25/6 Dahlbender in Uhingen

„Visionäres Projekt“ als Alternative

Brigitte Dahlbender will S 21 verhindern

Autorin: CHRISTINE BÖHM | NWZ 26.10.2011 

Die Gegner von Stuttgart 21 trafen sich am Montagabend in Uhingen. BUND-Chefin Brigitte Dahlbender erklärte, wieso das Projekt verhindert werden müsse. Sie rechnet mit einer Mehrheit für den Ausstieg.

Kreis Göppingen. Von einem Milliardengrab spricht Brigitte Dahlbender, die Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg, wenn sie über das Bahnprojekt Stuttgart 21 spricht. Ihr Motto: „Ja zum modernen Verkehr im ganzen Land“ – jedoch mit einer überarbeiteten Version des heute bestehenden Kopfbahnhofs. Das legte sie den rund 200 Besuchern am Montagabend im Uhinger Uditorium dar, die der Einladung des Aktionsbündnisses „Göppinger gegen Stuttgart 21“ und des Kreisverbands der Grünen gefolgt waren.

Die Ulmerin Dahlbender geht davon aus, dass es „eine satte Mehrheit zum Ausstieg“ geben wird. Einen Monat vor der Volksabstimmung ist die Landesvorsitzende unterwegs und will über das „visionäre Zukunftsprojekt“ informieren, das sie als Alternative ansieht. „Heiner Geißler gab unseren Argumenten recht. Auch wenn er danach eine falsche Entscheidung traf“, meinte Dahlbender. Der Stresstest habe ergeben, dass der heutige Bahnhof leistungsfähiger sei als Stuttgart 21 je sein werde. Die Referentin sprach zudem von einem „fehlenden Nutzen für Bahnkunden“.

Jörg Matthias Fritz, Göppinger Landtagsabgeordneter der Grünen, moderierte den Abend. Für ihn ist klar, dass die Finanzierung des Bauprojekts nicht geklärt ist: „Die neue Landesregierung wird sich nicht beteiligen an Kosten, die 4,5 Milliarden Euro übersteigen“, versprach der Göppinger Politiker. Vom Kopfbahnhof profitiere das Filstal, erläuterte die BUND-Vorsitzende. Denn die Wartezeiten an den Bahnhöfen beispielsweise in Süßen oder Salach seien kürzer, wenn der Tiefbahnhof nicht gebaut werde. Dahlbender kritisierte weiter, dass die Auflagen der Feuerwehr nicht eingehalten würden. Zudem bestehe für das Projekt noch kein vollständiges Baurecht. Welche Auswirkungen die Grundwasserentnahme auf die Häuser habe, sei ebenso noch nicht untersucht. Die Ausstiegskosten, die von der Bahn auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt wurden, wollte Dahlbender widerlegen: Unabhängige Wirtschaftprüfer sprächen nur von 350 Millionen.

Einen Ausstieg aus Stuttgart 21 hält die Ulmerin für notwendig, weil das Geld auch für andere Bahnprojekte im Land – wie beispielsweise der Rheintalbahn – benötigt würden. Diese könnten mit einem modernisierten Kopfbahnhof trotzdem realisiert werden.

Zwei Vertreter der Ingenieure22, einer Gruppierung aus Wissenschaftlern und Technikern aus verschiedenen Fachdisziplinen, die für den Kopfbahnhof plädieren, erklärten, dass bei Stuttgart 21 die Nachteile überwögen. Matthias Ilg sieht die Filstal-Fernverkehrshalte gefährdet. Ebenso fehle ein Konzept für den Güterverkehr: „Das Filstal wird zum Engpass.“

In der anschließenden Diskussion meldeten sich zahlreiche Bürger zu Wort und schilderten ihre Bedenken. Dabei kam auch zum Ausdruck, dass der Tiefbahnhof Schwächen im Bezug auf die Barrierefreiheit habe. „Wie lange wollen wir uns das noch gefallen lassen?“, rief ein wütender Besucher. Dahlbender motivierte jedoch alle, das „Land mit einem Ja zum Ausstieg zu überschwemmen“. Auch Fritz ermutigte alle Gegner des Projektes, weiter zu machen: „Wir haben es schon bei der Landtagswahl gesehen – kämpfen lohnt sich.“

zum Bericht auf Filstalexpress vom 23.10.11…

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Stuttgart 21 – Milliardengrab, über 180 Gegner von S 21 trafen sich in Uhingen

Autor: J. Abel | filstalexpress 25.10.2011 

Die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 mobilisiert die Massen, nur so kann man den Zulauf der Bürger zu der ersten größeren Informationsveranstaltung nach der Entscheidung zur Volksabstimmung, beschreiben. 180 Bürger jeden Alters, Männer wie Frauen, Mitglieder aller Parteien, Arbeiter, Angestellte, Selbstständige, Behinderte, alle gesellschaftliche Schichten waren vertreten. Dr. Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg und Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 legte nochmals alle Fakten offen, die ihrer Ansicht nach gegen eine Weiterfinanzierung des Bahnprojektes Stuttgart 21 sprechen

„Das Bahnprojekt S 21 droht zu einem gigantischen Milliardengrab zu werden“, so Dahlbender in ihrer Rede, „wie bereits heute absehbar ist, besteht die Gefahr, dass die von der grün-roten Landesregierung geforderte Kostenobergrenze von 4,5 Milliarden Euro nicht gehalten werden kann. Das bestätigen drei unterschiedliche, voneinander unabhängige Gutachten“. Zuletzt hatte der Bundesrechnungshof im Jahr 208 die Gesamtkosten für S 21 auf über 5,3 Milliarden Euro berechnet. In der Abschlussbewertung der Rechnungsprüfer heißt es, dass der Bundesrechnungshof die Auffassung vertritt, dass das Projekt „nicht erschöpfend“ dargestellt wird. Die angegebenen Kosten seien unvollständig. Deswegen ist mit noch höheren Ausgaben zu rechnen: Das Projekt könnte am Ende bis zu sechs Mrd. Euro kosten.

Angeprangert wurde aber auch die mangelnde Informationspolitik der Deutschen Bahn. Besonders brisant ist in diesem Zusammenhang eine konzerninterne Risikobewertung des ehemaligen Projetplaners Hany Azer, der inzwischen zurückgetreten ist. Azer hatte 121 Kostenrisiken aufgelistet. Bei 48 Posten könne es zu Mehrkosten von 1,2 Mrd. Euro kommen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Risiken eintreten, liegt laut Azer bei fast 50 Prozent. Der Landesregierung wurde die Liste nie zur Verfügung gestellt, so die Stuttgart 21-Gegner. Selbst auf Anfrage des Stuttgarter Verkehrsministeriums weigerte sich die Bahn, das Papier herauszugeben. Das Magazin Stern veröffentlichte schließlich am 21. Juli 2011 die Analyse im Internet.

Vehement tritt Dahlbender für den Ausbau des bestehenden Kopfbahnhofes ein, auch K 21 bezeichnet. K 21 sei leistungsfähiger und weniger störungsanfällig, es sei billiger und sofort zu realisieren. Der Filstal-Nahverkehr könne besser (wegen mehr Gleise) angebunden und der Güterverkehr besser eingebunden werden. Dahlbender verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass große Teile von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen/Ulm noch nicht planfestgestellt bzw. Pläne noch gar nicht vorgestellt worden seien. Hier ist mit weiteren Verzögerungen wegen erwarteten Klagen zu rechnen, so dass im Endergebnis K 21 genauso schnell realisierbar sein wie S 21.

Ein großer Streitpunkt zwischen Befürwortern und Gegnern von S 21 seien die sogenannten Ausstiegskosten. Hier aber gab Dahlbender Entwarnung: Erstens kann die Strecke Wendlingen/Ulm auch bei K 21 gebaut werden und zweitens könnten alle bis jetzt getätigten Vorarbeiten der Bahn auch für K 21 genutzt werden. Im Übrigen seien Rückzahlungen an die Stadt Stuttgart aus der Rückabwicklung der Grundstücksgeschäfte keine Schäden für die Bahn, so Dahlbender. Unabhängige Wirtschaftsprüfer beziffern etwaige Schadensansprüche der Bahn auf 350 Millionen Euro.

„Nur K 21 ist ein wahrhaft nachhaltiges Projekt“, zog Dahlbender ein Fazit, „es ist auch realisierbar und finanzierbar“.

Zwei Ingenieure der Aktionsgemeinschaft „Ingenieure 22“, Matthias Ilg und Roland Morlok, referierten anschließend über weitere Details zu S 21 bzw. K 21. Mit S 21 gibt es im Filstal keine Fernzüge mehr. Wer nach Mannheim oder München fahren will, muss zu zukünftig in Stuttgart bzw. Ulm umsteigen. Eine S-Bahn aus dem Filstal würde bis Stuttgart länger brauchen als der heutige, schnelle Regionalverkehr. Die Nahverkehrszüge werden außerdem kürzer, da die Bahnsteige des neuen S 21-Bahnhofes „doppelt belegt“ werden, und für längere Züge kein Platz ist. Ein großes Problem wird zukünftig der Güterverkehr im Filstal. Sechs güterverkehrstaugliche Gleise führen von Westen nach Stuttgart, aber nur zwei Gleise durchs Filstal weiter Richtung München. Dieser Güterverkehr wird den Personenverkehr in seinem Umfang und in seiner Geschwindigkeit behindern. Gefordert ist daher auch ein Güterverkehr auf der Wendlinger/Ulmer Strecke.

Angeprangert wurde von den Rednern, aber auch von zahlreichen Diskussionsteilnehmern, die nicht behindertengerechten Planungen zu S 21. Für die heutige Bevölkerung, in der die Menschen immer älter werden und Behinderungen zunehmen, gibt es viel zu wenige behindertengerechte Aufzüge, und an behindertengerechte Fluchtwege (schiefe Ebenen) ist gar nicht gedacht. Außerdem sind die Bahnsteige für die erwartete Zahl von Bahnkunden zu schmal, so die Ingenieure.

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