05 Stocker in Eislingen

Stocker: SPD unfähig zur Korrektur

S21-Gegner trifft in Eislingen auf gut informierte Mitstreiter

Autorin: URSULA BÖTTCHER | NWZ 05.11.2011 

Der prominente Stuttgart-21-Gegner Gangolf Stocker diskutierte im Vorfeld der Volksabstimmung mit Bürgern aus dem Kreis über das Milliarden-Projekt. Er erwartet, dass das Votum am Quorum scheitert.

Eislingen. In Sachen Volksabstimmung erwies sich der frühere Sprecher des Stuttgarter Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 (S21) als pragmatischer Optimist: Er geht nicht davon aus, dass das erforderliche Drittel-Quorum erreicht wird, aber mit einer „deutlichen Mehrheit der abgegeben Stimmen“ rechnet er schon. Die über 50 Gäste konnte Stocker, den die Grüne Jugend und das Göppinger Aktionsbündnisses gegen S21, ins Filstal eingeladen hatten, als Beleg für die Durchschlagskraft der über 15 Jahre dauernden Aufklärung über und des Protests gegen das Projekt werten. Oben-bleiben-Buttons wiesen viele Besucher schon optisch als S21-Gegner aus, und die Fragerunde über Hintergründe und Fakten zeigte sie auch als gut informiert – nicht nur über den Stuttgarter Bahnhof, sondern auch über die Neubaustrecke in Richtung Ulm.

Baukosten, Wassermanagement, Sicherheitsaspekte im Tiefbahnhof und im Tunnel, alternative Planungen, die Steigung an der Geislinger Steige, das Gefälle der Bahnsteige, der Stresstest und nicht zuletzt die Kosten eines Ausstiegs aus dem Vorhaben – das alles war kein Neuland.

Beim allerersten Diskussionsbeitrag musste der 67-jährige allerdings passen. „Ich weiß es nicht“, antwortete er auf die Frage, warum Nils Schmid und Claus Schmiedel für Stuttgart 21 seien. Er vermutete aber, dass die SPD „panische Angst“ davor habe, als „fortschrittsverhindernde Partei“ zu gelten und attestierte ihr die „Unfähigkeit zur Korrektur“. „Das wird sich ändern“, meinte er aber. Schnell war die Runde bei der Eislingerin Leni Breymaier. Bei der stellvertretenden Landesvorsitzenden macht Stocker schon den Gesinnungswandel aus.

Wiederholt kam die Diskussion auf die Steigung der Neubaustrecke bei Geislingen, die mit ihren 32 Promille keinen Güterverkehr zulässt und daher „Luxus nur für den Personenverkehr“ sei. Bahn-Chef Rüdiger Grube, der ebenso wie der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster „keine Ahnung“ habe, ist für Stocker nicht mehr als ein „Angestellter der Deutschen Bahn“. Was gebaut werde, entscheide nicht er – schließlich sei die Neubaustrecke Gesetz.

Bei Fragen zur S-Bahn durchs Filstal hielt er sich, da kein Spezialist, bedeckt, bestätigte aber die Ansicht, dass die S-Bahn auch ohne den Tiefbahnhof möglich sei. Offene Türen rannte er bei den Zuhörern ein, als er sagte, dass man bei der Bahn statt in Bahnhof und Neubaustrecke sehr viel zu investieren hätte, aber der Konzern wie noch unter Hartmut Mehdorn als weltweit agierendes Unternehmen und nicht als Dienstleister geführt werde. Alles in allem ist er sich sicher, dass der Bau des Tiefbahnhofs letztendlich seinen Grund in den freiwerdenden Flächen habe: „Es geht um Immobilien.“ „Was kostet der Bahnhof danach?“, lautete die letzte Frage. Darauf sagte Stocker: „Daran denken Politiker nie.“

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