03 Wahlkampf im Internet

Auf Stimmenfang im Netz

Nicht alle Landtagskandidaten überzeugen mit ihrem Online-Auftritt

Autor: TOBIAS FLEGEL | NWZ 03.03.2011

 

Der Wahlkampf ist überall. Die Kandidaten versuchen mit Schildern, Auftritten und Flugblättern zu überzeugen. Im Internet jedoch tun sich manche schwer, ihre Positionen und Ziele zu erklären.

Kreis Göppingen. Selten versprach eine Wahl in Baden-Württemberg so spannend zu werden wie in diesem Jahr. Der Bau von Stuttgart 21, das ENBW-Geschäft und längere Laufzeiten für Atomkraftwerke haben die Menschen verärgert. Der Unmut darüber könnte dazu führen, dass es am 27. März zu einem historischen Machtwechsel in Stuttgart kommt: Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes hat eine rot-grüne Koalition gute Chancen auf die Mehrheit im Parlament. Der jüngsten Umfrage zufolge sind die zwei konkurrierenden Lager zurzeit praktisch gleich stark: Das Institut Emnid hat ermittelt, dass CDU und FDP zusammen 46 Prozent der Stimmen gewännen, während SPD und Grüne insgesamt 45 Prozent der Stimmen einfahren würden. Die Linke würde momentan mit vier Prozent nicht in den Stuttgarter Landtag einziehen.

Die Parteien feuern aus allen Informationsrohren, um die Schlacht für sich zu entscheiden. Neben klassischen Wahlkampfmitteln wie Veranstaltungen, Fernsehauftritten, Plakaten und Flugblättern ist das Internet als Plattform für die Kandidaten getreten. Die Auftritte sprechen junge Menschen und mobile Menschen an. Ein Hinweis dafür ist, dass nahezu alle Kandidaten aus den Wahlkreisen Göppingen und Geislingen Mitglied bei Facebook sind. Über einen Link auf ihrer Homepage gelangt der Besucher zu dem sozialen Netzwerk und kann – sofern er selbst als Mitglied registiert ist – das Profil eines Politikers kommentieren oder ihm eine Nachricht schreiben. Wer schnell etwas mitteilen oder wissen will, kann mit manchem Politiker zudem über den Nachrichtendienst Twitter kommunizieren.

Die Interaktion ergänzen Informationen über die Kandidaten. Doch politische Ziele kurz und verständlich zu erklären, schaffen nicht alle im Internet. Am schnellsten erfährt der Interessierte etwas über die insgesamt vier Männer und zwei Frauen von CDU, SPD und FDP. Einzig Matthias Fritz von den Grünen verzichtet auf einen eigenen Katalog von Positionen und schließt sich den Ansichten der Partei in Baden-Württemberg an. Anders dagegen sein Kollege aus dem Wahlkreis Geislingen: Bernhard Lehle ist auf der Seite der Landes-Grünen vertreten und hat eine eigene Homepage, auf der er über sich und seine Ziele informiert. Das Gleiche gilt für die Vertreter der Linken aus den Wahlkreisen Göppingen und Geislingen.

Ein anderes Thema ist die Navigation zu und auf den einzelnen Internetauftritten. Auch hier schneiden die Vertreter von CDU, SPD und FDP besser ab als die der Grünen und Linken. Der Weg zu Matthias Fritz und Christian Stähle erfordert Geduld, denn die Suchmaschine Google spuckt die Kandidaten nicht oben auf der Trefferliste aus. Hat der Interessierte den richtigen Link identifiziert und ist auf der Homepage des Kandidaten angelangt, wartet eine weitere Herausforderung auf ihn. Die Grünen verwirren auf ihrer Seite mit vielen Bildern, die zu ihren verschiedenen Positionen führen. Schwer macht es dem Besucher auch Christian Stähle, dessen lange Texte auf der Homepage viel Ausdauer zum Lesen erfordern.

Wer wirklich mehr erfahren möchte über einen Kandidaten, durchforstet auch komplizierte Internetseiten nach Informationen. Alle anderen Internetnutzer dürften die unübersichtlichen Homepages mancher Landtagskandidaten schnell wieder verlassen. Dass einige Politiker sich im Netz besser darstellen als andere, liegt womöglich daran, dass sie über mehr Geld verfügen und professionelleren Beistand hatten als andere. Klar ist: Gut gestaltete Auftritte erleichtern die Aufgabe, sich für einen Kandidaten zu entscheiden. Die Qual der Wahl nehmen sie aber nicht ab.

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