30.01.12 Solarstromförderung

Leserbrief von Rüdiger Höwler, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Kreis Göppingen, vom 30. Januar 2012

Einkommensschwache als Kampagnen-Verstärker

Warum wird gerade jetzt gegen die „Solarförderung“ so massiv geschossen? Liegt es vielleicht daran, dass Solarstrom, der noch vor wenigen Jahren astronomisch teuer war, heute schon günstiger erzeugt werden kann als der normale Haushaltsstrom? Und die Preise fallen und fallen. Auffällig ist: Je günstiger der Solarstrom, desto lauter das Geschrei. Schon bald wird Solarstrom billiger zu erzeugen sein als Wind-Offshore-Strom. Jeder kann künftig mit seiner popligen Solaranlage eigenen Strom produzieren, günstiger als vom Versorgungsunternehmen, günstiger als die geplanten, teuren, High-Tech Wind-Offshore-Parks der Energieriesen.

Wenn Solarstrom so billig wird, ist es natürlich besonders wichtig, den Ausbau strikt zu begrenzen. Mehr als 34.000 MW, so Rösler und Pfeiffer, dürften in Deutschland natürlich auf gar keinen Fall ans Netz gehen.

Ginge es wirklich um Kostenbegrenzung und die Umsetzung der Energiewende, wären jetzt andere Maßnahmen notwendig: Langsamer, aber stetiger Einstieg in die dezentrale Speicherung und Selbstversorgung. Dies ließe sich durchaus mit Neuinstallationen von PV-Anlagen koppeln. Schnell würde der PV-Zubau für die EEG-Umlage überhaupt keine Rolle mehr spielen, weil dann die garantierte Einspeisevergütung unattraktiv wird.

Liebe „einkommensschwache Mitbürger“: Wenn die Herrn Rösler und Pfeiffer so rührselig ihr Mitgefühl in Sachen Stromrechnung bekunden, dann ist Vorsicht geboten. Sie können sicher sein, dass hier ganz andere Interessen verfolgt werden, und es nicht um eine Verbesserung ihrer finanziellen Situation geht. Sie sind dazu auserwählt, deren Anti-Solar-Kampagne richtig anzuheizen.

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Der Leserbrief bezieht sich auf folgenden Artikel:

Mit oder ohne Deckel?

Koalition streitet über die Solarförderung im sonnenarmen Deutschland – Rösler contra Röttgen

Autor: DIETER KELLER | NWZ 26.01.2012

Der Erfolg des Solarstroms wird für die Verbraucher immer teurer. Daher streitet die Koalition, wie die Förderung begrenzt werden soll. Dabei stehen die Wirtschaftspolitiker der CDU voll auf der Seite der FDP.

„Am besten vorgestern“ solle sich die schwarz-gelbe Regierungskoalition auf neue Spielregeln für die Förderung von Solarstrom verständigen, fordert Rainer Brüderle. Nicht nur der FDP-Fraktionschef im Bundestag ist genervt, dass sich Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) nicht mit seinem Wirtschafts-Kollegen Philipp Rösler (FDP) einigen kann. Auch der Fraktionsspitze der Union geht der Streit, der seit Wochen tobt, so sehr gegen den Strich, dass sie zusammen mit Brüderle beide Minister gestern vor die Koalitionsarbeitsgruppe „Energie“ zitierte, damit diese endlich ihre Konzepte vorlegen.

Dass es keine konkreten Ergebnisse geben würde, war von vornherein klar – schon weil nur Röttgen persönlich anwesend war, während Rösler nach Davos zum Weltwirtschaftsgipfel eilen musste. Dafür hatte er sein Konzept schon letzte Woche schriftlich vorgelegt, während es vom Umweltminister nichts Nachlesbares gab, sondern nur einen mündlichen Vortrag.

Die Streitlinien verlaufen nicht zwischen den Parteien. Vielmehr sind sich die Wirtschaftspolitiker der Union völlig einig mit der FDP, während Röttgen ziemlich alleine dasteht. Es geht nicht nur um die Energiewende und den Ausbau erneuerbarer Energien, sondern auch um viel Geld. Weil Strom aus Windkraft, Solarzellen und Biomasse noch deutlich teurer ist als Strom aus Kohle oder Gas, werden sie seit 20 Jahren subventioniert. Zahlen müssen die Stromverbraucher, und zwar derzeit knapp je Kilowattstunde (kWh) 3,6 Cent „EEG-Umlage“, benannt nach dem Gesetz, in dem sie geregelt ist. Einschließlich der Mehrwertsteuer, die noch hinzukommt, ist das fast ein Fünftel des Strompreises. Rund 14 Milliarden Euro kamen so 2011 zusammen, die größte Subvention in Deutschland. Im Subventionsbericht taucht sie allerdings nicht auf, weil sie nicht aus Steuern bezahlt wird, sondern von den Stromverbrauchern. Einen Vier-Personen-Haushalt, der 4000 kWh pro Jahr verbraucht, kostet sie über 140 Euro.

Es droht noch mehr zu werden. 2013 könnte die EEG-Umlage auf bis zu 4,74 Cent steigen, warnen die Netzbetreiber, die für das Eintreiben verantwortlich sind. Dabei hatte sich die Koalition geschworen, dass es auch langfristig nicht wesentlich mehr als 3,5 Cent sein sollen. Doch insbesondere der Solarstrom ist unerwartet erfolgreich. Allein 2011 gingen Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 7500 Megawatt (MW) ans Netz, fast so viel wie die acht abgeschalteten Kernkraftwerke. Nach dem Willen der Koalition sollte es nicht einmal halb so viel sein. Insgesamt sind jetzt 25 000 MW Solaranlagen installiert.

Leider ist Deutschland aber kein Sonnenparadies. Im Schnitt scheint die Sonne nicht einmal 1000 Stunden im Jahr. Das hat aber 8760 Stunden, in Schaltjahren 24 Stunden mehr. Daher sind die Anlagen wenig effektiv. Windräder laufen mehr als doppelt so lange. Das Missverhältnis ist groß: Für Photovoltaikanlagen sind fast 60 Prozent der EEG-Umlage nötig, obwohl sie nur drei Prozent zur Stromerzeugung beisteuern, Wind dagegen 8 Prozent.

Für Investoren dagegen gelten Solaranlagen als sicheres Geschäft mit Traumrendite. Zwar sinkt die Förderung pro Kilowattstunde laufend. Aber wer sich heute Solarzellen aufs Hausdach stellt, hat eine doppelte Garantie: Die Stromversorger müssen jede Kilowattstunde abnehmen, und das 20 Jahre lang zu einem garantierten Preis von 24,43 Cent pro kWh. Wird reduziert, gilt das nur für neue Anlagen.

Zudem fallen die Preise für die Anlagen viel schneller als die Förderung. Dafür sorgt die scharfe Konkurrenz der Hersteller in China. Längst liefern sie vier von fünf Anlagen, während die deutschen Produzenten zu kämpfen haben und es schon spektakuläre Pleiten gab. Angesichts der steigenden Kapazitäten dürfte sich die Konkurrenz weiter verschärfen, erwartet das Institut für Wirtschaftsforschung Halle.

Die hohe Förderung geht nicht nur Rösler, sondern auch den Wirtschaftspolitikern der CDU mächtig gegen den Strich. Weil die Garantiepreise 20 Jahre lang gelten, addierten sich die Verpflichtungen zu Lasten der Stromverbraucher schon auf über 180 Milliarden Euro, klagt der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer aus Urbach – „mehr als die gesamte Steinkohleförderung“.

Daher ist er ebenso wie seine CDU-Kollegen und die Liberalen dafür, die installierte Solar-Leistung auf bundesweit 34 000 MW zu begrenzen. Dann müssten nur noch 9000 MW installiert werden. Beim derzeitigen Tempo wäre das bereits Anfang 2013 erreicht und nicht erst 2020, wie sie dies planen. Daher wollen sie pro Jahr nur 1000 MW fördern. Genau diese Zahl steht auch in Röslers Modell, das die FDP-Fraktion einstimmig billigte. „Bei Erreichen des festgelegten jährlichen Zubaus wird die Förderung nicht abrupt eingestellt, was zu Verwerfungen im Markt führen würde“, heißt es da. Stattdessen soll als Sofortmaßnahme die Vergütung noch stärker sinken, und in den folgenden Jahren sollen weniger Anlagen gefördert werden, um den Deckel nicht zu sprengen. Vorab solle der Fördersatz um mindestens 30 Prozent gekürzt werden, heißt es in der Union.

Das geht Röttgen viel zu weit. Zwar will auch er die Förderung reduzieren, aber in diesem Jahr um maximal 24 Prozent. Gesenkt werden soll nicht mehr in Halbjahresschritten wie bisher, sondern monatlich, um „Schlussverkäufe“ wie etwa im letzten Dezember zu vermeiden. Dagegen ist Röttgen strikt gegen eine Deckelung der Förderung. Dass er das ausgerechnet nach einem Spitzengespräch mit der Solarbranche ankündigte, brachte seine Kritiker zusätzlich auf die Palme. Klang das doch so, als diktiere ihm die Branche die Förderkonditionen. Jetzt dürften die Fraktionsspitzen Röttgen Druck machen, damit die Koalition nicht wieder mit einem Endlosstreit Schlagzeilen macht.

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