30 Jebenhausen: Umgehungsstraße (Kopie 1)

Grüner Fritz macht in Jebenhausen die Pferde scheu

Autor: EBERHARD WEIN | StZ 30.04.2011

Göppingen Das mögliche Aus für die Ortsumgehung provoziert Protest.

Der Regierungswechsel in Stuttgart könnte die Hoffnungen im Göppinger Stadtteil Jebenhausen auf eine Entlastung vom Durchgangsverkehr zerstören. „Die Westumfahrung ist gestorben”, sagte der neu gewählte Landtagsabgeordnete der Grünen im Kreis, Jörg Fritz. Dies sei die Konsequenz aus den Festlegungen, die im Koalitionsvertrag zum Thema Straßenbau getroffen worden seien. Zu demselben Ergebnis kommt der CDU-Regional- und Stadtrat Jan Tielesch nach dem Studium des Papiers. Demnach hätte die geplante Ortsumfahrung von Jebenhausen keine Chance auf Realisierung.

Bei der Beurteilung liegen die beiden Seiten jedoch weit auseinander. „Die Einwohner werden weiterhin in Lärm und Gestank versinken”, kritisierte Tielesch. Die Freien Wähler im Gemeinderat erklärten, die Vorstellungen des grünen Landtagsabgeordneten seien in Anbetracht von täglich mehr als 20 000 Autos auf der Ortsdurchfahrt „ideologiegeprägt, aber nicht menschenschonend”. Empört reagierte auch der Oberbürgermeister Guido Till. Er könne sich nicht vorstellen, dass das Projekt nicht realisiert werde. Und sogar der Linken-Stadtrat Christian Stähle drosch auf den Grünen ein. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich dem OB einmal so klar und ungeschränkt zustimmen muss”, erklärte Stähle und zitierte Till: „Grüne, lasst die Kirche im Dorf und kommt runter.”

Fritz hält hingegen den Bau einer Ortsumgehung für sinnlos, wenn sie nur neue Probleme schaffe. „Von Bad Boll über Bezgenriet und Rechberghausen bis Wäschenbeuren würde der Verkehr stark zunehmen”, sagte Fritz. Sinnvoller sei ein Durchfahrverbot für Lastwagen, für das er sich bei seinem ersten Gespräch mit dem neuen Landesverkehrsminister einsetzen wolle. „Wir müssen den Mautausweichverkehr herausbringen und dafür alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen”, sagte Fritz.

Bei den Stuttgarter Koalitionsverhandlungen hatten sich Grüne und SPD darauf verständigt, dass künftig mehr Geld in die Erhaltung des bestehenden Straßennetzes fließen soll. „Davon wird das Nassachtal profitieren”, versprach Fritz. Die Straße gilt als Holperstrecke. „Wir wären überglücklich, wenn es nach 38 Jahren endlich klappen könnte”, sagte der Sprecher der dortigen Bürgerinitiative, Eberhard Hottenroth. Für neue Straßen soll es hingegen nur noch in Ausnahmefällen Geld geben. Bisher standen jährlich 50 Millionen Euro für neue Landesstraßen zur Verfügung. Für die Jebenhauser Westumfahrung läuft gerade das Planfeststellungsverfahren. Das 3,5 Kilometer lange Straßenstück wird auf zwölf Millionen Euro geschätzt und ist bisher noch in keinem Programm enthalten.

Fritz‘ Landtagskollege Peter Hofelich vom künftigen Koalitionspartner SPD will sich übrigens weiterhin für den Bau der Westumfahrung einsetzen. Ähnlich sieht es der SPD-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Geislingen, Sascha Binder: „Ich habe den Koalitionsvertrag anders verstanden.”

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Schnelle Lösung

KOMMENTAR

Autor: EBERHARD WEIN | StZ 30.04.2011

Straßenbau Nicht Ideologie, sondern Logik spricht gegen die Jebenhauser Westumfahrung.

Die Jebenhausener Westumfahrung ist gestorben. Bei diesem Satz handelt es sich um die politische Einschätzung des neu gewählten Grünen-Landtagsabgeordneten Jörg Fritz. Es ist kein offizieller Bescheid aus dem Verkehrsministerium, bei dem noch nicht einmal klar ist, wie der Minister heißt. Schon deshalb sollte sich die Aufregung darüber in Grenzen halten. Zunächst wird das laufende Planfeststellungsverfahren zu Ende geführt. Was dann kommt, ist ohnehin unklar. Selbst eine schwarz-gelbe Landesregierung hätte die Westumfahrung nämlich kaum in den nächsten fünf Jahren realisiert. Dafür gibt es zu wenig Geld, dafür hängen zu viele planfestgestellte Projekte in der Warteschleife.

Doch die neue grün geführte Landesregierung will sowieso zuerst den Sanierungsstau im Straßennetz auflösen, bevor sie neue Projekte angeht. Da ist es nur logisch, dass auch ein Projekt wie das in Jebenhausen auf den Prüfstand kommt, dessen finanzielle und ökologische Kosten hoch sind und das neue Probleme in der Nachbarschaft schafft. Zur Entlastung von Bezgenriet und Bad Boll müssten konsequenterweise nämlich weitere Umfahrungen gebaut werden. Das klingt nicht nach einer nachhaltigen Lösung.

Wer Fritz nun ideologische Scheuklappen andichtet, sollte sie also erst einmal selbst ablegen und abwarten, ob sich der Grünen-Politiker mit seinem Vorschlag für ein Durchfahrverbot für Lastwagen durchsetzen kann. Dessen Entlastungswirkung wäre vielleicht nicht so stark wie die der Umfahrung, es könnte aber schon jetzt wirken. Denn was hilft den Anwohnern die Aussicht auf eine Straße, die vielleicht in zehn Jahren, vielleicht auch erst am Sankt Nimmerleinstag gebaut wird?

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Heftige Kritik an Grünen

Ortsumfahrung Jebenhausen auf der Kippe – Stadtpolitiker laufen Sturm

Autor: HELGE THIELE | NWZ 30.04.2011

CDU, SPD, Freie Wähler und Linke haben heftige Kritik an den Grünen geübt. Die künftige Regierung will die Umgehung für Jebenhausen kippen.

Göppingen. Jörg Matthias Fritz, der neu gewählte Göppinger Landtagsabgeordnete der Grünen, hat sich den Zorn von CDU, SPD, Freien Wählern und der Linkspartei zugezogen. Die Ankündigung des Politikers, die seit Jahren geplante Umgehungsstraße in Jebenhausen sei für die neue Landesregierung vom Tisch, hat einen Proteststurm ausgelöst. Für Joachim Hülscher, Stadtrat der Freien Wähler (VUB), zeigen die Aussagen von Fritz deutlich, „wie die neue Regierungspartei an den betroffenen Menschen vorbei ihre einseitige Verkehrspolitik umsetzen will“. Nur durch die geplanten Ortsumfahrungen könnten in Jebenhausen und Bezgenriet „wieder lebendige Ortskerne mit Verweilqualität entstehen“, betonte Hülscher gestern und kündigte an, sich auch als Regionalrat in Stuttgart weiter „für die Belange der von Lärm, und Gestank geplagten Einwohner einzusetzen“. Wolfram Feifel, Fraktionschef der Freien Wähler (FW/VUB) im Gemeinderat, bezeichnete die Westumfahrung von Jebenhausen als „alternativlos“. Eine erneute Enttäuschung, so Feifel, sei den Bürgern nicht zuzumuten. Feifel appelliert an den Grünen-Abgeordneten Fritz: „Wir fordern die neun Landespolitiker des Kreises Göppingen auf, eine Verkehrspolitik mit Augenmaß, ohne Scheuklappen und nur für die Betroffenen und nicht für eine Ideologie zu machen.“

Auch Jan Tielesch, stellvertretender CDU-Fraktionschef im Gemeinderat, geht mit den Grünen hart ins Gericht. Tielesch hält die Ortsumfahrung in Jebenhausen für „faktisch tot“ und meint: „Die Einwohner werden weiterhin Lärm und Dreck ertragen müssen – ohne Aussicht auf Besserung. Einer nachhaltigen Dorfentwicklung von Jebenhausen und Bezgenriet wurde ausgerechnet von denen der Todesstoß versetzt, die für sich immer reklamieren, die ,Bürgergesellschaft’ weiterentwickeln zu wollen.“

Dr. Emil Frick, Vorsitzender der Göppinger SPD-Fraktion, nennt Fritz einen „Öko-Desperado, der auf dem grünen Highway Amok läuft“. Frick ist „maßlos erzürnt“ und hält die „Arroganz“ von Fritz, der noch nicht mal in Amt und Würden sei, für „beispielslos“. Der SPD-Mann erwartet von seiner eigenen Partei, insbesondere vom Göppinger Abgeordneten Peter Hofelich, dass auf den künftigen Koalitionspartner Druck ausgeübt wird.

Stadtrat Christian Stähle (Die Linke) sagt: „Moderne Verkehrspolitik ist nicht der stoische Verzicht auf Straßen.“ Man benötige in Zukunft nur dann weniger Straßen, wenn deutliche Entscheidungen für Alternativen zum Individualverkehr getroffen würden. Doch dazu fehle der neuen Landesregierung „bereits im Ansatz die Kraft“. Stähle über Fritz: „Wer zu hoch fliegt, verbrennt sich die Flügel.“

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