01 Eislingen: Haushalt

Rathausbau prägt die Finanzdebatte

In den Haushaltsreden nehmen die Vorsitzenden der Eislinger Fraktionen Stellung zum Projekt

Autor: DANIEL GRUPP | NWZ 01.12.2010

Die Finanzlage der Stadt Eislingen entspannt sich leicht. Dennoch droht die Vervielfachung der Schulden. Daher ist unter den Gemeinderatsfraktionen umstritten, ob der Rathausneubau derzeit bezahlbar ist.

Eislingen. Die Steuerschätzung vom November zeigt, dass sich die Finanzlage der Stadt Eislingen etwas verbessert. Der Erste Beigeordnete Herbert Fitterling berichtete am Montagabend im Gemeinderat, dass das Finanzdezernat inzwischen mit höheren Schlüsselzuweisungen ein Plus beim Einkommenssteueranteil und zusätzlichen Einnahmen aus der Gewerbesteuer rechnet. Dies werde 2010 noch zu einer positiven Zuführungsrate führen, statt des kalkulierten Minus’ von 624 000 Euro. Dieser Trend setzt sich 2011 fort, sodass ebenfalls ein Zuschuss vom Verwaltungs- in den Vermögensetat erwartet wird. Fitterling erinnerte daran, dass im 50-Millionen-Euro-Etat 2011 ein Investitionsvolumen von elf Millionen geplant ist. Das sei fast doppelt so hoch wie in Göppingen.

Die elf Millionen Euro im Investitionshaushalt könnten nur finanziert werden, weil der „Sparstrumpf geleert“ werde, indem 1,3 Millionen Euro aus den Rücklagen entnommen werden, betonte der Fraktionschef der Freien Wähler, Eckehard Wöller, in seiner Rede. Zudem steige die Verschuldung. 2011 seien 2,95 Millionen Euro neue Kredite eingeplant, in den beiden Jahren danach 7,85 Millionen Euro. Damit wachse die Verschuldung auf das 14-fache. Wöller: „Hauptgrund ist der geplante Bau des Rathauses.“

Der FW-Sprecher beantragte daher, den Beginn so lange zu schieben, bis alle Fragen zur Finanzierung und zum Konzept des Gesamtareals geklärt sind. Zudem sollen Rücklagen gebildet werden, die etwa 40 Prozent der Baukosten abdecken. Die FW wendet sich auch gegen die Pläne von Bürgermeister Klaus Heininger, im Jubiläumsjahr 2011 die Erhebung Eislingens zur Großen Kreisstadt zu beantragen. Dies soll erst geschehen, wenn der Bezug des Rathauses absehbar ist. Mit Blick aufs Stadtjubiläum beantragt die FW die Ausgaben für den Geschichtspfad zu streichen, wenn die Beteiligung gering bleibt.

Eislingen werde die Wirtschaftskrise mit einem „blauen Auge“ überstehen, glaubt Erich Schwendemann. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion hält es für richtig, dass Eislingen an seinen Großprojekten Turnhalle, Osttangente und Rathausneubau festgehalten habe.

Laut Schwendemann ergeben sich die Schulden der Stadt im Wesentlichen durch die Ausgaben in den Bereichen Jugendarbeit, Kindergärten, Schulen und Hallenbad. Wer also die Strukturen der Verschuldung angehen wolle, müsse dort anfangen. Die CDU-Fraktion steht zum Neubau des Rathauses. Die Finanzierung stehe auf relativ sicheren Beinen. Die CDU ist der Überzeugung, dass die Stadt jetzt gute Baupreise erzielen kann, weil die Konjunkturförderung des Bundes ausläuft. Um Grundstückseinnahmen zu erreichen, müsse die Planung der Bereiche Lutherkirche, Kino-Areal und altes Polizeirevier vorangebracht werden.

Peter Ritz befürchtet, dass die Weltfinanzkrise noch nicht ausgestanden ist. Daher dürfe ein Einstieg in den Rathausneubau erst erfolgen, „wenn eine klare Zusage von einem beträchtlichen Zuschuss zu den Baukosten aus dem Sanierungsprogramm feststeht“. Daher fordert der Vorsitzende der SPD-Fraktion, die für den Rathausbau eingesetzten Mittel aus dem Haushalt zu nehmen. Die SPD-Fraktion beantragt zudem eine Aufstellung der Kosten für die Betreuung der unter Dreijährigen und ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt. Die Stadtbücherei soll mehr Geld für den Kauf von Medien erhalten, fordert Ritz. Zudem sollen die Stadteingänge von Eislingen und Krummwälden neu gestaltet werden. Er möchte am Konzept des Geschichtspfades fürs Stadtjubiläum festhalten. Falls dies an der fehlenden Mitwirkung zu scheitern drohe, müsse ein Alternativkonzept versucht werden.

„Ein Entwurf, der uns bindet, wie noch nie ein Haushalt zuvor“, bewertete Holger Haas das Zahlenwerk. Nach Ansicht des Fraktionschefs der Grünen gebe es damit kaum weitere Handlungsspielräume. Nicht berücksichtigt seien weitere mögliche Ausgaben, etwa für den Kauf des Stromnetzes. Da das neue Rathaus fast vollständig auf Pump finanziert werden müsse, fordern die Grünen, eine Pause einzulegen und ein Meinungsbild der Bürger einzuholen. Haas schlägt als Termin den 27. März 2011 vor, wenn auch der Landtag gewählt wird.

Die Grünen-Fraktion fordert zudem, dass ein Demografiebericht für Eislingen erstellt wird. Dabei soll festgestellt werden, ob eine bedarfsgerechte Infrastruktur für ältere Menschen vorhanden ist. Um mögliche zusätzliche Einnahmen zu erreichen, wollen die Grünen, dass die Stadt die Übernahme des Stromnetzes „ernsthaft“ prüft und eventuell in die Stromproduktion einsteigt. Nach Ansicht von Holger Haas bietet die jetzt schwierige Finanzsituation der Stadt die Chance, „strukturelle Änderungen durchzuführen“.

zurück zur Presseübersicht Dezember 2010…

Schulden drücken auf die Stimmung

Autor: KLAUS NONNENMACHER | StZ 01.12.2010

Eislingen. Die Fraktionen nehmen zum Haushaltsentwurf Stellung und sorgen sich um den Rathausneubau. Von Klaus Nonnenmacher

Ein voraussichtlicher Anstieg der Verschuldung um mehr als zehn Millionen Euro in den kommenden Jahren treibt die Eislinger Stadträte mindestens ebenso um wie der geplante Neubau des Rathauses oder die Verbesserung der Kinderbetreuung. Und in ihren Stellungnahmen zum 50 Millionen Euro umfassenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2011 haben sie auch mindestens zwei dieser Themen miteinander verknüpft. Zumeist ging es um die Finanzierung des Rathauses.

Eine ungewöhnliche Kombination wählte der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Erich Schwendemann. Er rechnete vor, dass sich allein der jährliche Abmangel für Kindergärten, schulische Betreuung und Jugendarbeit in Eislingen im Jahr 2011 umgerechnet auf 151 Euro pro Einwohner belaufe, also etwa 80 Prozent der im kommenden Jahr insgesamt auf 185 Euro pro Kopf steigenden Verschuldung entspreche. Weitere 59 Euro pro Einwohner zahle die Stadt alljährlich für den Betrieb ihrer Schulen drauf. Sparen, so stellte Schwendemann klar, wolle er an diesen Stellen keinesfalls. Doch diese laufenden Kosten, so warnte er, ließen sich nicht durch den Verkauf von Grundstücken oder die Verschiebung von Investitionen decken. Dafür deutete er an, dass er durchaus Potenzial beim Betrieb des teuren Stadtbads sehe.

Weniger durch die Blume sprach Eckehard Wöller von den Freien Wählern die finanzielle Situation an. Der Beginn des Rathausneubaus solle so lange verschoben werden, bis alle Fragen der Finanzierung befriedigend geklärt seien. Und Wöller verdeutlichte auch gleich, was zur Befriedigung seiner Fraktion zu geschehen habe. Es sollten neue zweckgebundene Rücklagen in Höhe von etwa vier Millionen Euro gebildet werden. Dieses Geld hatte die Stadt vor Beginn der Finanzkrise noch zur Verfügung. Zurzeit werden die Rücklagen aber massiv zur Finanzierung des laufenden Betriebs aufgezehrt.

Auch die Grünen und die SPD treibt die Frage der Finanzierung des Neubaus um. Holger Haas von den Grünen verwies, wie Schwendemann, auf die zunehmenden laufenden Kosten und fragte, ob man nicht den Rathausneubau doch zu Grabe tragen solle. Zumindest könne seiner Ansicht nach die Bürgerschaft dazu befragt werden. So weit wollten CDU und SPD nicht gehen. Peter Ritz (SDD) machte aber ebenfalls klar, dass nur unter bestimmten finanziellen Voraussetzungen ein Baubeschluss gefasst werden solle.

Denn die Zukunft birgt noch weitere Belastungen für die Stadt. Noch sei völlig unklar, wie man den Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für Kleinkinder bewerkstelligen und bezahlen wolle, mahnten die Sprecher aller vier Fraktionen. Dass man dringend ein Konzept dafür erstellen müsste, daran ließen sie keine Zweifel.

AUSGEWÄHLTE HAUSHALTSANTRÄGE DER GEMEINDERATSFRAKTIONEN

CDU Die Christdemokraten wollen unter anderem die Gestaltung der Schlosspassage, die Renaturierung der Krumm und den Bau der Brücke beim Badergelände verschieben. Dafür soll das Grundstück an der Lutherkirche weiterentwickelt und das Areal des ehemaligen Polizeireviers überplant werden. Von weiteren Investitionen in das Schlosstheater halten sie nichts. Sie fordern zudem ein Verkehrsgutachten für die Nordstadt.

Freie Wähler Die Gemeinderäte würden den Rathausneubau zur Not auch verschieben. Ihnen erscheint die Finanzierung noch nicht gesichert. Davon hinge auch die Erhebung zur Großen Kreisstadt ab. Auch sie wollen anstelle des ehemaligen Polizeireviers eine Neuentwicklung. Für den Schlosspark soll ein Konzept erstellt werden. Der Bau des Mühlbachkreisels soll vorgezogen werden. Ein Verkehrskonzept für die Nordstadt wird ebenfalls gefordert.

SPD Die Sozialdemokraten wollen auch den Bau des Mühlbachkreisels im kommenden Jahr, fordern Verbesserungen im Bahnhofsumfeld, legen Wert auf ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt an der Lutherkirche und sprechen mögliche Verbesserungen an den Spielplätzen an.

Grüne Die Fraktion fordert unter anderem eine Bürgerbeteiligung bei der Erschließung des Geländes um die Lutherkirche und beantragt die Streichung der Krummbrücke, eine Biotopkartierung, die Durchführung einer Seniorenmesse in der Stadthalle sowie die Erstellung eines Demografieberichts.

zurück zur Presseübersicht Dezember 2010…