03 Wahlkampf: Claudia Roth in Göppingen

DIE GRÜNEN KÄMPFEN FÜR EINEN POLITIKWECHSEL

Mit einem politischen Schwergewicht haben gestern die Grünen im Kreis die Wahlkampftrommel gerührt: Die Bundesvorsitzende Claudia Roth war zu Gast in Göppingen.

Kampf den „Mappusen“

Claudia Roth zu Gast bei der NWZ – Harsche Kritik an Wahlkampf der CDU

Autorin: SUSANN SCHÖNFELDER | NWZ 03.03.2011

 

Sie hat im Erdkundeunterricht mal abgekupfert. Rot-Grün sind ihre Lieblingsfarben, aber sie verspricht nicht „das Blaue vom Himmel“: Claudia Roth, Bundeschefin der Grünen, stand bei der NWZ Rede und Antwort.

Göppingen. „Ist die Vorstellung nicht großartig, dass in vier Wochen plus x die CDU weg ist vom Fenster?“ Claudia Roth wird bei diesem Gedanken nahezu euphorisch: Mehrmals spricht die Bundesvorsitzende der Grünen beim NWZ-Redaktionsgespräch von einer „historischen Chance“, bei der Landtagswahl am 27. März einen Politikwechsel herbeizuführen. „Mappus steht mittlerweile für eine CDU, die meint, der Staat gehört ihr“, kritisiert Roth. „Aber Baden-Württemberg gehört definitiv nicht der CDU. Und ich lasse mir den Begriff ,Heimat’ von den Mappusen nicht kapern“, fügt die gebürtige Ulmerin energisch hinzu.

Claudia Roth lässt an diesem Nachmittag keinen Zweifel aufkommen: Sie wird kämpfen bis zum letzten Tag. Denn den Ministerpräsidenten zu stellen, sei kein Traum, sondern ein Ziel, sagt sie bestimmt. Von sinkenden Umfragewerten lässt sie sich nicht beirren: „Ein Drittel der Wähler entscheidet sich erst in den letzten zwei Wochen vor der Wahl.“ Die Zeit bis zum 27. März will die Bundesvorsitzende nutzen, „um über Inhalte zu reden“. Ein Seitenhieb in Richtung der Union, „die einen unanständigen Wahlkampf in Baden-Württemberg führt“, ärgert sich Roth. „Das ist offenbar ein Zeichen für hohe Nervosität. Und bei der realen Möglichkeit des Machtverlusts heiligt der Zweck die Mittel“, prangert die quirlige, stets gestikulierende Frau beispielsweise an, dass die CDU öffentlich über den Gesundheitszustand des grünen Spitzenkandidaten Winfried Kretschmann spekuliert. „Ich bin auch manchmal ein Lästermaul“, gesteht Claudia Roth und schmunzelt, „aber ich versuche, mich mit Inhalten auseinanderzusetzen“.

Und dann zählt die Bundesvorsitzende Themen und Werte auf, die ihr wichtig sind: Menschenrechte, Ökologie, Zusammenhalt in der Gesellschaft, Nächstenliebe – „Dinge, bei denen ich durchaus konservativ bin“, räumt die grüne Politikerin ein. Vehement widerspricht sie der Kritik, dass ihre Partei in Baden-Württemberg eine „Ein-Themen-Partei“ sei – ein Vorwurf, der nach den Protesten gegen das Infrastrukturprojekt Stuttgart 21 immer wieder laut wird. „Wir machen eine Politik, die ein Gegenentwurf zu der von Mappus ist“, fasst Roth zusammen. Dass die Grünen über Stuttgart 21 per Volksentscheid abstimmen wollen, ist ja kein Geheimnis.

Oberste Priorität habe bei den Grünen die Investition in Bildung, ergänzt Jörg Matthias Fritz, Landtagskandidat der Grünen im Wahlkreis Göppingen. Und wie sieht es mit der Infrastruktur, also dem Weiterbau der B 10 und dem Ausbau der A 8, aus? Nach mehrmaligem Nachfragen meint Fritz: „Ich kann nicht sagen, ob das Geld für die B 10 in den nächsten fünf oder zehn Jahren da ist.“ Wichtiger sei, das bestehende Straßennetz zu sanieren, bevor man neue Straßen baue. „Das wichtigste Projekt für den Landkreis Göppingen ist es, die S-Bahn hierher zu holen“, lautet Fritz’ Marschroute. Der Ausbau und die Förderung regenerativer Energien, die Verknüpfung grüner Politik mit Wirtschaftsinteressen sowie der Blick auf den Klimawandel (Roth: „Er findet brutal statt“) haben sich die Grünen ja schon seit langem auf die Fahnen geschrieben.

Apropos schreiben: Hat die Bundesvorsitzende jemals abgekupfert? Claudia Roth überlegt nicht lange: „Ja, in der neunten Klasse im Erdkundeunterricht. Aber ich bin erwischt worden, und der Lehrer hat mich dann bis zum Abi immer ganz genau durchgecheckt.“ Doch so nett solche Anekdoten sind, die Plagiatsaffäre des zurückgetretenen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will Roth nicht verharmlosen: „Das ist ein gravierendes Fehlverhalten, eine Missachtung des Wissenschaftsethos’ und absolut keine Lappalie.“

Rot-Grün, Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün?

„Trotz allem Optimismus bin ich nicht davon überzeugt, dass die Grünen die absolute Mehrheit bekommen“, meint Claudia Roth schmunzelnd mit Blick auf die Landtagswahl am 27. März. Großes Ziel sei eine rot-grüne Koalition. Und wenn das nicht klappt? „Man muss Kompromisse schließen“, sagt Roth, „und nach Inhalten schauen“, beispielsweise wenn es um eine Koalition mit der CDU ginge. Und was ist mit der Linkspartei? „Ich glaube nicht, dass Baden-Württemberg die Linke im Landtag braucht“, lautet die deutliche Ansage.

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Mit rot-grünem Schal auf Wahlkampftour

Claudia Roth trommelt für Politikwechsel

Autorin: SUSANN SCHÖNFELDER | NWZ 03.03.2011

 

Ein roter und ein grüner Schal als Symbol für die künftige Landesregierung? Claudia Roth, Bundesvorsitzende der Grünen, trommelte gestern auf dem Göppinger Markplatz für einen Politikwechsel am 27. März.

Göppingen. Claudia Roth wirkt entspannt, lächelt, gibt sich bürgernah. Sie schüttelt Hände, nimmt sich Zeit für unzählige Fotos, diskutiert mit Passanten über die Plagiatsaffäre und den Rücktritt des Ex-Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg. Keine Spur von Müdigkeit in einem anstrengenden Wahlkampf. Vielleicht ist es die „historische Chance“, die die Bundesvorsitzende der Grünen beflügelt. Die Chance, nach 57 Jahren „diese bleierne CDU-Regierung“ im Land abzulösen. „Wir kämpfen dieses Mal nicht um einen Platz, sondern um den Sieg“, unterstreicht die Grünen-Chefin und räumt ein, dass dieses Ziel vor einigen Jahren undenkbar gewesen wäre.

Claudia Roth kam gestern auf Einladung des Göppinger Landtagskandidaten der Grünen, Jörg Matthias Fritz, in die Hohenstaufenstadt. Arm in Arm spazierten die beiden Parteifreunde auf den Marktplatz, rund 100 neugierige Besucher warteten bereits gespannt auf die Politikerin, später hörten rund 200 Passanten zu. Die Bundesvorsitzende trotzte dem eisigen Wind („ich habe meinen Mantel bei einer Wahlkampfveranstaltung in Karlsruhe vergessen“), Fritz hingegen kam das Lüftchen gelegen für ein Wortspiel: „Ein frischer Wind und ein neuer Frühling wären genau das richtige für Baden-Württemberg.“ Der Göppinger Kandidat kritisierte die Versprechen der CDU („das sind alles ungedeckte Schecks“) und kündigte an, dass seine Partei Prioritäten setzen und vor allem in Bildung investieren werde.

Dann übergab er das Wort an Claudia Roth, die mit viel Beifall begrüßt wurde. Mittlerweile schützte sie ein grüner, ausgeliehener Schal zusätzlich vor Kälte – ursprünglich hatte sie nur einen roten um die Schultern gelegt. Ein rot-grünes Accessoire als Symbol für die künftige Landesregierung? „Wir wollen, dass es in Baden-Württemberg einen Neuanfang gibt“, rief die gebürtige Ulmerin kämpferisch ins Mikrofon und gab auch Einblick in ihr Seelenleben: „Mein grünes Herz flattert“, denn sie erlebe den „aufregendsten und spannendsten Wahlkampf“, an den sie sich erinnern könne.

Roth sprach dann grüne Themen wie den Atomausstieg oder den Klimawandel an. Und geißelte das Verkehrsinfrastrukturvorhaben Stuttgart 21 als „Milliardengrab“ – Kritik, die bei den Gegnern des Projekts auf dem Marktplatz natürlich gut ankam.

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