02 Guttenbergs Rücktritt

Rücktritt spaltet die Politiker

Guttenbergs Abgang löst im Landkreis gegensätzliche Reaktionen aus

Autorinnen: SUSANN SCHÖNFELDER, JOA SCHMID | NWZ 02.03.2011

 

„Überfällig“ oder „bedauerlich“: Der gestrige Rücktritt von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg stößt bei den Politikern im Landkreis Göppingen auf unterschiedliche Reaktionen.

Kreis Göppingen. Es war nur noch eine Frage der Zeit: Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) ist über die Plagiatsaffäre gestolpert und gestern von seinen politischen Ämtern zurückgetreten. „Ein Schritt, der großen Respekt verdient“, meint der Göppinger CDU-Landtagsabgeordnete Dietrich Birk. Auch wenn der Rücktritt „ein Verlust“ für die Union sei, sei er auch „ein Befreiungsschlag“, fügt der Parlamentarier hinzu, „denn es wäre nicht gut gewesen, wenn das Thema noch über mehrere Wochen diskutiert worden wäre“. Birk ist überzeugt: „Das ist keine Beschädigung auf Dauer. Zu Guttenberg wird eine zweite Chance bekommen und sie auch nutzen und auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Union spielen.“ Dass die Doktor-Schummelei des Ex-Ministers negative Auswirkungen auf die Landtagswahl in Baden-Württemberg haben könnte, glaubt Birk nicht: „Das wird uns noch stärker machen. Und wir werden am 27. März als CDU ein gutes Ergebnis erzielen.“

Ganz ähnlich bewertet der Göppinger CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus Riegert den Rücktritt des Freiherrn. „Ich finde es schade, dass er diesen Schritt gehen musste, ich halte ihn – Doktorarbeit hin oder her – für ein großes politisches Talent.“ Natürlich müsse man Guttenbergs Fehlverhalten ernst nehmen. „Dass das nicht in Ordnung war, ist unzweifelhaft.“ Aber zu Guttenberg sei sehr offen zu seinen Fehlern gestanden. Riegert hält es mit dem Bibelzitat „wer selbst ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“. Im übrigen gebe er Kanzlerin Angela Merkel recht. Sie habe ja keinen wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt, sondern einen Bundesverteidigungsminister.

Bedauern über den Entschluss des Verteidigungsministers drückte gestern auch die Geislinger CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Razavi aus: „Sein Rücktritt ist für die Politik grundsätzlich ein Verlust. Er hat sehr gute Arbeit geleistet.“ Die Christdemokratin wollte den Abgang jedoch nicht bewerten: „Das ist ein Schritt, den nur er selbst beurteilen kann.“ Der Rücktritt sei die Konsequenz aus „nicht nachlassenden Diskussionen“, betont Razavi – „trotz größter Unterstützung aus der Bürgerschaft“.

Ganz anders sieht man es bei der SPD. „Ich halte den Schritt für konsequent und nicht mehr aufschiebbar“, sagte der Göppinger Landtagsabgeordnete Peter Hofelich. Man sollte nach Meinung von Hofelich nicht unterschätzen, dass diejenigen, die wissenschaftlich arbeiten zurecht eine hohe Messlatte hinsichtlich der Quellenangaben anlegten und deswegen auch sehr deutlich reagierten. Auf die Wahlen in diesem Jahr werde sich der Rücktritt nur mittelbar auswirken. Hofelich: „Es ist offenkundig, dass die Kanzlerin nicht agiert, sondern nur reagiert und die Personaldecke um sie herum immer dünner wird.“

Sehr kritisch sieht der Göppinger Bundestagsabgeordnete Werner Simmling das Verhalten zu Guttenbergs: „Er hat in dieser Situation total falsch gehandelt.“ Das Abschreiben sei schon schlimm genug, so der Liberale aus Hohenstadt, die Rechtfertigung nach Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe („das ist abstrus“) ein weiterer schwerer Fehltritt, unterstreicht Simmling, für den der Schritt fast zu spät kommt. Dennoch bedauert der FDP-Mann zu Guttenbergs Rücktritt, „denn er ist ein wirklich guter Politiker“.

Als längst überfällig bezeichnet der Göppinger Landtagskandidat der Grünen, Jörg Matthias Fritz, den Rücktritt von Guttenberg. „Der Anschein legt es nahe, dass der Mann bei seiner Doktorarbeit bewusst abgeschrieben hat und das erfüllt den Tatbestand der Täuschung, wenn nicht sogar strafrechtlich relevantere Dinge.“ Fritz glaubt durchaus, dass die Plagiatsaffäre Auswirkungen auf die Landtagswahl haben wird. Nicht nur zu Guttenberg werde beschädigt, sondern auch die Kanzlerin und Ministerpräsident Stefan Mappus, die beide Guttenbergs Verhalten bis gestern gedeckt hätten. Fritz: „Ein Minister, der fälscht und nicht die nötige Sorgfalt walten lässt, ist in diesem Amt fehl am Platze.“

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