewesen“, erklärte Hans-Peter Kleemann. Also seien – gemessen am heutigen Zustand – durchaus noch Kapazitätsreserven vorhanden. Auch aus betrieblicher Sicht gelte die Aufteilung des Gleisfeldes im Hauptbahnhof nach wie vor als modern. Kleemann: „Nur: Den heutigen Bedürfnissen wird der Zustand des Bahnhofes nicht mehr gerecht.“ Weil zu lange nicht mehr renoviert und modernisiert worden sei, weil die Bahn gespart habe und an die Börse habe gehen wollen.

Hans-Peter Kleemann ist gelernter Bauingenieur und Inhaber eines Büros für angewandten Umweltschutz. Er war von 2004 bis 2009 Mitglied im Regionalparlament Stuttgart und ist heute entschiedener Gegner von Stuttgart 21.

Was also rechtfertigt Stuttgart 21? Aus der Sicht des Ministerpräsidenten, so Kleemann, könnten es ja nur die deswegen nach Stuttgart und ins Land fließenden Gelder sein. Es könne gar nicht teuer genug sein, um so mehr flössen die Gelder. So scheine Mappus zu denken, meinte Kleemann süffisant. Er ging auf die Entstehungsgeschichte des Bahnprojektes ein. Seit 15 Jahren befasse er sich mit Stuttgart 21. Aus den Überlegungen der Bahn heraus, schnelle Verkehre von langsamen trennen zu wollen, seien in den 1980er Jahren die Pläne für neue Trassenführungen entstanden. Das Hauptargument ihrer Befürworter sei, dass ohne eine Neubaustrecke und Stuttgart 21 Baden-Württemberg von Europa abgekoppelt würde. Was die Politik befürchte, hätte die Bahn selber so betrieben. Sie habe ursprünglich geplant, an Stuttgart und Ulm vorbei zu fahren. Kleemann: „Die Bahn aber gehört dorthin, wo die Menschen sind.“ Also in den Hauptbahnhof und nicht auf den Flughafen. Das habe sich bereits in Frankfurt so gezeigt. Die 1,5 Millionen Menschen, die laut der Planung zusätzlich am Flughafen Stuttgart in die Züge der Bahn ein- und aussteigen sollen, entsprängen einer „obskuren Rechenmethode“, so Kleemann. Und weiter: „Im Filstal verkehren heute täglich 220 Züge. Das ist der Stand von 1955.“ Die Strecke könne 50 Prozent mehr Züge verkraften und der Ausbau und ein drittes Gleis im Filstal würden die gleiche Zeitersparnis nach München bewirken wie eine Neubaustrecke. Kleemann: „Ist also überhaupt noch ein Bedarf für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke vorhanden?“ Wenn Stuttgart 21 nicht käme, so Kleemann, dann käme auch die Neubaustrecke nicht. Der Bau eines dritten Gleises im Filstal käme dem Status einer Neubaustrecke gleich und würde verbesserten Lärmschutz mit sich bringen, S 21 und die Neubaustrecke über den Flughafen und die Fildern hingegen aber fünffach höhere Trassenpreise – sprich verteuerte Fahrpreise. Da sei es unverständlich, die Neubausituation auch noch als sozial verträglich hinstellen zu wollen.

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Kreistagsfraktion der Grünen fordert Bau- und Vergabestopp

Autor: | NWZ 13.10.2010


Einen sofortigen Bau- und Vergabestopp fordert die Kreistagsfraktion der Grünen. Jetzt sei die Zeit für Gespräche, bei denen die neuen finanziellen, ökologischen und sozialen Fakten und die unter Verschluss gehaltenen Gutachten auf den Tisch kämen. Und diese ergebnisoffenen Gespräche wollen sie auch im Landkreis führen.

Das Bahnprojekt Stuttgart sei in einer Zeit geboren worden, als der Fortschrittsglaube noch ungebrochen gewesen sei und in der die Immobilien- und Finanzbranche das große Geschäft gewittert habe. Von der Bahn zunächst nicht ernsthaft verfolgt, sei das Projekt erst reanimiert worden, als Land und Stadt milliardenschwere Lasten übernommen hätten, heißt es in einer Pressemitteilung.

Behauptungen, dass sich ein volkswirtschaftlicher Nutzen für Baden-Württemberg ergäbe, blieben ohne Beleg, so die Grünen. Das Filstal werde vom Fernverkehr weitgehend abgehängt, die Neubaustrecke führe am Landkreis vorbei. Das von den Befürwortern vorgetragene Argument, dass S 21 ein Umweltschutzprojekt sei, zeige, wie wenig Fachwissen sich dahinter verberge. Der Flughafen Stuttgart rechne mit einer Zunahme des Flugverkehrs um 20 Prozent, das bedeute einen eklatanten Anstieg von CO2. Zurück bliebe die vage Hoffnung auf eine S-Bahn nach Stuttgart.

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Mehrheit für Bahnprojekt

Im Kreistag deutet sich deutliches Votum für Befürworter-Resolution an

Autor: ARND WOLETZ | NWZ 13.10.2010

Für die Resolution zugunsten von Stuttgart 21 deutet sich im Kreistag eine deutliche Mehrheit an. Im Verkehrsausschuss wurde erneut vehement debattiert. Die Befürworter hatten aber klar die Oberhand.

Kreis Göppingen. Während sich in Stuttgart weiter die Demonstranten massiv gegen Stuttgart 21 formieren und auch im Landkreis Göppingen der Widerstand in der Bevölkerung wächst, herrscht unter den Politikern im Kreistag offenbar eine klare Mehrheit für das Milliarden-Vorhaben. Der Verkehrsausschuss empfahl gestern gegen die Stimmen der Grünen und einer Enthaltung bei der SPD die Resolution für den Bau des Vorhabens. Sie trägt den Titel „Wir sind für Stuttgart 21“.

Vorausgegangen war der Abstimmung eine weitere eineinhalbstündige Diskussion um die Vor- und Nachteile des Baus für den Landkreis. Der Schlagabtausch begann bereits, bevor die Resolution in der Tagesordnung überhaupt dran war, denn schon beim Thema S-Bahn beharkten sich Gegner und Befürworter des Projekts vehement.

Landrat Edgar Wolff mahnte, „nach Abwägen aller Chancen und Risiken“ biete Stuttgart 21 und die neue Schnellbahntrasse viele Vorteile für den Landkreis Göppingen. Er hoffe, dass die Bevölkerung nun so gut informiert werde, dass die Akzeptanz steige. Die Vertreter der CDU und der FDP, die mit großen Buttons „Für Stuttgart 21“ in der Sitzung erschienen waren, listeten nocheinmal die Argumente auf, die für den Bau des Durchgangsbahnhofes und die Fildertrasse sprechen. Wolfgang Rapp (CDU) hob unter anderem hervor, dass der Beschluss rechtsstaatlich zustande gekommen sei und gerichtlich überprüft wurde. Die Entscheidung sei Ergebnis hunderter Sitzungen der zuständigen Gremien. Die Bürgerbeteiligung habe es also gegeben, betonte der CDU-Fraktionschef. Eine Ablehnung bedeute eine inakzeptable Mehrbelastung für den Landkreis, zitierte Rapp aus der vierseitigen Resolution. Michael Lege (CDU) kritisierte die „Blockadepolitik“ der Grünen und meinte unter anderem: „Nur dagegen sein reicht nicht“.

Auch Martin Joos (Freie Wähler) kündigte an, dass seine Fraktion in der Kreistagssitzung, wenn endgültig über die Resolution entschieden wird, dafür stimmen werde, „manche allerdings mit Zähneknirschen“, meinte Joos. In der SPD-Faktion offenbarte sich eine Spaltung. Fraktionschef Peter Feige stritt vehement für eine Verwirklichung des Vorhabens, machte aber deutlich, dass die Fraktion sich noch nicht abgestimmt habe und er seine persönliche Meinung vertrete. Eberhard Wein sprach von „innerer Zerrissenheit und einem „Spaltpilz“, den das Projekt in der Gesellschaft darstelle. Er befürwortete den von der SPD geforderten Volksentscheid, um ihm neue Legitimation zu verschaffen. Er kritisierte den Ton der Resolution. Es gebe Alternativen, die müsse man ernst nehmen. Er erinnerte daran, dass im Planfeststellungsverfahren 2008 die Stellungnahme des Landkreises noch kritisch ausgefallen sei. Hans Jakober (FDP) erntete Lacher mit der Bemerkung, die Resolution von 2008 habe „doch keinen interessiert“.

Klar gegen die Resolution sprachen sich lediglich Martina Zeller-Mühleis und Harald Wagner (Grüne) aus. Wagner bemängelte unter anderem, dass eine Fülle von unbelegten Zahlen darin stünden, die anderen Kennziffern der Befürworter widersprächen. Die Resolution trage deshalb nicht zur Versachlichung der Auseinandersetzung bei. Zeller-Mühleis erinnerte daran, dass 2007 ein Bürgerbegehren systematisch verhindert worden sei.

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„Ein Verzicht wäre schlimmer“

Autor: EBERHARD WEIN | StZ 13.10.2010

Kreis Die Initiative Wir sind für Stuttgart 21 erhält Rückenwind von der Kreisspitze. Nicht alles an dem Großprojekt sei gut, sagt der Landrat. Aber vielleicht bringe es den S-Bahn-Anschluss.

Während Woche für Woche immer mehr Menschen aus dem Kreis Göppingen in die Landeshauptstadt zu den Demonstrationen gegen Stuttgart 21 aufbrechen, behält das Großprojekt auf politischer Ebene seinen Rückhalt. Der Verkehrsausschuss des Göppinger Kreistages schloss sich gestern mit großer Mehrheit einer entsprechenden Resolution der kreisweiten Initiative Wir sind für Stuttgart 21 an. Lediglich die Grünen stimmten gegen das Papier. Der SPD-Verkehrsexperte Arnulf Wein (Süßen) enthielt sich.

Damit dürfte bei der nächsten Kreistagssitzung am 22. Oktober eine breite Mehrheit für die Annahme der Resolution sicher sein. Auch in verschiedenen Gemeinderäten wird in den nächsten Wochen über eine Unterstützung der Initiative debattiert. Am Donnerstag ist als Erstes Bad Ditzenbach an der Reihe. „Ich erwarte eine spannende Diskussion", sagte der Bürgermeister Gerhard Ueding. Allerdings gilt auch dort eine Mehrheit als sicher. Sieben von zwölf Gemeinderäten besitzen ein CDU-Parteibuch.

„Die Folgen eines Verzichts auf Stuttgart 21 machen mir noch mehr Sorgen als die offenen Fragen, die man zu Recht stellen kann", sagte der Göppinger Landrat Edgar Wolff und warb bei seinen Kreisräten für die Annahme der Resolution. Der SPD-Fraktionschef Peter Feige (Eschenbach) verwies darauf, dass das Projekt viele Jahre lang in sämtlichen Gremien auch im Kreis Göppingen Zustimmung erhalten habe: „Ich bin ein überzeugter Anhänger der parlamentarischen Demokratie." Sein Fraktionskollege Wein folgte hingegen der Position seiner Landespartei. Das Projekt sei derart umstritten und entzweie die Bevölkerung derart, dass es einer zusätzlichen Legitimierung durch einen Volksentscheid bedürfe. Die Resolution sei viel zu plakativ, um die Situation befrieden zu können.

In der Entschließung werden ebenso die Chancen des Großprojekts betont wie die Risiken, die sich bei einem endgültigen Baustopp ergeben könnten. Insbesondere würde dann die erhoffte Einbindung des Kreises in das regionale S-Bahn-Netz in weite Ferne rücken. Bei einem Verzicht auf die Neubaustrecke nach Ulm fehle es auf der Filstalstrecke an zusätzlichen Kapazitäten für einen Halbstundentakt, sagte der Verkehrsplaner des Kreises, Jörg-Michael Wienecke. Dann müsste ein drittes Gleis gebaut werden, für das es bis jetzt kein Geld gibt. Und die Menschen im Filstal würden mit mehr Lärm belastet, erklärte der CDU-Fraktionschef Wolfgang Rapp (Geislingen).

Allerdings ist der Verkehrsplaner auch sonst beim S-Bahn-Anschluss nicht weitergekommen. Noch immer fehlt es an einer detaillierten Angebotskonzeption, die von der DB Netz eigentlich für September versprochen worden war. Somit ist unklar, zu welchen Zeiten die S-Bahn fahren könnte, wie lange sie nach Stuttgart braucht und welche Anschlüsse dort erreicht werden. „Ich hätte diese Fragen heute gerne beantwortet", sagte der Landrat Edgar Wolff. Immerhin habe man in einem kurzfristig anberaumten Gespräch erfahren können, dass der erhoffte Halbstundentakt Probleme bereite. Möglich sei allenfalls ein sogenannter Stolpertakt. Dafür könnten die Wartezeiten im Bahnhof Plochingen, die bis jetzt bis zu acht Minuten betragen sollten, deutlich kürzer ausfallen. Genaueres erfahre man voraussichtlich im Frühjahr 2011.

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