03 Eislingen: Geschichtspfad

Geschichtspfad in die Irre

Muntere Debatte in Eislingen um nicht-öffentlich gefassten Ratsbeschluss

Autor: DANIEL GRUPP | NWZ 03.12.2010

Das Stadtjubiläum „1150 Jahre Eislingen“ treibt weiter die Gemüter um. Das Aus für den Geschichtspfad und die Konsequenzen daraus, wird von Verwaltung und Stadträten unterschiedlich interpretiert.

Eislingen. Ein munterer E-Mail-Verkehr hat sich gestern zwischen der Eislinger Stadtverwaltung, Stadträten und Medienvertretern entwickelt. Es ging um die Bewertung des Beschlusses, den der Eislinger Gemeinderat am Montagabend in nicht-öffentlicher Sitzung getroffen hat. Wie berichtet, hat die Stadtverwaltung vorgestern verkündet, dass einhellig das Aus für den Geschichtspfad zum Stadtjubiläum beschlossen worden sei. Nachdem sich Stadtrat Peter Ritz (SPD) anders an die Sitzung erinnerte, haben gestern verschiedene Teilnehmer ihre Positionen verdeutlicht.

Einig waren sich aber Stadträte und Bürgermeister Klaus Heininger, dass das geringe Interesse der Bürger an dem Geschichtspfad mit Containern das teure Projekt zum Risiko gemacht hätte. Dass die Bürger so spät eingebunden wurden, liege auch am Ausscheiden des zuständigen Kulturamtsleiters Alexander Warmbrunn, der sich im September um die Stauferfestspiele kümmern musste und dann nach Lindau gewechselt ist.

Der CDU-Fraktionschef Erich Schwendemann erinnert sich an einen einstimmigen Beschluss gegen den Geschichtspfad. Gleichzeitig sei die Zusammenarbeit mit dem Büro Archäo, das das Konzept entwickelt hat, beendet worden. Grund sei die mangelnde Mitwirkungsbereitschaft aus der Bevölkerung. „Ohne geht es nicht.“ Als Kosten für den Geschichtspfad wurden Summen zwischen 200 000 und 300 000 Euro genannt. Nach dem Ausscheiden Warmbrunns sei in der entscheidenden Phase monatelang nicht viel geschehen. Schwendemann kann sich jetzt vorstellen, dass die Stadtgeschichte auf andere Weise thematisiert wird, etwa an historisch bedeutende Örtlichkeiten.

„Der Geschichtspfad mit den Containern wurde schweren Herzens beerdigt“, erinnert sich Holger Haas an den Montagabend. Die hohen Kosten bei fehlender Betreuung nennt der Frakionschef der Grünen als Gründe. Vorgeschlagen worden sei, dafür historische Momente beim Stadtfest im Umzug aufzugreifen und das Jubiläumsjahr mit Veranstaltungen zu flankieren. Peter Ritz habe auch einen Geschichtslehrpfad vorgeschlagen, ähnlich dem geologischen Lehrpfad zu den Saurierfunden. Haas hält dies für eine gute Idee. Nach Ansicht von Haas ist Warmbrunn in der Phase als die Bevölkerung hätte mobilisiert werden müssen, monatelang nicht zur Verfügung gestanden.

In einem Schreiben an Rathaus und Gemeinderat stellte Peter Ritz gestern erneut seine Sicht dar. Zwar habe die große Containerlösung im Gremium keine Chance mehr gehabt, jedoch sei Kulturamtsleiterin Maria-Luise Schäfer gebeten worden, ein Alternativkonzept zu entwickeln. Zudem erwarte die SPD-Fraktion, dass in der Gemeinderatssitzung am 13. Dezember über das weitere Vorgehen beraten wird. „Es kann nicht sein, dass die Verwaltung unabgestimmt ihre Wahrnehmung an die Öffentlichkeit gibt“, betont Ritz, der sich eine Rückkehr zu einer kooperativen Praxis wünscht.

„Es zeigt sich, dass es nicht gut ist, eine wichtige Angelegenheit ohne entsprechend gut vorbereitete Sitzungsvorlage und ohne schriftlichen Antrag nur mündlich am Ende einer anstrengenden vierstündigen Gemeinderatssitzung zu erörtern und gar zu beschließen“, fasst Eckehard Wöller seinen Eindruck zusammen. Der Vorsitzende der Freien-Wähler-Fraktion erinnert sich, dass zwar das Aus für die Container vereinbart wurde, aber ein Geschichtspfad mit Tafeln an bedeutenden Stellen angestrebt werde. Die Verwaltung soll Möglichkeiten erkunden. Er wünscht sich etwas Dauerhaftes, das vom Jubiläum bleibt.

Das Gremium sei überein gekommen, dass die geschichtlichen Akzente anders zu setzen sind, erinnert sich Bürgermeister Klaus Heininger an Montagabend. Das Konzept habe einen hohen ehrenamtlichen Personaleinsatz erforderlich gemacht. Bei hohen Kosten habe aber das Risiko bestanden, dass der Erfolg ausbleibt, denn insgesamt sei die Resonanz auch bei den Vereinen nicht so groß gewesen. Dass der Wechsel im Kulturamt zu organisatorischen Problemen geführt habe, sieht auch Heininger. Er geht aber davon aus, dass Kulturamtsleiterin Schäfer Vorschläge entwickeln wird. Auch sei vorgesehen, dass ihr das Büro Archäo zuarbeitet.

Heininger hat aber nicht vor, das Thema auf die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung am 13. Dezember zu setzen. Wobei er einräumt, dass eine öffentliche Debatte nicht geschadet hätte.

Verwaltung sieht keinen Raum für Fehlinterpretationen

Die nicht-öffentlichen Beschlüsse aus Sicht der Verwaltung stellte der Erste Beigeordnete Herbert Fitterling gestern in Absprache mit Bürgermeiser Klaus Heininger schriftlich dar. Nach dem Verlauf der Diskussion und der Beschlussfassung habe es aus Sicht der Verwaltung keinen Raum für Fehlinterpretationen gegeben, so Fitterling.

Demnach wurde beschlossen, auf die Realisierung des Projekts Geschichtspfad zu verzichten. Zudem werden dem Büro Archäo die Kosten für die Realisation ersetzt. Drittens wird die Verwaltung beauftragt, für den Stadtfestumzug und das Fest einen historischen Beitrag zu erarbeiten und darüber im kommenden Jahr zu berichten.

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