07 Göppingen: Marktplatz

Busse sollen endgültig raus

Stadt will Göppinger Marktplatz im Dezember vom Verkehr befreien

Autor: HELGE THIELE | NWZ 07.04.2011

Der Göppinger Marktplatz soll zum Fahrplanwechsel Ende des Jahres endgültig zur busfreien Zone werden. Heute beraten die Stadträte im Rathaus über den Vorstoß der Verwaltung. Die Grünen üben Kritik.

Göppingen. Jahrelang hatte der Göppinger Gemeinderat über das Thema diskutiert und gestritten. Im November 2008 war es soweit: Die Bürgervertreter fassten mit 21 zu 14 Stimmen den Grundsatzbeschluss, die Busse vom Marktplatz zu verbannen. Die Stadtverwaltung begann mit den baulichen Vorbereitungen für die neue Linienführung („Bus-U“) durch die Innenstadt.

Dann schlug die Finanzkrise zu, die Stadt musste die Umsetzung des „Bus-U“ im März 2010 verschieben. Auch über die Dauer der Verzögerung wurde im Gemeinderat per Kampfabstimmung entschieden. Das Ergebnis, das der Stadtverwaltung nicht sonderlich schmeckte: Frühestens 2013 sollte die geänderte Linienführung in Kraft treten. Bis dahin sollten weiterhin Hunderte von Bussen pro Tag über den Marktplatz rollen. Doch jetzt könnte alles ganz anders kommen: Weil sich der bisherige Probebetrieb für die neue Streckenführung – die Schützenstraße ist bereits umgebaut worden – bewährt habe, so die Verwaltung, soll das „Bus-U“ nun doch zum Fahrplanwechsel im Dezember dieses Jahres eingeführt werden. Möglich wird dies vor allem, weil die Planung für die notwendige neue Haltestelle Kronengasse noch einmal überdacht und überarbeitet wurde: An der Kronengasse sollen nach Absprache mit den Busunternehmen nun nur noch die Busse aus Richtung Westen halten. Die Buslinien, die in Richtung Westen fahren, sollen künftig in der heutigen Busspur in der Willi-Bleicher-Straße vor dem Ärztehaus stoppen.

In der Beschlussvorlage der Verwaltung, die heute ab 17 Uhr öffentlich im Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik vorberaten wird, heißt es dazu: „Dies hat zur Folge, dass der Platzbedarf für die Haltestelle Kronengasse gegenüber bisher deutlich reduziert werden kann und der Haltestellenbereich weiter von der Bebauung abrückt.“ Auf den einst für notwendig gehaltenen Abbruch des Gebäudes Hauptstraße 57 könne daher verzichtet werden. Zwar soll die neue Haltestelle, die nun statt 450 000 nur 350 000 Euro kosten soll, trotzdem erst 2013 gebaut werden, doch die Stadt will als Zwischenlösung eine Ausstiegshaltestelle auf der Rechtsabbiegespur der Stuttgarter Straße vor der Sternkreuzung einrichten.

Damit stünde einem busfreien Marktplatz ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2011 nichts mehr im Wege. Die häufigen Umleitungen bei Veranstaltungen auf dem Marktplatz entfielen, der zentrale Platz der Neuen Mitte würde endgültig in den „Besitz“ flanierender Fußgänger und spielender Kinder übergehen.

Mit der endgültigen Umsetzung des „Bus-U“ sollen die Haltestellen Friedrichstraße und Willi-Bleicher-Straße überdacht werden. Dies kostet die Stadt jeweils 25 000 Euro.

Kritik gab es gestern von den Grünen. Man sei zwar nicht gegen einen busfreien Marktplatz, sondern akzeptiere den Konsens, betonte Fraktionschef Christoph Weber. Doch die Grünen sind sauer, weil sie bei den Haushaltsberatungen beantragt hatten, die Möglichkeit für ein so genanntes „Stadtbus-Konzept“ zu untersuchen. Dabei handelt es sich um kleinere Busse für den reinen Innenstadt-Verkehr.

Die Verwaltung habe die Prüfung zugesagt, doch nun sei davon keine Rede mehr. „Das Thema taucht in der Beschlussvorlage überhaupt nicht auf“, monierte Weber gestern im Gespräch mit der NWZ. So etwas komme in der Göppinger Verwaltung leider häufiger vor. „Genau das ist der Stil, mit dem ich hadere“, sagte Weber. Er fordert die Verwaltung auf, die Fraktionen ernst zu nehmen und einzubeziehen.

Das „Bus-U“: Die geplante Linienführung in der Stadt

Statt durch die Haupt- und Poststraße sowie die obere Marktstraße zwischen Marktplatz und Friedrichstraße zu fahren, sollen die Busse in verschiedenen Linienführungen über die Willi-Bleicher-Straße/Bahnhofstraße, Gartenstraße, Geislinger Straße, Schützenstraße, Mörikestraße und Friedrichstraße fahren.

Die Haltestelle Marktplatz/Poststraße (Korb-Rau) soll in die Schützenstraße/Ecke Poststraße verlegt, die Haltestelle Hauptstraße/Schillerplatz langfristig in die Hauptstraße/Kronengasse verlagert, die Haltestelle Marktstraße/Friedrichstraße in der Friedrichstraße ersetzt werden.

Eine zusätzliche Haltestelle im Bereich Friedrichstraße/Ecke Mörikestraße soll VHS und Haus der Familie besser anbinden.

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Ein großer Schritt

KOMMENTAR BUSSE

Autor: HELGE THIELE | NWZ 07.04.2011

Das letzte Wort hat der Göppinger Gemeinderat am 14. April. Doch alles deutet darauf hin, dass es der Verwaltung gelungen ist, den gordischen Knoten zu durchschlagen: Auf der Basis der Grundsatzentscheidung der Stadträte von 2008 soll und kann der Marktplatz nun doch Ende dieses Jahres vom lästigen Busverkehr befreit werden. Und das, ohne die gute Anbindung des Zentrums an den öffentlichen Nahverkehr zu beeinträchtigen.

Wegen der Finanzkrise war dieses Ziel vorübergehend in weite Ferne gerückt. Doch durch eine verbesserte Planung mit einer provisorischen Haltestelle unweit der Sternkreuzung ist die überfällige Neuordnung des Busverkehrs nun in greifbare Nähe gerückt. Die Linienführung muss künftig nicht mehr jedes Mal geändert werden, wenn auf dem Marktplatz eine größere Veranstaltung stattfindet, Haltestellen in der Stadt müssen nicht mehr „wandern“. Die Sicherheit für Fußgänger wächst, der Marktplatz wird zu dem, was er immer sein sollte: ein Platz mit hoher Aufenthaltsqualität. Erwachsene können dort künftig ungestört flanieren, Kinder gefahrlos spielen, Café-Besucher aufatmen.

Verständlich ist die Kritik der Grünen an der Verwaltung. Sie ist dem Auftrag, Möglichkeiten für ein Stadtbus-Konzept zu prüfen, bisher nicht oder nur ungenügend nachgekommen. Erfreulich ist, dass die Grünen einem busfreien Marktplatz trotzdem nicht im Wege stehen. Die Fraktion will und kann zwischen Sach- und Stilfragen trennen.

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