14.02.12 Stromexporte

Leserbrief von Rüdiger Höwler, energiepolitischer Sprecher der Grünen im Kreis Göppingen, vom 14. Februar 2012

Frankreich statt Deutschland in Schwierigkeiten

Trotz Energiewende haben wir in Deutschland den Härtetest durch den Kälteeinbruch gut überstanden, ganz im Gegensatz zu Frankreich. So haben uns die Franzosen noch bis vor kurzem Scheinheiligkeit vorgeworfen. Wir würden aus der Kernenergie aussteigen und dann den Atomstrom aus Frankreich und Tschechien beziehen. Die Realität sieht doch anders aus. Wir haben Frankreich selbst in dieser schwierigen Situation noch mit Exporten aushelfen können.

Auch muss man sich wundern, dass unser EU-Energiekommissar meint, durch Fusionen von Energiekonzernen würde mehr Wettbewerb entstehen. Haben wir das nicht einmal anders gelernt? Global Player bräuchten wir. Wahrscheinlich wie im Finanzsektor oder bei den Ölmultis. Die vergangenen Jahre haben doch eindrucksvoll gezeigt, welche volkswirtschaftlichen Schäden diese „Global Player“ anrichten können und somit alles andere als ein Segen sind.

Nicht Konzentration sondern Vielfalt belebt den Markt. Regionen profitieren von der Wertschöpfung vor Ort. Unabhängigkeit von Energieimporten. Das ist die Zukunft.
Auch unsere Energiekonzerne sollten sich endlich aktiv an der Energiewende beteiligen um nicht eines Tages in die Bedeutungslosigkeit zu versinken. Grün wirkende Werbespots allein reichen da nicht aus. 

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Der Leserbrief bezieht sich auf folgenden Artikel:

Harter Belastungstest

Winter zeigt Grenzen der Energiewende – Oettinger für Konzern-Fusionen

Autor: dpa | NWZ 13.02.2012

EU-Kommissar Oettinger empfiehlt Fusionen unter den deutschen Energiekonzernen. Das könnte die Strompreise senken. Der harte Winter stellt die deutsche Energiewende auf eine harte Probe.

Brüssel. EU-Energiekommissar Günther Oettinger macht sich für Fusionen von deutschen Energiekonzernen stark – und erhofft sich davon sinkende Preise für die Verbraucher. Im Weltmaßstab spielten viele Energieriesen nur in der Regionalliga, sagte der deutsche EU-Kommissar in Brüssel. „Es ist unser Interesse, Champions oder Global Players zu haben“. Dies sei der Anspruch der deutschen Standortpolitik in allen wichtigen Sektoren wie der Chemie, der Autoindustrie oder im Maschinenbau.

„Nur im Energiebereich haben wir eine umgekehrte Entwicklung. Die nicht ganz Großen sind im europäischen Maßstab eher geschwächt“, sagte der CDU-Politiker. Energieriesen wie die US-Konzerne Exxon und Chevron, der russische Gaslieferant Gazprom oder auch der französische Stromriese EDF dominierten den Markt. Oettinger plädiert deshalb für einen nationalen Player von entsprechender Größe. Zuletzt hatte Oettinger eine Fusion von RWE und Eon ins Gespräch gebracht. Deutschlands Energiekonzerne stehen wegen des beschlossenen Atomausstiegs unter Druck.

Mehr Konkurrenz großer Konzerne und ausländischer Anbieter käme auch den Verbrauchern zugute. „Ich erwarte mir mehr Wettbewerb. Das heißt tendenziell sinkende Preise“, sagte Oettinger. Voraussetzung für Fusionen sei, dass sich alle wettbewerbsrechtlichen Probleme ausräumen ließen. Mehr Wachstum und Stärke könne sich aber auch aus einer engeren Verbindung mit den Stadtwerken und den Kommunen Deutschlands ergeben. „Ich kann mir einen Verbund von Stadtwerken vorstellen plus einen der Großen. Ich kann mir auch etwas vorstellen grenzüberschreitend“, sagte Oettinger.

Er sehe strategischen Handlungsbedarf, „wenn man eine Energiepolitik entwickeln will und den Siemens oder den VW der Energiewirtschaft haben will.“

Derweil hat die Energiewende den ersten Härtetest bestanden, sagt Umweltminister Röttgen. „Schwein gehabt“, schallt es aus den Chefetagen der Energiekonzerne. Fakt ist: Der harte Winter zeigt, was für eine Herausforderung der Atomausstieg bis 2022 darstellt.

Die wochenlangen Minusgrade eignen sich offenbar bestens, um Sinn oder Unsinn der deutschen Energiewende zu debattieren. So wurde in Frankreich gemeldet, Deutschland hätte in der vergangenen Woche zwei ausrangierte Atomreaktoren wieder anfahren müssen. Und der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, sagt, die europäischen Nachbarn „liefern uns den Atomstrom, den wir abgeschaltet haben“. Das mag nach Fukushima gestimmt haben, derzeit aber liefert Deutschland auch viel Strom in das Atomland Frankreich. Dennoch ist von drohenden Blackouts die Rede – und auf der Gegenseite von Wind- und Solarstrom, der für eine stabile Lage sorge. Die Wahrheit liegt wohl dazwischen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

Gibt es eine Stromknappheit in Deutschland? Nein, betont die Bundesnetzagentur. Netto würden derzeit teilweise über 100 000 Megawattstunden Strom täglich in das Ausland exportiert, sagt Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Es werden derzeit fast zu allen Tages- und Nachtzeiten zwischen 1000 und 4000 Megawatt pro Stunde mehr produziert als verbraucht.

Warum muss dann auf die „Kaltreserve“ zurückgegriffen werden? Zum einen gibt es etwa in Frankreich wegen vieler Stromheizungen eine Rekordnachfrage. Nach der Abschaltung von Atommeilern in Deutschland fehlen zudem im Süden und im Rhein-Main-Gebiet Kapazitäten. Zur Netzstabilisierung wurden in den letzten Tagen daher mehrere konventionelle Kraftwerke aktiviert. Die Netzbetreiber sprechen von einer angespannten Lage.

Ist das ein Dauerzustand? Nein. Die Bundesnetzagentur setzt auf die Inbetriebnahme neuer Kraftwerke und auf die für eine bessere Windstromverteilung wichtige Fertigstellung der Stromautobahn Schwerin-Hamburg/Krümmel. „Öl zu verstromen haben wir eigentlich vor 40 Jahren abgeschafft“, sagt EU-Energiekommissar Oettinger.

Wie sehen die Nachbarn den deutschen Alleingang beim Atomausstieg? Polen und Tschechien sind nicht erfreut, dass mangels Nord-Süd-Stromautobahnen deutscher Windstrom zunehmend über ihre Stromleitungen fließt. Das tschechische Netz werde dadurch von einem Blackout bedroht.

Welchen Anteil haben Solar- und Windstrom an der Winterversorgung? Einen eher geringen. Es werden derzeit 50 000 bis 60 000 Megawatt (MW) in Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken produziert. Mittags liefern zwar auch die Solaranlagen fast 7000 MW an Strom, aber ab 17 Uhr ist es damit vorbei. Wind produziert derzeit 1000 bis 4000 MW.

Wie soll die Energiewende gehen, wenn bis 2022 die anderen Atommeiler abgeschaltet werden? Das ist die große Frage, denn die jetzige Situation zeigt, dass die Energiewende kein Selbstläufer ist. Fehlende Investitionsanreize für neue Gaskraftwerke und fehlende Speicher sind ein enormes Problem. Gerade im Winter wird künftig gespeicherter Wind- oder Solarstrom im großen Stil benötigt. Aber das Speichern wird Deutschland Milliarden Euro kosten und braucht Zeit.

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