28 Landtagswahl

Fünf Mandate für den Kreis

Grüne im Wahlkreis Göppingen schicken Jörg Matthias Fritz in den Landtag

Autor: HELGE THIELE | NWZ 28.03.2011

Der Landkreis ist künftig mit fünf Abgeordneten im Landtag vertreten: Dietrich Birk, Peter Hofelich und Jörg Matthias Fritz aus dem Wahlkreis Göppingen und Nicole Razavi und Sascha Binder aus dem Wahlkreis Geislingen sind gewählt.

Kreis Göppingen. Historischer Wahlsieg von Grün-Rot im Land, spektakuläres Ergebnis im Landkreis: Der Kreis Göppingen ist künftig mit fünf Abgeordneten im Landtag vertreten. Im Wahlkreis Göppingen konnte Dietrich Birk (CDU) mit 38 Prozent sein Direktmandat verteidigen, Peter Hofelich (SPD) zog erneut über die Zweitauszählung ins Landesparlament ein. Der Sozialdemokrat erreichte 26,4 Prozent der Stimmen und lag damit über dem Landesschnitt seiner Partei.

Riesenjubel gab es bei Jörg Matthias Fritz, dem Vorsitzenden der Grünen in Göppingen: Der 51-jährige Dozent zieht als dritter und neuer Landtagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Göppingen ins Parlament ein. Fritz, der 22,0 Prozent erreichte, erfuhr im Laufe des Abends von seinem persönlichen Triumph und freute sich über ein „fulminantes Ergebnis“.

Im Wahlkreis Geislingen gewann Nicole Razavi (CDU) erneut das Direktmandat. Sie erreichte 41,4 Prozent der Stimmen. Über die Zweitauszählung löste der SPD-Kreisvorsitzende Sascha Binder das Ticket nach Stuttgart. Er erzielte mit 24,2 Prozent wie Hofelich im Wahlkreis Göppingen ebenfalls ein Ergebnis, das über dem Landesergebnis der SPD lag. Die SPD musste dennoch in beiden Wahlkreisen gegenüber der Landtagswahl von 2006 Verluste hinnehmen – minus 2,5 Prozent im Wahlkreis Göppingen, minus 3,9 Prozent im Wahlkreis Geislingen.

Die Verluste der Genossen waren allerdings nicht so stark wie die der CDU: Die Christdemokraten mit Dietrich Birk im Wahlkreis Göppingen verloren mit minus 6,3 Prozent deutlicher als die Christdemokraten im Wahlkreis Geislingen, wo Nicole Razavi, die bisherige verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, 4,4 Prozent der Stimmen einbüßte. Persönlich bitter für Dietrich Birk: Seine politische Karriere ist durch den Regierungswechsel in Stuttgart jäh gestoppt. Aus dem Staatssekretär im Wissenschaftsministerium wird nun ein einfacher Abgeordneter auf der harten Oppositionsbank.

Zu den Gewinnern: Die Grünen konnten im Wahlkreis Geislingen, zu dem nach der Wahlkreisreform 27 Kreisgemeinden gehören, noch stärker zulegen (plus 14,5 Prozent) als im Wahlkreis Göppingen (plus 13 Prozent).

Zu den klaren Wahlverlierern im Kreis gehören die FDP und die Linke. Die Liberalen stürzten in beiden Wahlkreisen ab: Im Wahlkreis Göppingen verloren sie 4,6 Prozent und landeten bei 4,7 Prozent. Im Wahlkreis Geislingen büßte die FDP 5,7 Prozent der Stimmen ein und erreichte nur noch 4,8 Prozent.

Die Linke, die sich vor allem im Wahlkreis Göppingen Hoffnungen gemacht hatte, im Falle des Einzugs der Partei einen Abgeordneten nach Stuttgart zu schicken, spielte gestern bei der Wahl keine Rolle: Im Wahlkreis Göppingen, wo der Göppinger Stadtrat Christian Stähle angetreten war, holte die Linke 3,2 Prozent, im Wahlkreis Geislingen erreichte Sabine Rösch-Dammenmiller, die 2009 bereits als Bundestagskandidatin der Linken ins Rennen gegangen war, lediglich 2,8 Prozent.

Die beiden rechtsextremen Parteien, Republikaner und NPD, holten in beiden Wahlkreisen knapp über ein Prozent. Auch die Piraten, denen vor der Wahl manch einer eine Überraschung zugetraut hatte, blieben weit hinter ihren Erwartungen zurück: Im Wahlkreis Göppingen holten sie 2,4 Prozent, im Wahlkreis Geislingen 1,9 Prozent.

Einen kräftigen Zuwachs gab es in beiden Wahlkreisen bei der Wahlbeteiligung zu verzeichnen: Im Wahlkreis Göppingen lag sie bei 65,7 Prozent (2006: 52,7). Im Wahlkreis Geislingen gaben 68,4 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab (2006: 68,4) – der Wahlkreis Geislingen lag damit sogar über dem Landesschnitt (66,2).

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„Ergebnis fulminant“

Jörg Matthias Fritz (Grüne) auf Wolke sieben

Autor: su | NWZ 28.03.2011

Jubel, Trubel, Heiterkeit: Die Grünen sind die Gewinner der Landtagswahl. Jörg Matthias Fritz, Kandidat im Wahlkreis Göppingen, strahlte über das ganze Gesicht und sprach von einem „fulminanten Ergebnis“. Nach den Umfragen habe sich der Sieg abgezeichnet, „ich habe unglaublich viel Zuspruch bekommen“, meinte Fritz, der nach einem Kräfte zehrenden Wahlkampf gestern zum ersten Mal ausgeschlafen hat. Dass er den Sprung in den Landtag schafft, habe er nicht wirklich für möglich gehalten: „Das ist prima. Ich freue mich riesig.“

Seiner Partei wird nicht viel Zeit zum Ausruhen bleiben. „Die Mühen der Berge liegen hinter uns, jetzt kommen die Mühen der Ebene“, sagte der 51-Jährige bei der Wahlparty in Göppingen, die mit rund 30 Besuchern in familiärer Atmosphäre stattfand.„Jetzt wartet ein Haufen Geschäft auf uns. Ich hoffe, dass wir so zusammenstehen wie die letzten Wochen und Monate, dann wird das was“, blickte Fritz zuversichtlich nach vorn. „Und Kretschmann hat das Zeug zum Ministerpräsidenten. Er hat lange politische Erfahrungen gesammelt“, ist er überzeugt.

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Erstmals zwei Abgeordnete

Wahlkreis Geislingen entsendet neben Nicole Razavi (CDU) Sascha Binder (SPD) in den Landtag

Autor: RODERICH SCHMAUZ | GZ 28.03.2011

Erstmals entsendet der Wahlkreis Geislingen zwei Abgeordnete in den Landtag – neben Nicole Razavi (CDU) auch Sascha Binder (SPD). Doch eigentlich ist Bernhard Lehle von den Grünen der große Wahlgewinner.

Raum Geislingen. Erdrutschartig haben die Grünen um Bernhard Lehle (47) bei der gestrigen Landtagswahl ihr Stimmenergebnis verbessert, nein vervielfacht. Die Landestrends waren im Wahlkreis 11 Geislingen noch wesentlich deutlicher ausgeprägt. 2006 erreichte der damalige Kandidat der Öko-Partei, der unbekannte Michael Joukov aus Ulm, 6,8 Prozent der Stimmen – jetzt holt der bekannte Geislinger Kommunalpolitiker Lehle für die Grünen 21,3 Prozent. Das ist das beste Ergebnis aller Zeiten – und doch reicht es nicht für ein Mandat.

Die Grünen sind nur dritte Kraft im wahlkreis. Nach ihrem außerordentlich guten Einstandsergebnis vor fünf Jahren mit 45,9 Prozent büßte die Christdemokratin Nicole Razavi (45) zwar 4,4 Prozent ein, mit 41,4 Prozent löste die Abgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende aber souverän das nächste Fünf-Jahres-Ticket nach Stuttgart.

Das gelang auch Sascha Binder. Seine SPD blieb zwar zweitstärkste Partei im Wahlkreis Geislingen, allerdings büßte sie nochmals 3,9 Prozent ein. Bereits vor fünf Jahren, als Dr. Hansjürgen Gölz, der altgediente Fraktionschef der Geislinger Gemeinderatsfraktion antrat, sackte die SPD auf miserable 28,2 Prozent ab. Die 24,2 Prozent für sie und ihren jungen Geislinger Kreisvorsitzenden Sascha Binder (28) stellen das schlechteste Ergebnis seit 1952 dar – dieses Ergebnis überm SPD-Landesdurchschnitt reichte aber für ein Mandat.

Klarer Verlierer ist die FDP, deren prozentuales Ergebnis sich gegenüber der Landtagswahl 2006 mehr als halbiert hat. Seinerzeit hatte Werner Simmling aus Hohenstadt achtbare 10,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt – zwischenzeitlich wurde er ja Bundestagsabgeorndeter. Der Unternehmer, Honorarprofessor und FDP-Kreisvorsitzende Winfried Hüttl (57) aus Nenningen kam jetzt gerade mal auf 4,77 Prozent – blieb also sogar unter der magischen Fünf-Prozent-Marke.

Die Linke um Sabine Rösch-Dammenmiller (49) aus Lauterstein steigerte zwar ihr Ergebnis, blieb aber bei 2,8 Prozent. Aus dem Stand holte die Piratenpartei mit 1177 Stimmen fast zwei Prozent. Mit einer eins vor dem Komma blieben die rechtslastigen „Republikaner“ und die NPD bedeutungslos, ebenso die ÖDP mit 0,9 Prozent.

Vor fünf Jahren war die Wahlbeteiligung auf einen historischen Tiefstand seit Gründung des Südweststaates abgerutscht. Die Wähler haben diese Scharte gestern ausgewetzt. 2006 ging fast nur noch jeder zweite Wahlberechtigte zur Wahl, auf 53,5 Prozent sackte damals die Quote ab. Nun schnellte sie um 15 Prozent auf beachtliche 68,4 Prozent hoch. Das bedeutet, dass mehr als zwei von drei Wahlberechtigten von ihrem Stimmungsrecht Gebrauch gemacht haben. In seinem neuen Zuschnitt waren im Wahlkreis Geislingen gestern 90 478 Einwohner wahlberechtigt, 61 865 gingen zur Wahl.

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Allen Grund zur Freude

Die Kandidaten der Grünen, CDU und SPD auf Wahlpartys im Kreisgebiet

AutorInnen: JOANNA STOLAREK, GÜNTER HOFER, KARIN TUTAS | GZ 28.03.2011

Drei Kandidaten hatten allen Grund zum Feiern: Nicole Razavi (CDU) holte das Direktmandat, Sascha Binder (SPD) wird ebenfalls im Landtag sitzen und Bernhard Lehle (Grüne) machte aus dem Stand 21,3 Prozent.

Kreis Göppingen. Kurz vor 18 Uhr ist die Spannung in der Seemühle in Geislingen fast unerträglich. Gebannt schauen die Anhänger der Grünen auf den Bildschirm, alle um ihren Kandidaten Bernhard Lehle geschart: Jetzt kommen die ersten Hochrechnungen. Grün-Rot liegt vorn. Jubel, Schreie und überschäumende Freude. „Endlich!“, „Wir haben es geschafft“, hört man hier und da, Menschen liegen sich in den Armen. Die Stimmung ist gelöst. „Behle“, wie Bernhard Lehle allgemein genannt wird, bekommt feuchte Augen. Er weiß gar nicht, wie ihm geschieht. Die etwa 30 Besucher der Wahlparty skandieren im Chor: „Weg mit Mappus.“ Glückwünsche für Behle, sein Handy klingelt unentwegt. Jemand bringt eine Magnumflasche Sekt: „Leute, trinkt! Wir haben heute einen Grund zum Feiern.“

„Ein Tag so wunderschön wie heute“, so beginnt Walter Kißling, Kreisvorsitzender der Grünen seine kurze Ansprache. Auch er ist überwältigt vom Wahlergebnis. Das sei ein Impuls für Deutschland, zeige es doch, die Menschen möchten mehr Demokratie und Mitbestimmung. „Unsere Arbeit beginnt jetzt“, betont Kißling. Zu tun gäbe es einiges, es werde nicht leicht „gegen den schwarzen Filz anzukämpfen, der uns oft Sand ins Getriebe schütten wird“.

Manfred Binder und Ismail Mutlu aus Behles Wahlkampfteam nicken. Als der Sympathieträger Behle auf der Bühne steht, jubeln die Besucher. Walter Kßling hat ihm Blumen in die Hand gedrückt. Da steht Lehle nun. Es sei für ihn wie damals, als seine Frau ihm mitgeteilt habe, sie bekomme ein Kind: „Diese Freude und diese immense Verantwortung, die spüre ich jetzt und davor habe ich auch großen Respekt.“

Die Stimmung kippt ein wenig, als es sich herausstellt, dass der 48-Jährige den Einzug in den Landtag knapp verpasst hat. Trotzdem freuen sich die Grünen über ihren Wahlsieg. Mit jeder Hochrechnung wird der Jubel lauter, die Stimmung noch gelöster.

Nicole Razavi findet sich gestern Abend im Ausstellungsraum beim Autohaus Maier in Kuchen ein. Knapp 100 Gäste sind dort versammelt, als sie gegen 17.50 Uhr, direkt aus Stuttgart kommend, eintrifft. Versteinerte Miene, kein Lächeln. Nach dem Griff zum Mikrofon sagt Razavi: „Ich möchte Sie vorwarnen, damit Sie nachher nicht zu sehr enttäuscht sind: Wir haben die Wahl verloren.“ Die erste Hochrechnung flimmert über einen Bildschirm. Keiner will glauben, dass sich Razavis Worte bewahrheiten. Erst bei Bekanntgabe der ersten Zahlen aus dem Wahlkreis Geislingen wird die Stimmung freundlicher. Kurz vor 20 Uhr – 14 der 27 Bezirke im Wahlkreis sind ausgezählt. Nicole Razavi nimmt die ersten Glückwünsche entgegen – es muss für das Direktmandat reichen. Im Vergleich zur Wahl 2006 hat die CDU-Abgeordnete zu diesem Zeitpunkt nur 1,7 Prozent verloren. Immer wieder recken sich ihr Hände entgegen, die sie schüttelt.

Gemischte Gefühle bei der SPD: „Wir können uns nie richtig freuen“, seufzt eine Genossin und bringt die Stimmung im Foyer der Salacher Stauferlandhalle auf den Punkt. Nur einmal brandet Beifall auf bei der Wahlparty der Sozialdemokraten im Kreis Göppingen. „Mappus ist weg, das freut mich sehr“, sagt Sascha Binder, Kandidat im Wahlkreis Geislingen. Aber dass die SPD nur noch drittstärkste Kraft im Land ist und nicht den Ministerpräsidenten stellen wird, ist der große Wermutstropfen im Freudenbecher. Auf ein rauschendes Fest hatten sich die Sozialdemokraten ohnehin nicht vorbereitet: Man feiert bodenständig mit Gulasch- und Erbsensuppe, Bier und nichtalkoholischen Getränken. Als die ersten Ergebnisse aus den Wahllokalen im Landkreis über die Leinwand flimmern, geht ein ums andere Mal ein Aufstöhnen durch den Raum. Zu fortgeschrittener Stunde doch noch einmal Grund zur Freude: Denn auch der Geislinger Kandidat Sascha Binder hat den Sprung ins Landesparlament geschafft.

Bernhard Lehle (Die Grünen) bekam allein in Geislingen 19 Prozent mehr Stimmen als bei der letzten Wahl. Für den Landtag reichte es allerdings nicht. Lehle verfehlte nur knapp den Einzug in das Landesparlament. „Das ist schade“, bedauerte er am Wahlabend, freute sich aber über das sensationelle Ergebnis seiner Partei, das das Ende der schwarz-gelben Regierung bedeutet. Den historischen Sieg feierte „Behle“ mit seinen Anhängern und Freunden bei MieV in der Seemühle in Geislingen. „Ich bin einfach nur superglücklich und froh darüber“, sagte der 48-Jährige.

Das Wahlergebnis bei der Landtagswahl sei eindeutig ein Zeichen dafür, dass die Bürger von Baden-Württemberg genug von der schwarz-gelben Regierung hätten. Er spricht von einer historischen Wende, wenn nach knapp sechs Jahrzehnten das Ländle von Rot-Grün regiert wird. „Die Wähler haben gezeigt, wir wollen einen anderen politischen Stil“, betonte der Geislinger. „Die CDU führte sich wie Besitzer des Landes auf, hat Entscheidungen wie etwa Stuttgart 21 vorweggenommen“, sagt der grüne Kommunalpolitiker. „Sie hören nicht mehr aufs Volk, den Leuten stinkt es.“

Bernhard Lehle weiß, dass erst jetzt die eigentliche Arbeit beginnt: „Es ist eine Riesenverantwortung. Die Menschen haben grün gewählt, vertrauen uns, dass wir es gut machen.“

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Birk verliert über dem Schnitt

Autor: kew | StZ 28.03.2011

Drei Abgeordnete werden künftig den Wahlkreis Göppingen in Stuttgart vertreten. Neben dem bisherigen Staatssekretär im Wissenschaftsministerium Dietrich Birk von der CDU und dem SPD-Landtagsabgeordneten Peter Hofelich wird auch der Grünen-Kandidat Jörg Fritz in den Landtag einziehen, obwohl er mit seinem Stimmenanteil von 22 Prozent leicht unter dem Landesdurchschnitt liegt. Das Göppinger Grünen-Ergebnis von vor fünf Jahren konnte er aber mehr als verdoppeln. Der CDU-Mann Birk, der bereits zum vierten Mal das Direktmandat holte, sprach von einer herben Niederlage für seine Partei. Mit seinem eigenen Ergebnis sei er aber zufrieden, obgleich er mit 6,3 Prozentpunkten leicht über dem Landesschnitt verlor. „Mit Melancholie” betrachtete Hofelich das Wahlergebnis, weil „die Volkspartei SPD” im Land nur auf Platz drei gelandet sei. Dass ihm selbst dieses Schicksal erspart blieb und er das zweitbeste Ergebnis seiner Partei im Regierungsbezirk erzielte, wertete er als persönlichen Erfolg. Trauer herrschte bei FDP und Linken. Auch der als Göppinger Linken-Stadtrat bekannte Christian Stähle lag nur knapp über dem Landesergebnis seiner Partei. Die Piraten erzielten 2,4 Prozent.

Die CDU bleibt drin, der Sieger draußen

Autor: com | StZ 28.03.2011

Im Wahlkreis Geislingen ist es lange Zeit spannend geblieben. Erst gegen 21 Uhr war klar, dass neben Nicole Razavi (CDU), die zum zweiten Mal das Direktmandat errang, auch der Sozialdemokrat Sascha Binder in den Stuttgarter Landtag einziehen wird – und damit ein zweiter Kandidat aus dem Wahlkreis. Bis dahin hieß es für die Genossen in der Salacher Stauferlandhalle Daumen drücken, bis die Zweitstimmen ausgewertet waren. Mit 24,2 Prozent und trotz eines Stimmverlusts von knapp vier Punkten holte der Jurist das Mandat. Razavi errang 41,4 Prozent, das sind mehr als vier Punkte weniger als 2006.

Zu hadern hat Bernhard Lehle. Der grüne Kandidat darf sich mit den 21,3 Prozent, die seine Partei im Wahlkreis errungen hat, als der Gewinner fühlen – in den Landtag hat er es dennoch nicht geschafft. Im Vergleich zu den anderen Bewerbern der Grünen im Regierungsbezirk hätte er mehr zulegen müssen. Winfried Hüttl von der FDP verlor 5,7 Punkte und landete bei 4,8 Prozent. Auch in seiner Heimatgemeinde Lauterstein musste er Verluste hinnehmen. Wie die Linke Sabine Rösch-Dammenmiller. Sie bekam 4,2 Prozent.

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Nur der jüngste Grüne findet es zum Heulen

Autor: EBERHARD WEIN | StZ 28.03.2011

Wahlkreis Göppingen Die Grünen und ihr Kandidat Jörg Fritz feiern einen historischen Sieg.

Bei einem solchen Ergebnis kann man schon einmal historisch werden. „30 Jahre sind eine verdammt lange Zeit”, rief der Göppinger Grünen-Kandidat Jörg Matthias Fritz seinen Parteifreunden in der Pizzeria Rosticceria zu, nachdem die ersten Landesergebnisse über den Bildschirm geflimmert waren. Doch nach einem Wahlkampf, „wie wir ihn vorher noch nie geführt haben”, stehe nun ein „Riesenerfolg”. Da brach nicht zum ersten Mal an diesem Abend Jubel aus in der kleinen Eckgaststätte am Göppinger Schlossplatz. Die Stadträtin Christine Lipp-Wahl bestellte die erste Runde Prosecco. Nur dem Kleinsten im Raum war zum Heulen zumute. Für Fabian, den halbjährigen Sohn von Jörg Fritz, war das Ganze vielleicht noch ein bisschen zu viel.

Dass es der Papa in den Landtag schaffen würde, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal fest. Doch als um 21.15 Uhr die Auszählung der Zweitmandate vorlag, durften Fritz und seine Parteifreunde noch einmal jubeln. Göppingen war noch nie eine Grünen-Hochburg, doch im Vergleich zum Ergebnis vor fünf Jahren hatte der 55-Jährige den Stimmenanteil auf 22,0 Prozent mehr als verdoppelt. Nach absoluten Zahlen verdreifachte sich das Ergebnis sogar von 4764 auf 13 539 Stimmen. „Ich freue mich darauf, unter einem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann in der Grünen-Fraktion mitzuarbeiten”, sagte Fritz, der als letzter Grüner im Regierungsbezirk das Ticket in die Landeshauptstadt löste. Für ihn schließt sich der Kreis. Vor 30 Jahren hatte er mit dem heutigen Spitzenkandidaten zusammen den Esslinger Kreisverband gegründet.

Bei der CDU, die ihren Partyschirm bei der Lambert GmbH, einer Spezialfirma für Marktschrime, Zeltsysteme und Verkaufsanhänger im Göppinger Stauferpark aufgestellt hatte, war niemanden zum Feiern zumute, zumal der Wahlkreiskandidat Dietrich Birk auf sich warten ließ. Als Mitglied des Parteipräsidiums hatte der bisherige Staatssekretär im Wissenschaftsministerium in Stuttgart zunächst die Wahlniederlage analysieren müssen. Seine Partei habe eine herbe Niederlage kassiert, sagte er hinterher. „Der Wähler hat uns die Oppositionsrolle zugewiesen, und wir werden sie annehmen”, sagte der 44-Jährige.

Mit seinem eigenen Ergebnis zeigte er sich zufrieden. Bereits zum vierten Mal holte Birk das Direktmandat. Dabei konnte er die Stimmenzahl im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren ziemlich exakt halten. Doch weil auch im Kreis Göppingen die Wahlbeteiligung von 52,7 auf 65,7 Prozent hochschnellte, stand am Schluss ein dickes Minus von 6,3 Prozentpunkten für Birk, dessen Ergebnis knapp unter dem Landesdurchschnitt liegt.

Bei der SPD im Foyer der Salacher Hohenstaufenhalle herrschte nur gedämpfte Freude. „Ich bin in melancholischer Stimmung”, bekannte Peter Hofelich. Der 58-Jährige musste im Vergleich zum Ergebnis vor fünf Jahren 2,5 Prozentpunkte abgeben und holte 26,4 Prozent. Dass er damit im Wahlkreis deutlich vor den Grünen auf Platz zwei landete und im Regierungsbezirk hinter seinem Parteifreund Andreas Stoch aus Heidenheim das zweitbeste SPD-Ergebnis im ganzen Stuttgarter Regierungsbezirk holte, war für ihn nur ein geringer Trost. Zu sehr bekümmerte ihn der landesweite Abstieg der „Volkspartei SPD”.

Nichts zu feiern, gab es an diesem Abend für die FDP. Sie hatte sich im Göppigner DJK-Heim versammelt. Vor eineinhalb Jahren hatte dort Werner Simmling die Eroberung eines Bundestagsmandats begießen dürfen. Diesmal scheiterte die FDP-Kandidatin Antje Spoddig-de Boer, die in Simmlings Wahlkreisbüro arbeitet, im Kreis sogar an der Fünf-Prozent-Hürde.

Das blieb auch Christian Stähle von den Linken nicht erspart. Der Göppinger Stadtrat hatte auf seine Bekanntheit gesetzt, schnitt mit 3,2 Prozent aber nur wenig besser als die Landespartei ab. „Wir haben vielleicht manchen politischen Gegner unterschätzt”, sagte Stähle. Als Beispiel nannte er die Piratenpartei, die im Wahlkreis 2,4 Prozent ergatterte. „Das sind doch eigentlich unsere ureigensten Themen.”

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Sascha Binder zieht in den Landtag ein

Autorin: CORINNA MEINKE | StZ 28.03.2011

Geislingen Erstmals entsendet der Wahlkreis zwei Vertreter nach Stuttgart.

Für Sascha Binder hat sich das Kämpfen gelohnt. Der junge Hoffnungsträger der Geislinger Sozialdemokraten hat auf Anhieb den Sprung in den Stuttgarter Landtag geschafft. Dabei war die Stimmung in der Stauferlandhalle in Salach noch sehr gedämpft, als die die ersten Hochrechnungen über die Leinwand flimmerten. Bei Kürbissuppe und Kerzenschein zeigten sich die Genossen nicht gerade in Siegerlaune. Zu diesem Zeitpunkt mochte noch niemand so recht dran glauben, dass der Jurist über die Zweitauszählung der Stimmen doch noch zum Zuge kommen würde.

Binder hat möglicherweise von dem geänderten Auszählungsverfahren für die Zweitstimmen profitiert, das bei dieser Landtagswahl zum ersten Mal zur Anwendung gekommen ist. Demnach wurden diesmal die Berechnungsgrundlage für die Zweitmandate von der absoluten Stimmenzahl auf die prozentualen Stimmenanteile der Bewerber umgestellt, was eine exaktere Umsetzung des Wählerwillens zur Folge haben soll. Gleichzeitig wurde auch noch die Größe des Wahlkreises verändert. Bisher galt der Wahlkreis Geislingen mit der Nummer elf als wenig aussichtsreich für einen Bewerber, der nicht die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte, um das so genannte Direktmandat zu erhalten, denn im Wahlkreis des alten Zuschnitts lebten 20 Prozent weniger Menschen als im baden-württembergischen Durchschnittswahlkreis. Mit dem Zuschlag der Gemeinden Albershausen, Ottenbach und Schlat kamen diesmal immerhin 6000 Stimmen dazu. Binder konnte mit 24,2 Prozentpunkten sogar das Landesergebnis der Sozialdemokraten (23 Punkte) toppen und machte die Genossen sowohl in seiner Heimatstadt Geislingen wie im Wahlkreis Geislingen insgesamt zur zweitstärksten Kraft.

Die CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Razavi hat ihr Ergebnis von 41,4 Punkten gefasst aufgenommen. Der Verlust von 3,9 Punkten schmerze sie, sagte sie bei der Wahlparty ihrer Partei im Autohaus Maier in Kuchen. Immer wieder griff die Verkehrspolitikerin zum Mikrofon, um ihren enttäuschten Parteifreunden die neuesten Ergebnisse aus den einzelnen Wahlbezirken im Kreis zu präsentieren. Für Razavi liegt es auf der Hand, dass seit der atomaren Katastrophe in Japan kein anderes landespolitisches Thema mehr eine Rolle gespielt habe als die Atompolitik. Auch die in der Raumschaft Geislingen drängenden Themen wie der Ausbau der B 10, die Schnellbahntrasse oder der Ausbau der A 8 hätten die Menschen nicht mehr erreicht.

Eine Sicht, die auch ihr Zweitkandidat, Michael Alexander Lege bestätigte. Er ist enttäuscht, dass das starke Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg und die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit euopaweit nicht den erhofften Einfluss auf das Wählerverhalten hatten.

Der grüne Kreispolitiker und Kandidat für den Landtag, Bernhard Lehle, hat in manchen Wahllokalen in Geislingen sein Ergebnis vervierfachen können. Das freut den Kreisrat auch deshalb, weil dies sogar über dem Landesdurchschnitt liegt. Seine 21,3 Punkte haben trotzdem nicht für einen Sitz im Landtag gereicht. Die geplante Schließung der Geislinger Geburtshilfe, gegen die sich Lehle wehrt, hat seiner Meinung nach aber in diesem Wahlkampf keine große Rolle gespielt.

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