Die Müllabfuhr wird billiger
Ausschreibung bringt Preisrutsch – Ersparnis wird an Bürger weitergegeben
Autor: ARND WOLETZ | NWZ 06.04.2011
Seit gestern steht fest: Die Firma ETG wird weiterhin die Müllabfuhr im Kreis Göppingen erledigen – allerdings muss der Landkreis künftig ein Viertel weniger zahlen. Das kann auch alle Gebührenzahler freuen.
Kreis Göppingen. „Alles wird teurer, nur bei uns wird’s billiger“, frohlockte Kreisrat Michael Lege (CDU) gestern im Umweltausschuss des Kreistags. Und sein Kollege Wolfgang Berge (FW) gestand: „Ich war wie vom Donner gerührt, als ich diese Zahlen gesehen habe.“ Grund für die seltenen Emotionen war das Ergebnis der europaweiten Müllabfuhr-Ausschreibung: Die Göppinger Firma ETG Entsorgung+Transport GmbH hatte sich gegen acht Mitbieter durchgesetzt. Sie wird in Zukunft die Abfuhr schultern, an der sie schon bisher 60 Prozent übernommen hatte, den Rest hatten bisher zwei Partnerfirmen inne.
Der Knackpunkt der Ausschreibung: Um zum Zuge zu kommen, hatte die ETG ein Angebot gemacht, das mit 2,4 Millionen Euro pro Jahr um etwa 26 Prozent unter dem bisherigen Vertragspreis liegt, wie Eberhard Stähle, der Leiter des kreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs, erläuterte. Zehn Tage beträgt die Einspruchsfrist, dann ist der Handel perfekt. Die Einsparungen werden über die Gebührenverordnung im kommenden Jahr an die Bürger weitergegeben, versprach Landrat Edgar Wolff. Das hatten zuvor auch die im Ausschuss vertretenen Kreisräte verlangt.
Die Stimmung in dem Gremium war dementsprechend gut. „So hohe Einsparmöglichkeiten hätte niemand erwartet“, gestand Hans Wilhelm Jakober (CDU): „Umso besser, dass auch noch ein bewährtes, verlässliches Unternehmen aus dem Landkreis den Zuschlag erhalten hat.“ Auch Martina Zeller-Mühleis (Grüne) fand das Ergebnis äußerst erfreulich: „Der Wettbewerb kommt jetzt allen zugute“, sagte sie. „Das EU-Recht ist also nicht so schlecht wie sein Ruf“, sagte die Kreisrätin und spielte auf Bedenken an, die in Teilen des Gremiums gegen die europaweite Ausschreibung geherrscht hatten. Die Sorge: ein Großkonzern von außerhalb könne die Müllabfuhr übernehmen. Auch Michael Lege ging auf die Vorgeschichte ein. „Es wurde der Vergleich mit der Müllmafia bemüht und der Müllnotstand prophezeiht“, sagte Lege. Das Ergebnis sei nun jedoch „absolut erfreulich“.
Weniger euphorisch war ETG-Geschäftsführerin Beate Schwarz nach der Sitzung – trotz des Zuschlags für ihre Firma. Die Unternehmenschefin sagte, es sei für die ETG um eine „strategische Entscheidung“ gegangen. Es galt, die überregionalen Konkurrenten aus dem Landkreis draußen zu halten. „Wir mussten uns die Frage stellen, was das sonst für unsere anderen Geschäftsbereiche bedeutet hätte und wie weit wir beim Preis bereit sind zu gehen.“
Dadurch, dass die ETG nun den gesamten Landkreis bediene und nicht mehr nur 60 Prozent, ergäben sich Synergieeffekte, führte die Geschäftsführerin als Erklärung für den kräftigen Preisnachlass an. Dazu kämen einige Umstellungen und die Tatsache, dass die ETG auch Erfahrungen mitbringe. Die Firma ist im Stauferkreis schon seit 1975 für die Müllabfuhr zuständig. 22 Mitarbeiter kümmern sich dort um den Abfall der Kreisbewohner.
Im vergangenen Jahr hatte das Holzheimer Entsorgungsunternehmen „Du“, an dem die ETG maßgeblich beteiligt ist, seinen Umsatz von 23 auf 35 Millionen Euro gesteigert. Vor allem, weil die Preise für Schrott und Glas deutlich gestiegen waren. Für die nächsten acht Jahre ist der ETG nun die Abfall-Entsorgung sicher. 19,5 Millionen Euro müssen die Gebührenzahler dafür in dieser Zeit berappen.
Viel Lob gab es gestern im Ausschuss dafür, dass das komplexe Ausschreibungsverfahren mit vielen rechtlichen Fallstricken wasserdicht über die Bühne gegangen ist. Dafür hatte der Landkreis das Beratungsunternehmen TIM Consult aus Mannheim ins Boot geholt und außerdem eine Juristin als Beraterin engagiert.
Chronik der Müllausschreibung
Der Ausschuss für Umwelt und Verkehr hatte am 27. April 2010 nach mehreren Vorberatungen den Grundsatzbeschluss gefasst, die Abfuhrdienstleistungen für Hausmüll, Sperrmüll und Grüngut neu auszuschreiben und den Vertrag zu kündigen. Die Vergabeunterlagen wurden zwischen Juli und November 2010 ausgearbeitet. Am 29. November 2010 wurde die Ausschreibung bekannt gemacht.
Die Ausschreibungsfrist endete am 25. Januar 2011 Neun Bieter hatten Angebote abgegeben.
Unter den Bietern waren neben der ETG und der Wendlinger Firma Heilemann folgende Unternehmen: WRZ Hörzer aus Sontheim, Remondis Region Süd aus Reichenbach, Kühl Entsorgung und Recycling aus Karlsruhe, Veolia Umweltservice Süd aus Backnang, Knettenbrech & Gurdulic aus Wiesbaden, Alba Stuttgart aus Waiblingen und Sita Süd aus Bretten.