09 Verkehr Klein, Fleischer, Binder

Bummel-S-Bahn statt Regionalexpress? (Leserbrief)

Zu den Schlichtungsgesprächen zur Neubaustrecke Wendlingen – Ulm

Autor: Eckhart Klein, Geislingen | GZ 09.11.2010

Gut, dass jetzt die Fakten auf den Tisch kommen, die Zielplanung von Land und Bahn. Versprochen werden über die Neubaustrecke eine Beschleunigung des Zugverkehrs, tolle Verbindungen zwischen Stuttgart und Ulm nach Biberach, Richtung Augsburg oder München. Es werden hier die Minutengewinne seitenweise aufgeführt. Nur was haben Göppingen und Geislingen davon? Künftig werden nicht nur die IC, sondern auch die Regionalexpresse von Ulm über Wendlingen nach Stuttgart fahren. Nur so können sie die versprochenen Zeiten rausfahren.

Auf der Web-Werbeseite „Das Neue Herz Europas“ kann man eine Bestandsgarantie für die Filstalstrecke nachlesen. Sie spiele in der Planung eine wesentliche Rolle für den schweren Güterlastverkehr. Und die durch IC und Interregio freiwerdenden Slots könne man auch für eine S-Bahn-Anbindung nutzen. Da freut sich der Pendler, der bisher schnell und zügig nach Stuttgart oder Ulm mit dem Interregio fuhr, dass er nun die S-Bahn bekommt.

Was das für den Kreis bedeutet ist klar: mal wieder abgehängt. Und vor allem würde die S-Bahn schon heute nach Geislingen fahren, da muss der Kreis „nur“ den Eintrittspreis für den VVS bezahlen. Nach 2020 gibt’s also S-Bahn-Bummeln von und nach Stuttgart statt Interregioexpress. Bezahlen muss das der Kreis und alle Pendler mit dem Komfortverlust. Kein schnelles Shoppen mehr per Bahn zwischen Göppingen, Stuttgart, Geislingen oder nach Ulm.

Nicht dass jemand meint, das sei ein Horrorszenario, das haben Frau Gönner (CDU) und Herr Kefer (DB) so vorgetragen. Die Neubaustrecke Ulm – Wendlingen rechnet sich nur, wenn dort auch die Interregio fahren, also ade für schnelle Verbindungen nach Stuttgart und Ulm für uns.

Nur an die Renaissance des schweren Güterlastverkehrs per Schublok über die Steige, an die kann ich nicht recht glauben. Die Strecke wird heute schon gemieden, und durch weitere Investitionen nur für Personenschnellverkehr statt für Regional- und Güterlastverkehr schiebt man mehr Lkw auf die Straße beziehungsweise Autobahn und bestraft die Pendler, die cashcow der Bahn. Deshalb also Ausbau von A 8 und B 10, den Güterverkehr will man ja nicht auf die Schiene bringen.

Wo bleibt der Aufschrei vom Kreis? Haben sich schon alle damit abgefunden, die Zeche nur zu zahlen, ohne einen Nutzen zu haben?

zu Zitaten aus der Schlichtung…

zum offenen Brief des Kreisvorstands dazu…

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Land zahlt für Nahverkehr – aber zu viel (Leserbrief)

Zu Stuttgart 21 und den Nahverkehr

Autor: Korbinian Fleischer, Reichenbach | GZ 09.11.2010

Im Rahmen von Stuttgart 21 wird heftig über die Zukunft des Nahverkehrs im Filstal diskutiert. Leider vermisse ich dabei etwas die Sachkenntnis: Die Pro-S-21-Seite behauptet, der Nahverkehr würde besser werden, weil Trassen frei würden. Die Contra-S-21-Seite behauptet, der „schnelle Nahverkehr“ würde auf die Neubaustrecke abwandern.

Natürlich wäre es möglich, dass der Interregioexpress von Ulm statt durchs Filstal über die Neubaustrecke geleitet wird. Aber das bestimmt die Deutsche Bahn AG nicht eigenmächtig: Seit der Bahnreform im Jahr 1994 sind die Bundesländer, bei uns das Land Baden-Württemberg bzw. deren Nahverkehrsgesellschaft NVBW, für die Bestellung der Nahverkehrszüge (alle roten Züge) zuständig. Diese bestellt und bezahlt für jeden Zugkilometer, der im Ländle von der Deutschen Bahn AG gefahren wird. Die NVBW bestimmt auch, wo Züge halten und welche Strecke genommen wird. Da der IRE zwischen Ulm und Stuttgart in Geislingen, Göppingen und Plochingen hält, ist es sehr unwahrscheinlich, dass dieser künftig auf der Neubaustrecke verkehren wird.

Ob sich der Nahverkehr zum heutigen Stand verbessern wird, ist sehr fraglich: Finanziert wird er vom Land und der Filstaltakt teilweise auch vom Landkreis. Das Land bekommt Regionalisierungsmittel vom Bund zugewiesen und leitet diese mehr oder weniger nur weiter. Werden diese Mittel gekürzt, anno 2006 war dies der Fall, müssen Züge gestrichen werden. Bedenklich ist, dass die Bundesländer, außer Baden-Württemberg, ihre zu bestellenden Zugleistungen europaweit ausschreiben und somit andere Bahngesellschaften zum Zug kommen, wie zum Beispiel die Firma Agils, die ab Dezember 2011 den Nahverkehr zwischen Ulm und Regensburg erbringt. Dies spart dem jeweiligen Bundesland viel Geld, mit dem mehr Züge bestellt werden können (Verbesserung). Während bei ausgeschriebenen Bahnstrecken Kilometerentgelte von teilweise unter einem Euro bezahlt werden, zahlt das Land Baden-Württemberg rund acht Euro pro Zugkilometer, um die DB AG für S 21 „bei Laune zu halten“ – und dies sogar im Voraus für die Jahre nach der Fertigstellung von Stuttgart 21! Auch die Ausschreibung der S-Bahn Stuttgart scheiterte, weil kein privates Unternehmen die unkalkulierbaren Risiken mit S 21 eingehen wollte.

Das Land bezahlt viel zu viel Geld für seinen Nahverkehr auf der Schiene in Rücksichtnahme auf das gigantische Großprojekt S 21. Ohne S 21 könnte der Nahverkehr schnell deutlich verbessert werden, weil einfach mehr Geld verfügbar wäre. Auch die Auslastung der Strecke Stuttgart – Ulm würde dies ermöglichen, wenn man alle Rückbauten der vergangenen Jahre rückgängig machen würde.

zu Zitaten aus der Schlichtung…

zum offenen Brief des Kreisvorstands dazu…

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Auf den Zusammenhang kommt es an (Leserbrief)

Zum Leserbrief von Peter Lecjaks: In der ausgeübten Funktion als OB! 5. 11. 2010

Autor: Manfred Binder, Geislingen | GZ 09.11.2010

Sehr geehrter Herr Lecjaks, zugegeben: Wenn die Herren Boris Palmer und Wolfgang Amann sagen: „Grüß Gott, ich bin der Oberbürgermeister und trinke gerne Apfelschorle“, wird niemand unterstellen, sie sprächen für alle Tübinger oder Geislinger. Es kommt natürlich auf den Zusammenhang an.

Boris Palmer sitzt bei der Schlichtungskommission nicht in einer Versammlung von Oberbürgermeistern, sondern in einer von Verkehrsexperten, weil er einer der kundigsten und profiliertesten Kritiker von Stuttgart 21 ist. Das wurde er nicht als Tübingens OB, sondern als grüner Landtagsabgeordneter und Stuttgarter OB-Kandidat. Würde Herr Palmer heute sein Geld als Taxifahrer verdienen oder ansonsten völlig in seiner Rolle als Hausmann und Vater aufgehen, er säße deshalb genauso in der Schlichtungskommission.

Ganz anders Herr Amann: Wäre Herr Amann nicht der derzeitige OB von Geislingen, kein Mensch wäre auf den Gedanken verfallen, ausgerechnet er müsse Erstunterzeichner der Resolution für Stuttgart 21 sein. Die Erstunterzeichner dieser Resolution sind das sämtlich wegen ihrer derzeitigen Funktion als OB von Göppingen, von Geislingen, als Landrat, als Abgeordnete, als IHK-Präsident usw., und da stellt sich bei einigen davon, zum Beispiel eben bei Herrn Amann, schon die Frage: Warum glauben diese Personen, ihr Amt für die Verbreitung dieser politischen Meinungen nutzen zu dürfen?

zu Zitaten aus der Schlichtung…

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