19 Ebersbach: Kauffmann-Areal

Frust und viele Fragezeichen

Kauffmann-Areal: In der kommenden Woche sollen die Würfel fallen

Autor: KARIN TUTAS | NWZ 19.11.2010

Seit Monaten ringen die Stadt Ebersbach und der Investor um einen Konsens zur Neugestaltung des Kauffmann-Areals. Hopp oder top – kommende Woche sollen im Gemeinderat die Würfel fallen.

Ebersbach. Was bedeutet der rätselhafte Galgen an der Ludwigstraße am Rande des Kauffmann-Areals? Kommen Stadt und Investor endlich miteinander zu Potte? Und was bleibt von den bisherigen Plänen für die Neue Mitte Ebersbach überhaupt noch übrig? Fragen über Fragen, und die Antwort lässt weiter auf sich warten. Inzwischen macht sich auch bei Befürwortern des Projekts Frustration breit. Der Vorsitzende des Handels- und Gewerbevereins, Uli Hannotte, hat die Hoffnung zwar noch nicht aufgegeben. Aber Hannotte macht kein Hehl daraus, dass die HGV-Mitglieder angesichts ständiger Verzögerungen des Baubeginns „unglücklich“ sind. „Uns wäre lieber, wenn das Ganze schon fertig wäre“, erklärt Uli Hannotte. Die auf der ehemaligen Industriebrache vorgesehenen neuen Geschäfte würden dringend benötigt, um Ebersbach als Einkaufsstadt zu beleben.

Eigentlich hätten die Ebersbacher schon seit dem 1. Oktober in dem geplanten Lebensmittelmarkt der Konsumgenossenschaft Göppingen einkaufen sollen. So zumindest lautete der Plan nach dem Bürgerentscheid über die umstrittene Planung am 14. Dezember 2008. Aber immer wieder liegen neue Stolpersteine auf dem Weg, die den Spatenstich verzögern. Auch aus dem für 1. Juli dieses Jahres anvisierten Baustart ist nichts geworden, nachdem sich Grundwasserprobleme offenbart hatten, die den Bau der Tiefgarage erheblich verteuern würden. Der Investor ImmoInvest hatte die Stadt bei den Mehrkosten mit ins Boot nehmen wollen und mit weiteren 900 000 Euro zur Kasse bitten wollen. Die Kommune dagegen pocht auf Einhaltung des städtebaulichen Vertrags. Seit dem Sommer ringen Stadt und der Investor ImmoInvest inzwischen um einen Konsens.

Für die CDU-Fraktionsvorsitzende Brigitte Kreisinger haben sich im Laufe der Verhandlungen viele Fragezeichen aufgetan. „Wir wollen nach wie vor, dass es mit dem Bau losgeht, aber nicht um jeden Preis“, macht die Stadträtin deutlich. Aber Kreisinger lässt auch durchblicken, dass sie vom Investor enttäuscht ist: „Mein Vertrauen ist stark erschüttert“, sagt die CDU-Frau. „Gut, dass uns das Grundstück noch gehört“, fügt Kreisinger hinzu.

Noch ist nicht klar, was letztendlich von der im städtebaulichen Vertrag festgezurrten Planung übrig bleibt. Und vor allem, was für die Kommune abfällt, die nun entgegen ursprünglicher Planung den Umbau der Villa und den Bau neuer Räume für die Musikschule selbst schultert. Mittlerweile verdichten sich jedoch die Hinweise, dass der Investor ohne Tiefgarage plant und stattdessen Parkplätze auf das Dach des Einkaufsmarktes draufsatteln wird. Außerdem sollen mehr ebenerdige Stellplätze als bisher entstehen.

Die europaweite Ausschreibung der Baukonzession verpflichtet alle Beteiligten zum Stillschweigen. „Wir dürfen nichts sagen“, verlautet es fast gebetsmühlenhaft von den Bürgervertretern. Nicht nur die SPD-Fraktionsvorsitzende Ingrid Scherr empfindet diese Situation als „äußerst unbefriedigend“. Angesichts der rechtlichen Lage sei es nicht möglich, die Bürger mit ins Boot zu nehmen, erklärt Scherr. „Aber wir müssen die Leute irgendwann informieren.“ So sieht das auch der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Armin Bühler: „Es ist Unruhe da, es gibt Fragen, und wir dürfen nichts sagen.“ Für die Grünen-Fraktionsvorsitzende Gabriele Ebensperger ist „die Geheimhaltungspolitik“ nicht nachvollziehbar. „Wir würden den Bürgern gegenüber mehr Klarheit schaffen“, erklärt die Stadträtin.

In der kommenden Woche soll der Gemeinderat hinter verschlossenen Türen entscheiden, wie es auf dem Kauffmann-Areal weitergeht. Mit-Investor Hermann Weber ist zuversichtlich, dass weißer Rauch aufsteigen wird. „Ich denke, dass wir jetzt eine Lösung gefunden haben, die uns und der Stadt dient.“

Marktbetreiber zuversichtlich

Der Startschuss für die Neue Mitte Ebersbach auf dem Kauffmann-Areal hätte bereits im Sommer 2009 fallen sollen. Die in einem städtebaulichen Vertrag festgezurrte Planung sieht neben dem Bau eines Lebensmittelmarktes Fachmärkte, einen Kulturpavillon, eine Altenpflegeeinrichtung und eine Tiefgarage vor. Die unterirdischen Stellplätze scheinen aus Kostengründen vom Tisch zu sein.

Der Lebensmittelmarkt sollte seit 1. Oktober bereits geöffnet sein. Als neuen Eröffnungstermin hat Geschäftsführer Matthias Füchtner von der Konsumgenossenschaft Göppingen November 2011 anvisiert. Auch bei einer Umplanung ist Füchtner zuversichtlich, den Staufers-Markt pünktlich eröffnen zu können. Sollte die Neue Mitte ohne Tiefgarage gebaut werden, könnte dies laut Füchtner den Bau sogar beschleunigen. tut

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Karten auf den Tisch!

KOMMENTAR KAUFFMANN-AREAL

Autor: KARIN TUTAS | NWZ 19.11.2010

Frust, Resignation, Häme, Zuversicht – das Ebersbacher Kauffmann-Areal ist für die ganze Bandbreite der Gefühle gut. Beinahe zwei Jahre sind vergangen seit dem emotionsgeladenen Bürgerentscheid um die Gestaltung des innerstädtischen Filetstücks. Inzwischen ist es ruhig geworden, sehr ruhig, zu ruhig. Zwar wird die Villa mit Volldampf auf die Sanierung vorbereitet, aber sonst rührt und regt sich nichts auf der ehemaligen Industriebrache. Kein Wunder, dass bei vielen Ebersbachern Zweifel aufkommen, ob das Großprojekt überhaupt zustande kommt.

Seit Monaten ringen Stadt und Investor hinter verschlossenen Türen um eine Lösung der Probleme, die im Zusammenhang mit dem Bau der Tiefgarage aufgetreten sind. Dass es dabei ums Geld geht, liegt auf der Hand. Aber die Bürger erfahren nichts, und die Stadträte sind zum Schweigen verdonnert.

Auch wenn diese von einer Stadträtin so bezeichnete „Geheimhaltungspolitik“ aus rechtlicher Sicht notwendig sein mag. Sie schafft Unruhe in der Stadt, und die Gerüchte schießen ins Kraut wie das Gestrüpp auf der Industriebrache.

Die Toleranzgrenze angesichts dieses Pokerns hinter den Kulissen ist überschritten. Eine Entscheidung, wie es auf dem Kauffmann-Areal weitergeht, ist ebenso überfällig wie eine lückenlose Information der Bürger. Die Karten müssen auf den Tisch, die Ebersbacher haben ein Recht darauf.

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