12 Kreistag: Kliniken und Haushalt

Kliniken ein heißes Eisen

Kreisräte sehen Neubau skeptisch – Klares Ziel ist Erhalt beider Standorte

Autorin: SUSANN SCHÖNFELDER | NWZ 12.02.2011

Lange hielten sich die Kreispolitiker mit Äußerungen in Sachen Klinik-Neubau zurück. In der Haushaltsberatung nahm das Thema gestern breiten Raum ein. Tenor: eine Klinik, zwei Standorte, kommunaler Träger.

Kreis Göppingen. Wie sieht die medizinische Versorgung im Landkreis künftig aus? Die Frage war gestern bei der Haushaltsberatung im Kreistag ein zentrales Thema. Die Fraktionen waren sich weitgehend einig: Der Vorschlag des Christophsbads, ein neues Krankenhaus in der Öde zu bauen, stieß auf Skepsis, jedoch ist die Mehrheit der Kommunalpolitiker offen für Gespräche. Zudem bekannten sich die Kreisräte klar zum Erhalt beider Kliniken in Göppingen und Geislingen – und das in kommunaler Trägerschaft.

Der Spatenstich für das Gesundheitszentrum in Geislingen sei ein „deutliches und unmissverständliches Signal zum Erhalt des Klinikums“, betonte Landrat Edgar Wolff einmal mehr – und erntete Zustimmung aus den Reihen des Kreistags. Wie es mit der beschlossenen – und bis 31. März ausgesetzten – Schließung der Geburtshilfe an der Helfensteinklinik weitergehen soll, wird am 18. Februar in einer moderierten Runde besprochen.

Erst im April wird hingegen ein runder Tisch tagen, der sich mit dem Vorschlag des Christophsbads, eine neue zentrale Klinik zu bauen, befassen wird. Ein Termin, den nicht nur die Landkreisverwaltung, sondern auch die Kreistagsfraktionen mit Spannung erwarten. Die CDU, die sich bereits in ihrer jüngsten Fraktionssitzung mit der Idee auseinander gesetzt hatte, kündigte auch gestern bei den Haushaltsberatungen an, „sehr intensiv“ über alle Vorschläge zu beraten. „Wir sind für sachliche und konstruktive Gespräche offen“, so Fraktionschef Wolfgang Rapp. Die Umsetzung des beschlossenen Klinikkonzepts habe für die Christdemokraten oberste Priorität. „Wir bekennen uns ausdrücklich zum Erhalt beider Kliniken in kommunaler Trägerschaft“, betonte Rapp. Eine Aussage, die Werner Stöckle, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, voll und ganz unterschreiben konnte. Den Vorstoß des Christophsbads sieht Stöckle jedoch skeptisch – zumindest „Art und Weise, Zeitpunkt und Adressaten“. Die Freien Wähler stehen aber ebenfalls einem Gedankenaustausch offen gegenüber. Ziel sei, da sprach Stöckle seinen Kreistagskollegen aus der Seele, „ein breites und hochqualifiziertes Gesundheitsangebot“ im Landkreis zu haben und zu erhalten.

Sascha Binder, der die Haushaltsrede im Namen der SPD-Fraktion hielt, forderte bei der Debatte um die Zukunft der Kliniken vor allem Öffentlichkeit und Transparenz – vor allem bei den aktuellen Gesprächen über die Schließung der Geislinger Geburtshilfe. Was einen Klinik-Neubau betrifft, sehen die Sozialdemokraten „keine neuen Ideen“. Ein Gutachten rate von einem Neubau ab, zitierte Binder eine von der Klinik-Geschäftsführung in Auftrag gegebene Studie. Die SPD sähe es allerdings gerne, wenn in punkto Kooperationen – auch mit dem Christophsbad – „mehr Fortschritte“ erzielt werden.

Viele ungeklärte Fragen und Schwierigkeiten sieht die FDP bei der Offerte des Christophsbads, zum Beispiel die Frage, bis wann der Neubau in der Öde bezugsfertig sein könnte. Die Freien Demokraten sprechen jedoch auch von „ganz neuen Perspektiven“ und bewerten das geplante Treffen auf Geschäftsführerebene positiv.

Wenig euphorisch haben die Grünen im Kreistag den Vorschlag der Privatklinik aufgenommen. Ein Neubau binde nicht nur Mittel des Landes, sondern auch des Landkreises, gab Martina Zeller-Mühleis zu bedenken. „Gewachsene Strukturen sollten nicht ohne erkennbare Notwendigkeit klein geredet werden“, so die Grünen-Politikerin.

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Ein „Notruf“ aus dem Landratsamt

Kreistag verabschiedet Haushalt – Schuldenberge und Investitionsstau prägen das Planwerk

Autorin: SUSANN SCHÖNFELDER | NWZ 12.02.2011

Der Landkreis muss auch in diesem Jahr kleine Brötchen backen. Zu groß sind die Löcher im Haushalt, den der Kreistag gestern verabschiedet hat.

Kreis Göppingen. Es sei natürlich purer Zufall, dass die Verabschiedung des Kreishaushalts auf den 11. Februar, den Europäischen Tag des Notrufs analog der Telefonnummer 112, falle, meinte Landrat Edgar Wolff. Dennoch könne man den auf 563 Seiten verfassten Etat durchaus als Notruf verstehen. Im Haushalt klafft ein tiefes 20-Millionen-Euro-Loch, das Jahr 2011 sei daher ein Jahr der Konsolidierung, gab der Verwaltungschef die Marschroute vor. Übrig bleiben Investitionen in Höhe von 9,7 Millionen Euro mit den Schwerpunkten Sanierung der Kliniken sowie Substanzerhaltung der Schulen und Kreisstraßen. Auch eine weitere Zahl spricht eine deutliche Sprache: Um 3,6 Millionen Euro werden die Schulden des Landkreises in diesem Jahr zusätzlich steigen. Die Rücklage schmilzt um 1,8 Millionen Euro – mehr geht nicht, machte der Landrat klar.

Der Kreis schiebt einen 100 Millionen Euro schweren Investitionsstau vor sich her, der Schuldenberg wächst in Richtung 70 Millionen Euro – kein Wunder, dass auch die Fraktionen in ihren Reden SOS riefen: „Die Lage des Landkreises ist nach wie vor unverändert dramatisch und Besorgnis erregend“, brachte CDU-Fraktionschef Wolfgang Rapp die Situation auf den Punkt. Die Kreispolitiker jeder Couleur pochten daher darauf, weiter eisern zu sparen – wobei Werner Stöckle, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, meinte, Sparen sei nicht das richtige Wort, weil man ja gar kein Geld habe, das man zur Seite legen könnte. Vielmehr solle man „das finanziell Vertretbare im Auge behalten“.

Sascha Binder, der stellvertretende Fraktionschef der SPD, bedauerte einmal mehr, dass durch einen Fehler im Sozialdezernat plötzlich 1,2 Millionen Euro fehlten – ein Lapsus, der das Planwerk gewaltig durcheinander gewirbelt habe. Die FDP schlug angesichts der leeren Kassen ebenfalls Alarm und forderte, beim Sparen zuerst auf der Ausgabenseite den Rotstift anzusetzen. Bund und Land stärker in die Pflicht zu nehmen, das wünschten sich die Grünen, bevor der Kreistag einhellig dem Etat 2011 zustimmte.

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