16 Göppingen: Stähle und OB Till

Christian Stähle stellt dem OB ein Ultimatum

Autor: EBERHARD WEIN | StZ 16.10.2010

Göppingen. Der Linke-Stadtrat droht, ihn wegen übler Nachrede anzuzeigen. 

Es bleibt dabei: Beim Linke-Stadtrat Christian Stähle sieht der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till einfach nur rot. Dabei hatte es der Theologe mit der sozialistischen Überzeugung diesmal eigentlich gut gemeint und die Verwaltung in Schutz nehmen wollen. Doch der parteilose Oberbürgermeister, der als Kommunalpolitiker in Deutschlands Osten offenbar traumatische Erfahrungen mit den dortigen Nachwendesozialisten machen musste, will von Stähle keine Schützenhilfe. So erlebte der Kleinkrieg der beiden in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats einen neuen Höhepunkt.

Bei der Diskussion über die Ansiedlung eines großen Edeka-Markts auf einem Acker zwischen Holzheim, Ursenwang und Manzen hatte Till ziemlich unvermittelt und zur Überraschung aller eine Erklärung zu Protokoll gegeben, in der er sich gegen jegliche Korruptionsvorwürfe verwahrte. Im Wiederholungsfall werde er gerichtlich gegen solche Anschuldigungen vorgehen, sagte Till und nahm dabei ausdrücklich Bezug auf die vorangegangene Wortmeldung des Linke-Stadtrats. „Ich meine damit Sie", sagte der OB zu Stähle.

Der streitbare Linke, der den OB zuletzt im Frühjahr mit einer folgenlosen Dienstaufsichtsbeschwerde gepiesackt hatte, konnte es kaum glauben. Von Korruptionsvorwürfen sei in seinem Redebeitrag doch überhaupt keine Rede gewesen. Tatsächlich hatte er eine unglückliche Formulierung des CDU-Stadtrats Wolfgang Aupperle relativiert. Dieser hatte von einer „Gefälligkeitsplanung" gesprochen, weil die Stadt allzu bereitwillig den Wünschen des Investors gefolgt sei. „Natürlich kommt weder Herr Aupperle noch sonst jemand in diesem Gremium auf die Idee, der Verwaltung Gefälligkeitshandlungen zu unterstellen", hatte Stähle wörtlich gesagt.

Warum Till auf die Idee kam, dies als Korruptionsvorwurf zu interpretieren, bleibt sein Geheimnis, zumal er zuvor auf Aupperles Wortmeldung noch ruhig und souverän reagiert hatte. Till messe mit zweierlei Maß, kommentierte der Grünen-Sprecher Christoph Weber den Vorfall. Offenbar wolle er durch seinen Konfrontationskurs das Gremium spalten. In diesem Fall dürfte das allerdings nicht gelingen. „Ich war erschüttert, dass der OB derart an die Decke gegangen ist", sagte der Vorsitzende der Vereinigung Unabhängiger Bürger (VUB), Wolfram Feifel. Till habe die Wortmeldung offensichtlich falsch verstanden, vermutete der FDP-Chef Rolf Daferner. Und auch der CDU-Stadtrat Klaus Fischer räumte ein, dass Stähle genau das Gegenteil dessen gemeint habe, was ihm der OB unterstellt hat. Der SPD-Fraktionschef Emil Frick wollte sich nicht äußern.

Stähle, der den Saal unter Protest verließ, fordert jetzt eine Entschuldigung bei der nächsten Sitzung am 21. Oktober. Andernfalls werde er seinerseits den OB wegen Verleumdung anzeigen. Auf Anfrage wollte sich Till dazu nicht äußern.

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